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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Maria stolz war über die frischen Bibelkenntnisse ihrer Stiefsöhne, ging sie mit letzter Kraft dazwischen: »Nichts da! Es heißt Christa. Basta.« Und ermattet fiel sie zurück auf ihr Strohlager. Im selben Augenblick verstummte das Kind und lächelte selig.
    Auch Josef und seine Söhne schwiegen endlich, und nur noch das Kauen der Schafe, ihr Schnaufen und das leise Getrampel des Esels waren zu hören … Es war die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, und plötzlich fiel durch die Türe des Stalles ein helles Licht.
    Jakobus und seine Brüder rannten hinaus, blickten in den Himmel, kamen zurück und behaupteten, dass ein heller Stern mit einem langen Schweif über dem Stall aufgegangen sei. Maria ahnte, dass sie wohl ein paar Kräuter zu viel unter ihr Essen gemischt hatte. Josef ließ sie die Tür verhängen, damit es dunkler wurde, und Maria und das Mädchen Ruhe fanden.
    Knapp vierzehn Tage später war es – der helle Stern stand immer noch über dem Stall, Jakobus und seine Brüder kehrten gerade vom Stehlen und Rauben und Jagen zurück –, als sie am Horizont vier Gestalten in langen Gewändern entdeckten, die sich näherten. Sie warnten Maria und Josef vor der Gefahr, die daraufhin die Tür verriegelten. Alle verhielten sich ruhig, in der Hoffnung, die Fremden bemerkten sie nicht und zögen vorbei.
    Alle, bis auf Christa. Sie krähte wie ein Hahn im Morgengrauen. Sinnlos zu tun, als sei der Stall unbewohnt, als das mächtige Klopfen ertönte, so mächtig, dass die Dachlatten wackelten.
    Josef öffnete. Die vier Gestalten waren Männer. Sie waren in kostbare Gewänder gekleidet, verbeugten sich und stellten sich vor.
    »Ich bin Melchior, der Sterndeuter.«
    »Ich bin Balthasar, der Philosoph.«
    »Ich bin Caspar, der Kaufmann«, sagte der Dritte, dessen Haut schwarz wie Kohle war.
    »Und ich bin Nathan, der Magier«, sagte der Letzte.
    »Und ich bin Josef, der Zimmermann«, sagte Josef.
    »Wir kommen aus dem Morgenland, dem Rheinland«, erklärte der Magier, »ein Stern über eurem Stall hat uns den Weg hierher gewiesen. Meine Freunde haben schwere Geschenke mitgebracht. Hier wurde ein Kind geboren, nicht wahr?«
    Josef nickte und bat sie herein.
    Keine gute Idee. Denn die vier sollten nur Ärger in den Stall bringen. Als sie Christa in der Krippe liegen sahen, fielen sie auf die Knie, legten die schweren Geschenke ab und riefen »Der König! Der König! Der König!«
    Maria richtete sich auf und protestierte: »Was sagt Ihr?! König?! Ihr meint wohl Königin!«
    Die Männer erschraken. »Wie meint Ihr das?«
    »Das Kind ist ein Mädchen«, sagte Maria und strich über sein weinendes Gesicht.
    Bestürzt rafften sie ihre Geschenke an sich und erhoben sich, um davonzueilen.
    »Soll das heißen, ihr wollt die Sachen wieder mitnehmen?«, fragte Maria empört.
    »Ja! Denn wir sind im falschen Hause. Wir müssen uns verlaufen haben oder der Stern … jedenfalls sind unsere Geschenke nicht für ein Mädchen bestimmt.«
    »Geschenkt ist geschenkt!«
    »Nein! Das geht nicht! Der alte König sucht kein Mädchen, sondern einen Jungen. Wir sollen ihn finden und beschenken und ihm davon berichten, damit er ihn …!«
    »Aber die Frau hat recht«, lenkte Nathan, der Magier, ein. »Wir lassen die schweren Geschenke einfach hier. Ohne sie lässt es sich viel leichter reisen.«
    Aber seine Reisegefährten wollten nicht auf ihn hören. Ein Fehler, wie sich gleich herausstellen sollte.
    Denn Maria war das Hin und Her nun leid und gab ihren Stiefsöhnen ein Zeichen. Die Jungen verstanden sofort. Sie fielen über die Männer her, schleppten sie hinaus, entrissen ihnen die Geschenke, fesselten sie und banden sie an vier Ölbäume. Eine echter Überraschungsangriff, so schnell und wirr, dass sich keiner der Männer wehrte.
    Sie entkleideten sie, zogen ihre Gewänder über, tobten darin herum und brachten schließlich die Geschenke zurück in den Stall. Maria entdeckte in den drei kostbaren Gefäßen Myrrhe, Weihrauch und sogar Gold. »Josef! Wir sind reich!«
    »Und müssen nicht mehr stehlen!«, freute sich Josef und rieb sich die Hände.
    »Das ist aber schade!«, jammerten die Jungen.
    »Schön und gut«, sagte Maria. »Aber ich könnte wetten, der alte König lässt den neuen König nur suchen, um ihn umzubringen.«
    »Gut«, seufzte Josef und atmete erleichtert auf. »Gut, dass wir ein Mädchen haben!«
    »Auch ein Mädchen kann König sein«, behauptete Maria. »Wir müssen hier weg.«
    »Aber wohin?«, fragte Josef. Man

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