Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
mir
nicht.“
Robin
machte eine beruhigende Geste. „Ich meinte damit nicht die Schlacht bei
Culloden, sondern den Feldzug nach England. Seht her, was Eure Schwiegertochter
notiert hat: Die schottische Armee dringt siegreich vor, kann Siege bei den
Gefechten bei Prestonpans, Glasgow und Falkirk verbuchen und sich am 17.Januar
1746 siegreich vor London zurückziehen.“
Eingehend
betrachteten Dómhnall und Ewan die Aufzeichnungen. Dass die schottische Armee
zunächst siegen würde, wussten sie bereits von Robins früheren Aussagen, denn
diese Ereignisse des Geschichtsunterrichtes in seiner Jugend waren ihm in
Erinnerung geblieben. Nun allerdings hatten sie einen genauen Plan vor sich;
genau so würde es sich abspielen.
„Warum
werden wir London nicht angreifen?“, wunderte sich Ewan. „Steht darüber auch
etwas in den Notizen?“
„Die
englische Armee wird zu stark sein“, erklärte Robin und fühlte sich dabei wie
ein Geschichtslehrer. „Bonnie Prince Charlie wird den Lairds vollmundig erzählen,
dass der französische König seine Soldaten schicken wird, um die schottische
Armee zu unterstützen. Aber die Franzosen werden England niemals erreichen – ob
der Prinz geflunkert hat oder ob es sich Louis letztendlich anders überlegt
hat, ist in Joans Aufzeichnungen leider nicht verzeichnet.“
„So
ein Lump!“, entfuhr es Dòmhnall. Obwohl er ein treuer Anhänger von König James
war, hatte er für dessen verweichlichten Sohn nicht viel übrig. „Er muss doch
wissen, dass er mit seiner Aktion das Land ins Unglück stürzen kann!“
„Nicht
unbedingt, Sir. Der Prinz ist davon besessen, seinem Vater den schottischen
Thron zurückzugeben – um ihn nach dessen Ableben natürlich selbst zu besteigen.
Das Gefährliche an Bonnie Prince Charles ist seine Machtgier und die Unerfahrenheit
im Kampf. Schon seit einiger Zeit ist er damit beschäftigt, in Europa Geldgeber
zu finden, die diesen Krieg finanzieren sollen.“
„Wir
sollten diesem Schnösel tatsächlich vor dem Burgtor stehen lassen, Vater“,
sagte Ewan nachdenklich. „Ganz gleich, was die anderen Lairds von uns denken.“
Dòmhnall
schlug mit der Faust auf die Tischplatte, sodass die anderen beiden Männer
erschrocken zusammenfuhren. „Kommt nicht in Frage! Auch wenn ich anfangs dieser
Meinung war, so habe ich sie inzwischen gründlich geändert. Meine Männer würden
es mir nie verzeihen, wenn ich sie nicht in die Schlacht gegen die verhassten Sasannach schicken würde ... und vor den anderen mutigen Lairds würde ich als
Feigling dastehen.“ Er stand auf und zeigte auf das Wappen des Clans über dem
Kamin. „Es ist meine Aufgabe, die Ehre der MacLaughlins zu wahren!“
Schweratmend
ließ er sich wieder nieder und wandte sich erneut an Robin. „Was geschieht auf
dem Rückzug nach Schottland, mein Freund?“
„Nicht
viel, außer dass die Männer müde, hungrig und zerlumpt in ihre Heimat
marschieren. Und zudem wollen sie nach Hause, denn es wird Frühling und sie
müssen ihre Felder bestellen. Entgegen der Zusicherung des Prinzen, für
ausreichend Nahrung und Kleidung zu sorgen, ist die schottische Armee auf sich allein
gestellt. Sie werden auf dem Rückweg plündern, um nicht zu verhungern und somit
zum Schreckgespenst der englischen Ortschaften werden. Man wird sie später ‚Die
Lumpenarmee’ nennen.“
Gequält
schloss der Laird die Augen. „Wie erbärmlich. Werden wir bis dahin sehr große
Verluste haben?“
„Nein
Sir. Die Engländer werden wesentlich mehr Verluste zu beklagen haben.“ Robin
trank einen Schluck Whisky, der ihm heiß in der Kehle brannte und einen
Hustenreiz auslöste.
Höflich
wartete Dòmhnall, bis sein Freund wieder normal atmen konnte, dann fragte er:
„Ihr meint also, unsere Krieger marschieren in einem Stück bis nach Inverness
durch?“
„Gewiss.“
Robins Stimme klang noch etwas rau, als er sprach. „Aber nun wissen wir genau,
an welchem Tag die Schlacht bei Culloden stattfinden wird – in den frühen
Stunden des 16. April 1746 in Culloden Moor, östlich von Inverness.“
„Sehr
erfreulich, dies zu erfahren, mein Freund“, erwiderte der Laird ironisch. „Ich
wüsste allerdings nicht, wie ich meine Männer davon abhalten sollte, sich daran
zu beteiligen.“
„Als
Mitglieder der schottischen Armee sind wir dazu verpflichtet“, ergänzte Ewan,
der noch immer nicht ahnte, worauf Robin hinauswollte. „Selbst, wenn wir
wissen, wie die Schlacht ausgehen wird, können wir uns nicht davor
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