Die Eifelgraefin
reisen.»
«Nun, warum denn nicht?» Elisabeth drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf in ihre Handfläche. Ihre Decke zog sie bis zum Hals hoch. «Wenn ich Kuniberts Frau bin, wird er mich vielleicht einmal auf eine seiner Reisen mitnehmen. Dann könntest du mich als meine Magd begleiten.»
Verblüfft sah Luzia auf und dachte über die Worte ihrer Herrin nach. «Glaubt Ihr das?»
«Ausgeschlossen ist es nicht.»
«Dann wollt Ihr wirklich, dass ich Eure Magd bleibe, auch wenn Ihr wieder nach Hause zurückkehrt?»
Elisabeth nickte. «Das liegt bei dir, Luzia. Ich kann es dir anbieten, aber zwingen werde ich dich nicht. Es ist allein deine Entscheidung.»
«Meine Entscheidung …» Luzia drehte sich auf den Rücken und starrte zur Decke. «Ich weiß nicht, Herrin. Meine Familie lebt hier – also in Blasweiler. Werde ich sie dann niemals wiedersehen?»
«Wenn du mit mir über die Alpen reisen kannst, dürfte der Weg von der Kronacher Burg nach Blasweiler wohl kein großes Problem darstellen, was meinst du?» Beruhigend lächelte Elisabeth ihr zu. «Du musst diese Entscheidung ja nicht jetzt sofort treffen. Wie es aussieht, werde ich wohl wenigstens noch so lange hierbleiben, bis Kunibert zurück ist.»
«Ihr sagtet doch, dass er bald kommt.»
«Er müsste schon hier sein», bestätigte Elisabeth. «Aber vielleicht ist er aufgehalten worden. Er schreibt nämlich auch, dass er schon mehrere Umwege machen musste, weil in vielen Städten und Dörfern, durch die er reisen wollte, eine gefährliche Krankheit ausgebrochen ist. Und da er sich nicht anstecken wollte, musste er einen anderen Weg einschlagen. Der führt ihn sogar nach Venedig, und er schreibt weiter, dass er deshalb die Gelegenheit wahrnehmen und dort Seide und Zindelstoff für mein Hochzeitskleid kaufen will.»
«Er kauft Stoff für Euch?»
«Kunibert ist ein sehr großzügiger Mann.» Seufzend ließsich Elisabeth wieder in ihre Kissen sinken. «Ich wünschte, er wäre schon hier.»
«Ihr vermisst ihn», stellte Luzia fest.
«Hm, ja.» Elisabeth nickte und dachte gleichzeitig an die Antwort, die sie Johann auf die gleiche Frage gegeben hatte. Sie schwieg eine Weile und dachte nach. Dann sagte sie: «Nein, Luzia, ich vermisse ihn nicht. Jedenfalls nicht so, wie du meinst. Ich kenne ihn ja kaum. Dennoch bin ich froh, wenn er endlich da ist und die Hochzeit stattfinden kann. Ich hoffe …» Sie suchte nach den passenden Worten, um ihre Gefühle zu beschreiben. «Ich glaube, ich werde mich dann sicherer fühlen.»
«Sicherer?» Fragend hob Luzia den Kopf. «Wovor?»
Nachdenklich erwiderte Elisabeth ihren Blick. «Ich weiß auch nicht, Luzia.»
Die beiden hingen eine geraume Zeit lang schweigend ihren Gedanken nach. Schließlich legte Elisabeth den Brief auf die Truhe neben ihrem Bett und wollte gerade die Kerze ausblasen, als Luzia sie zurückhielt.
«Habt Ihr das gehört, Herrin? Da ist wieder dieses Summen.»
Elisabeth hielt mitten in der Bewegung inne und lauschte. Beider Blicke wanderten automatisch zu dem Kästchen mit dem Kruzifix, und sie hielten den Atem an.
Von dem silbernen Kreuz ging ein bläuliches Licht aus; schwach nur, aber dennoch deutlich wahrnehmbar. Elisabeth nahm den Kerzenhalter und rückte ihn etwas von dem Kästchen weg, doch der unheimliche blaue Schein blieb.
«Was in Gottes Namen ist das?» Sie bekreuzigte sich hastig.
Auch Luzia schlug ein Kreuzzeichen und starrte das Kreuz mit weit aufgerissenen Augen an. «Es leuchtet und summt», stieß sie entsetzt hervor. «Herrin, was ist das? Ich habe Angst!»
«Ich habe keine Ahnung.» Sehr vorsichtig näherte sich Elisabeth mit der Hand dem Kästchen. «Es scheint ganz heiß geworden zu sein. Ich glaube, man kann es jetzt nicht anfassen, ohne sich zu verbrennen.»
«O Gott, Herrin! Vielleicht ist es doch verhext.» Luzia zog sich schaudernd die Wolldecke bis zum Hals, ließ das Kruzifix jedoch nicht aus den Augen. «Es hat früher nie solche Geräusche gemacht.»
«Ich weiß.» Elisabeth zog ihre Hand zurück. «Solange das Kreuz und der Rahmen getrennt waren, hatte es diese Kräfte wohl nicht. Erst, nachdem wir beide Teile wieder zusammengefügt hatten …» Sie runzelte nachdenklich die Stirn. «Wir müssen das morgen Bruder Georg erzählen, Luzia. Womöglich ist es verhext, doch …» Sie dachte kurz nach. «Unsere Vorfahren haben es einst aus dem Heiligen Land mitgebracht. Ich habe noch niemals gehört, dass es dort Hexen gegeben haben soll.
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