Die Ehre der Königin
Augenblick lang geschah überhaupt nichts. Dann schwang Chief Killians Manöver die Fearless herum, so daß die Steuerbord-Breitseite auf die LACs wies; zwar nur für einen Moment – doch mehr als einen Moment benötigten die wartenden Computer nicht.
Ein todverkündendes Flackern huschte über die gepanzerte Flanke des Kreuzers, und schwere Energielafetten feuerten den Atem Gottes. Die Entfernung betrug weniger als eine Viertelmillion Kilometer. Keine graysonitischen Seitenschilde konnten diesem wütenden Ansturm auf solch kurze Distanz standhalten. Die Schilde gaben zwar ihr Bestes, doch die Energiestrahlen durchstießen sie, als beständen sie aus Papier. Jedes der LACs war das Ziel zweier Laser und eines Grasers, von denen jeder erheblich stärker war als die Geschütze der LACs.
Expandierende Atemluft trieb die Wrackteile auseinander, als HMS Fearless den Bancroft und seine Begleitschiffe in sehr kleine Stücke schoß.
16.
»Wie schlimm ist es, Alistair?«
»Schlimm genug, Ma’am.« Alistair McKeon blickte grimmig drein. »Wir haben Werfer Zwo und Radar Drei verloren. Dadurch hat die Nahbereichsverteidigung steuerbords ein großes Loch. Der gleiche Einschlag ging bis in die Bugimpeller – Alpha Vier ist zerstört, ebenso Beta Acht. Der zwote Treffer schlug bei Gerüst Zwanzig ein und drang bis ins Lazarett durch. Er zerstörte die Hauptkontrolleitungen nach Laser Drei und Werfer Vier und öffnete Magazin Zwo. Das Magazin können wir völlig abschreiben; Laser Drei und Werfer Vier können lokal kontrolliert werden, und wir sind gerade dabei, die Sektion wieder unter Druck zu setzen und neue Kabel zu ziehen. Ich habe einunddreißig Leute verloren, einschließlich Dr. McFee und zwo Sanitäter, und ich habe Verwundete.«
Die Trauer trübte seine Stimme, und Honors Augen blickten glanzlos, als sie nickte. Trotz allem hatte die Troubadour unglaublich viel Glück gehabt, das wußten sie beide. Der Verlust eines ihrer Bugraketenwerfer und eines ganzen Magazins beeinträchtigten ihre offensive Kampfkraft, und die Zerstörung von Radar Drei führte zu einer gewaltigen Bresche in ihrer Fähigkeit, sich gegen Raketen zu verteidigen.
Doch war ihre Kampfkraft wesentlich weniger beeinträchtigt, als es hätte sein können, und es hätte auch schlimmere, viel schlimmere Verluste geben können. Die Troubadour hinkte nun ein wenig, und bis der Alpha-Emitter ersetzt worden war, konnte sie kein Warshawski-Focksegel setzen, aber sie konnte noch immer manövrieren und kämpfen.
»Ich bin zu dummdreist an die Sache herangegangen«, fuhr McKeon bitter fort. »Wenn ich nur wenigstens die Seitenschilde hochgefahren hätte, dann würden vielleicht …«
»Es war nicht Ihre Schuld«, unterbrach Honor ihn. »Wir hatten nicht den leisesten Grund zu der Annahme, daß die Graysons auf uns das Feuer eröffnen könnten, und selbst wenn: Ich hätte mehr Vorsicht befehlen sollen.«
McKeon preßte die Lippen zusammen, aber mehr sagte er nicht mehr, und Honor war froh darüber. Was auch immer geschah, was sie beide nun wirklich nicht brauchen konnten, war, sich gegenseitig die Schuld abzunehmen.
»Ich schicke Ihnen in fünf Minuten Fritz Montaya hinüber«, fuhr Honor fort, als sie sich McKeons Aufmerksamkeit wieder sicher war. »Sobald er Ihre Verwundeten für transportfähig erklärt, verlegen wir sie ins Lazarett der Fearless .«
»Danke, Ma’am.« In McKeons Stimme lag weniger Selbstbezichtigung, aber nicht weniger Wut.
»Aber warum in Gottes Namen haben sie denn überhaupt auf uns gefeuert?« fragte Alice Truman aus ihrem Quadranten des geteilten Bildschirms. Ihre grünen Augen drückten Verwirrung aus, als sie die Frage stellte, die alle beschäftigte. »Das war doch Irrsinn!«
»Allerdings.« Honor lehnte sich zurück. Alice hatte recht. Selbst wenn die Verhandlungen vollends gescheitert wären, müßten die Graysons irrsinnig sein, das Feuer auf manticoranische Schiffe zu eröffnen. Sie machten sich doch bereits genügend Sorgen wegen der Masadaner – sie mußten doch begreifen, was dann erst die Flotte mit ihnen anstellen würde!
»Mir kommt es auch vollkommen wahnwitzig vor«, fuhr sie grimmig fort, »aber von jetzt an befindet sich das Geschwader im Kriegszustand. Ich beabsichtige, mich Grayson auf Gefechtsentfernung zu nähern und eine Erklärung sowie die Auflösung der Flotte zu fordern.
Darüber hinaus werde ich verlangen, mit unseren Leuten auf dem Planeten zu sprechen. Wenn eine meiner Forderungen nicht
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