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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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noch Jahre entfernt vom Googeln und Klicken und Browsen und Verschicken von Freundschaftsanfragen. Du hast also ganz altmodisch nach mir gesucht. Du hast mit der Bärenglocke geläutet, meinen Namen gerufen und bist gerannt. Und in der Abenddämmerung, als du mich schließlich gefunden hattest, schluchzend am Fuße einer Pinie, da hast du etwas versprochen, was ich nie vergessen werde. Egal wohin ich gehe, egal wie weit ich vom Weg abkomme, egal wie lange ich bereits weg bin, du würdest immer nach mir suchen und mich nach Hause bringen . Es war das Romantischste, was je ein Mann zu mir gesagt hatte. Und dadurch wird es noch schwerer für mich, mich nach zwanzig Jahren Ehe damit abzufinden, dass wir wieder beide vom Kurs abgekommen sind. Durch Unachtsamkeit. Durch Unvernunft. Als hätten wir alles Tageslicht der Welt, um den Gipfel des Tuckerman zu erklimmen.
    Wenn das hier wie ein Abschiedsbrief klingt, tut es mir leid. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Abschied ist. Eher ein Warnschuss. Du solltest lieber auf die Uhr schauen. Du solltest dir lieber sagen, Alice ist schon ganz schön lange weg. Du solltest lieber losziehen und mich finden. AB

Kapitel 74
    Ich wache vom Lärm über Holzfußboden gezogener Aluminium-Zeltstangen auf.
    Â»Wo zum Teufel steckt deine Mutter?«, brüllt William von unten durchs Treppenhaus.
    Ich will einfach nur im Bett bleiben. Allerdings – mir selbst sei Dank – wird mein Schlaf warten müssen, weil wir in der Sierra Nevada zelten gehen. Reserviert habe ich vor einigen Monaten. Damals klang es so idyllisch: unter dem Sternenhimmel schlafen, umgeben von Zucker-Kiefern und Tannen – ein bisschen Familienmiteinander.
    Â»Verdammter Mist!«, brüllt William. »Ist hier irgendwer in der Lage, ein Zelt vernünftig einzupacken?«
    Ich stehe auf. Heute ist die Vorstellung weitaus weniger idyllisch.
    Eine Stunde später sind wir unterwegs, und unser Familienmiteinander sieht folgendermaßen aus: William hört sich auf seinem iPhone den neuesten Roman von John le Carré an (den ich mir, dies nur nebenbei bemerkt, im CD -Player des Autos anhöre, aber William meint, er könne sich nicht konzentrieren, wenn man ihm den Text nicht ganz persönlich vorliest), Peter spielt Angry Birds auf seinem Handy und schreit ab und zu Schubiduh! oder Verdammt! , und Zoe schreibt blindwütig eine SMS nach der anderen – Gott weiß, an wen. So bleibt es auch für die nächsten zweieinhalb Stunden, bis wir beginnen, über den Pass zu fahren, und der Handyempfang nachlässt. Ab da kommt es mir so vor, als erwachten sie aus einem Traum.
    Â»Boah, Bäume«, staunt Peter.
    Â»Ist das hier, wo diese Leute diese Leute gegessen haben?«, fragt Zoe und späht hinunter auf den See.
    Â»Du meinst die Donner Party?«, fragt William.
    Â»Brust oder Schenkel, Zoe«, stichelt Peter.
    Â»Seeehr witzig, Pedro. Wie lang dauert dieser Campingausflug eigentlich?«, fragt Zoe.
    Â»Wir haben drei Nächte reserviert«, sage ich. »Und es ist ganz bestimmt nicht anstrengend. Wir haben das Auto dabei. Niemand muss irgendwas tun. Wir sind hier, um Spaß zu haben und zu faulenzen.«
    Â»Ganz genau, Alice, der Morgen war ja schon so was von erholsam«, sagt William, die Augen starr nach vorne gerichtet. Er ist genauso wenig begeistert wie die Kinder.
    Â»Heißt das, hier gibt’s kein Handynetz?«, fragt Zoe.
    Â»Nö, wir sind nur in einem Funkloch. Dad sagt, auf dem Campingplatz gibt’s Wi-Fi«, meint Peter.
    Â»Ã„h, das stimmt nicht, tut mir leid. Es gibt kein Wi-Fi«, kläre ich sie auf.
    Diese Tatsache habe ich selbst erst gestern herausgefunden, bei der Bestätigung unserer Reservierung. Dann bin ich in mein Zimmer gegangen und hatte in aller Abgeschiedenheit eine hübsche kleine Panikattacke bei dem Gedanken daran, dass ich zweiundsiebzig Stunden lang von Forscher 101 abgeschnitten sein würde. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden.
    Von der Rückbank her dringt schweres Keuchen nach vorne.
    Â»Das hast du mir nicht gesagt, Alice«, beschwert sich William.
    Â»Nein, ich habe es keinem von euch gesagt, weil ihr sonst nicht mitgekommen wärt.«
    Â»Ich kann nicht fassen, dass du dich abstöpselst«, sagt Zoe an mich gewandt.
    Â»Tja, ist aber so.« Ich beuge mich über William und schmeiße mein Handy ins Handschuhfach. »Her mit euren Handys, Kinder. Deins auch,

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