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Die Ehre der Königin

Die Ehre der Königin

Titel: Die Ehre der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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habe ich niemals so eingehend darüber nachgedacht bis zu dem Zeitpunkt, wo ich durch Ihre Ankunft und unsere Differenzen dazu gezwungen wurde. Ich bezweifle, daß viele Graysons jemals tief genug nachforschen, um zu verstehen, wie und warum wir zu dem wurden, was wir sind. Ist das bei Manticoranern anders?«
    »Nein. Nein, das ist es nicht.«
    »So dachte ich mir. Jene frühen Jahre waren schrecklich für uns. Bereits vor dem Tod Reverend Graysons wurden Frauen nicht mehr Gattinnen, sondern bewegliche Habe. Auch unter den Männern war die Sterblichkeitsrate hoch, und von ihnen hatte es von Anfang an weniger gegeben. Als ob das nicht genug gewesen wäre, spielte die Biologie uns einen weiteren Streich. Die Anzahl der neugeborenen Mädchen übertrifft die der Jungen um drei zu eins – wenn unsere Welt eine überlebensfähige Bevölkerung haben sollte, dann mußte jeder potentielle Vater so früh wie möglich anfangen, Kinder zu zeugen und seine Gene so weit zu verbreiten wie nur möglich, bevor Grayson ihn tötete, und so wuchsen unsere Haushalte an. Und im gleichen Maße, wie sie wuchsen, wurde die Familie zum einzig Wichtigen und die Autorität des Patriarchen absolut. Diese Überlebensstrategie paßte ganz hervorragend zu unseren religiösen Überzeugungen. Nach einem Jahrhundert waren Frauen keine Menschen mehr – nicht wirklich. Sie waren Besitz, Gebärerinnen von Kindern. Zum Versprechen des körperlichen Weiterbestehens eines Mannes in einer Welt, die ihm eine Lebenserwartung von weniger als vierzig mit Knochenarbeit angefüllten Jahren schenkte. Die Bemühungen, eine gottgefällige Gesellschaft zu errichten, institutionalisierten diese Zustände.«
    Yanakov verstummte erneut. Courvosier studierte sein Profil, das sich gegen den verblassenden, blutroten Sonnenuntergang abhob. Über diese Seite Graysons hatte er nie nachgedacht und schämte sich deswegen. Er hatte den Provinzialismus der Graysons verachtet und sich seiner kosmopolitischen Toleranz gerühmt, und dennoch war seine Sicht der Graysons so zweidimensional gewesen wie ihre von ihm. Es war nicht nötig, ihn darüber aufzuklären, daß Bernard Yanakov ein außergewöhnlicher Vertreter seines Volkes war und daß die meisten graysonitischen Männer auch nicht im Traum daran denken würden, ihre gottgegebene Vorherrschaft über die Frauen in Frage zu stellen.
    Doch Yanakov war ebenso real wie jene anderen, und Courvosier vermutete, daß Yanakov es war, der für die graysonitische Seele sprach.
    Mit Gewißheit gab es auch genügend Manticoraner, die den Druck nicht wert waren, den es kosten würde, sie aus der Luftschleuse zu blasen. Aber sie stellten nicht das wahre Manticore dar. Menschen wie Honor Harrington waren das wahre Manticore. Menschen, die das Königreich besser machten, als es im Traum möglich war, die es dazu brachten, nach seinen Idealen zu leben, ob es nun wollte oder nicht, weil sie an diese Ideale glaubten und andere dazu brachten, sie ebenfalls zu glauben.
    Und vielleicht, so dachte Admiral Courvosier, wären Menschen wie Yanakov das wahre Grayson.
    Schließlich straffte sich Yanakov und betätigte einen Rheostaten. Licht flammte auf und trieb die Dunkelheit zurück. Yanakov wandte sich wieder seinem Gast zu.
    »Nach drei Jahrhunderten hatte sich einiges verändert.
    Wie nicht anders zu erwarten, hatten wir einen großen Teil unserer technischen Kenntnisse verloren. Reverend Grayson und die Ersten Ältesten hatten es so geplant – es war das Ziel der Reise. Sie ließen absichtlich alle Lehrbücher und Fachleute zurück, die Grundbedingungen, um die exakten Naturwissenschaften am Leben zu erhalten. Wir können uns glücklich schätzen, daß die Kirche den Biowissenschaften nicht mit dem gleichen Mißtrauen gegenüberstand, doch selbst in diesen Bereichen waren die dringend benötigten Spezialisten äußerst knapp. Im Unterschied zu zum Beispiel Manticore wußte niemand, wo wir überhaupt waren, oder interessierte sich auch nur dafür. Und weil das so war, traf erst vor zweihundert Jahren ein Warshawski-Schiff hier ein. Unser Kolonistenschiff verließ Alterde über fünfhundert Jahre vor den Gründern Manticores, deshalb war unser Ausgangspunkt von vorneherein fünfhundert Jahre weniger weit entwickelt. Niemand kam zu uns, um uns die neuen Technologien zu lehren, die uns vielleicht erlöst hätten. Die Tatsache, daß wir dennoch überlebt haben, ist der klarstmögliche Beweis für die Existenz Gottes, Admiral Courvosier, aber wir lagen

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