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Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition)

Titel: Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Pásztor
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womöglich als einer zurückkommt, der mir fremd ist.
    »Ich werde ganz vorsichtig sein«, sagt Simon, und er sagt es so nah an meinem Mund, dass meine Lippen den Satz mitsprechen müssen, und jetzt küssen wir uns wirklich, zuerst noch ein bisschen scheu und dann immer kühner und vorbehaltloser. Seine Küsse schmecken nach Meer und nach Milch mit einem Hauch von Zimt, sie erzählen Geschichten und stellen Fragen, auf die ich immer wieder dieselbe Antwort gebe: Ja. Wir drängen uns aneinander und geraten ins Schwanken, als Simon versucht, meine Bluse zu öffnen, und er lässt sich einfach rückwärts aufs Bett fallen und breitet lachend die Arme nach mir aus. Ich bleibe stehen. Ich trete einen Schritt zurück. Simon öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber dann ahnt er, was ich vorhabe, oder er ahnt es nicht und ist nur klug genug, zu schweigen. Er setzt sich wieder aufrecht hin. Er lacht nicht mehr, er lächelt nicht einmal. Er sieht mich nur an.
    Ich bin ein Geschenk. Ich öffne mich selbst.
    Zuerst Stiefel und Socken, dafür muss ich mich kurz bücken. Für ein Meditationswochenende braucht man keinen Nagellack an den Zehen, hatte ich gedacht. Wie schnell man sich irrt. Der Boden unter meinen nackten Füßen knarrt ein bisschen. Ich löse die Gürtelschnalle und knöpfe meine Jeans auf. Ich ziehe am Reißverschluss. Die Hose sitzt so locker an den Hüften, dass sie einfach an mir herunterrutscht. Die Gürtelschnalle klappert, als sie den Boden berührt.
    Die Haut an meinen Beinen ist sehr hell. Meine Haut ist überall hell. Wo sie nicht hell ist, sind Sommersprossen. Es ist der schwarze Slip, das ist gut zu wissen. Simon sieht mich an wie Bodhidharma, als er nach neun Monaten zum ersten Mal wieder aus der Höhle herauskam und die Natur erblickte.
    Ich knöpfe meine Bluse auf. Ich mache es nicht zu langsam, ich mache es nicht zu schnell. Ich mache es so, dass meine Seele nicht erschrickt. Es heißt immer, dass Seelen bei Langstreckenflügen oft tagelang nicht hinterherkommen. Wenn man sich zu hastig auszieht, passiert das Gleiche. Der letzte Knopf. Ich lasse die Bluse von den Armen gleiten. Sie fällt zu den anderen Sachen auf den Boden.
    Ich schließe für einen Moment die Augen. Ich rufe die Grüne Tara, die über mich und meine achtzehn Ängste wacht. Om tare tuttare , das Karussell dreht sich weiter, und Tara, die Erwachte, schickt meine Hände nach hinten zum Rücken, wo der Verschluss meines BHs sitzt. Einzig ihrer weisen Führung verdanke ich es, dass er sich mühelos öffnen lässt. Ich halte den BH ein paar Sekunden vor meinem Körper, als wäre er eine Opfergabe, und dann lasse ich ihn fallen. Soha, Tara. Möge ich die Befreiung erlangen.
    Meine Brüste sind kühl, als sie die Innenseiten meiner Oberarme berühren. Mein Bauch ist warm. Mein Blick ist auf Simon gerichtet, während ich mit beiden Händen den Slip herunterziehe und ihn dann von den Füßen abstreife. Jetzt stehe ich nackt vor ihm, und meine Haut leuchtet wie der Mond. Wie die Stehlampe am Fenster. Ich drehe eine kleine Pirouette und verliere beinahe das Gleichgewicht, ein wenig unelegant, und Simon nutzt seine Chance und greift nach meinem Handgelenk. Er zieht mich zu sich aufs Bett und legt mich auf den Rücken. Er sagt »Danke« und »Du bist so schön, Mila«, und dann sagt er noch etwas, das ich nicht mehr verstehe, weil jetzt sein Gesicht zwischen meinen Brüsten liegt, und obwohl ich zu gern gewusst hätte, was er gesagt hat, finde ich, dass es ein ungünstiger Moment zum Nachfragen ist. Simon bedeckt meine Brüste und meinen Bauch mit Küssen und rutscht mit seinem Gesicht immer weiter abwärts, es fühlt sich an wie heißes Sandpapier. Ich will seinen Namen rufen und dass er sich vielleicht doch lieber rasieren sollte. Ich will auf keinen Fall, dass er jetzt aufhört. Ich greife in seine Haare und zupfe etwas halbherzig an seinem Hemdkragen herum, weil er doch immer noch angezogen ist und ich längst nicht mehr, aber dann hört es auf zu kratzen, dann wird es erst ganz ruhig und dann ganz warm und dann nass und dann gut und dann immer besser und besser und dann.
    Und wie laut ich bin.
    Und wie still es danach ist. Wie allein ich mich zuerst fühle und wie beruhigt, als Simons entzücktes Gesicht zwischen meinen Schenkeln auftaucht und er sagt, was für eine Freude es sei, mich besser kennenzulernen. Ich weiß nicht, warum mir dieses »Ich mich auch« herausrutscht, es klingt so einfältig und ergibt keinerlei Sinn. Simon sieht mich

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