Die eingeborene Tochter
bringen…
»Hi«, nuschelte Phoebe. Sie schwenkte einen Revolver über dem Kopf. »Für die Tür mußt du zahlen, Dicker.« Dann soff sie den Pluto-Plastikbecher vollends leer.
»Jeeee-suuuus«, seufzte Bix und schnappte sich die Kanone.
Sie lebte. Eine einzige Katastrophe, Säuferin mit eingesunkenen Augen, Hure, das Haar wie ein Nest psychotischer Sperlinge. Aber sie lebte.
Julie breitete die Arme aus. Die Umarmungskur. Phoebe übergab sich. Das Essen sprudelte heraus, die dampfenden, stinkenden Reste von tausend Cookies klatschten in Julies Hände und glitten ihr durch die Finger.
»Ist doch ’ne nette Begrüßung für meine alten Kumpel, was? Scheiß-Begrüßung… Kannst du dich erinnern, wie wir den toten Fisch auf die Parade am 4. Juli geschmissen haben?«
»Wir nehmen dich mit nach Hause.« Zähneknirschend marschierte Julie zur Spüle, die mit öligen Bratpfannen und schmierigem Geschirr vollgestopft war. Die Kotze auf den Händen fühlte sich schwer und warm an. Sie wusch sich die Hände.
»Wir haben ein Haus in Baring«, erklärte sie.
»Glaubst du, ich will mit Göttinnen und Schweinen zusammenwohnen?« keifte Phoebe. Sie stopfte schon wieder Cookies in sich hinein. Trefoils, Do-Si-Dos, Thin Mints, Samoas. »Sollen sie über mich sagen, was sie wollen, ich hab die Girl Scouts immer unterstützt.«
Sie zogen ihr den Bademantel aus und steckten sie in die Dusche, mußten sie stützen. Wie zwei Leute, die einen Christbaum aufstellen wollen. »Schaff ihn raus hier«, stöhnte sie und drosch auf Bix ein. »Wenn er mich nackt sehen will, muß er zahlen!« Das Wasser färbte sich rosa von der blutenden Kopfwunde. Julie erschrak, als sie sah, wie abgemagert Phoebe war; sie hatte den Oberkörper einer Ballettänzerin. »Pfusch mir bloß nicht in meinen Stoffwechsel, Katz. Wenn du das machst, schlag ich dich zu Brei.«
»Ich hab keine göttlichen Kräfte mehr. Bin bloß eine geschmatte Jüdin.«
»Darauf würd ich wetten.«
Sie steckten Phoebe in die einzigen sauberen Kleider, die sie finden konnten – schwarze Fahrradhosen und ein Männerhemd –, riefen ein Taxi und brachten sie zum Entgiftungscenter im Madison Memorial, wo ein knochiger Sanitäter namens Gary mit der Figur eines Basketballspielers ein Sonogramm ihrer Leber aufnahm, sie mit Vitaminen vollpumpte und sie in eine zehn mal zehn Fuß große helle Kammer einschloß. Drin gab es Videoüberwachung.
»Sie hat versucht, sich zu erschießen«, erklärte Julie. Gary führte sie in den Überwachungsraum. Auf dem Monitor Phoebe, wild um sich schlagend und tretend wie der heilige Antonius im Kampf gegen die Versuchungen.
Der Sanitäter nickte verständnisvoll. »In dem Zustand kriegen wir sie meistens«, sagte er. Trotz seiner Größe flößte er Julie kein Vertrauen ein. Die Welt war nicht darauf eingerichtet, Menschen wie Phoebe zu retten.
»Laßt mich raus hier!« schrillte Phoebes Stimme aus dem Lautsprecher.
»Haben Sie die Kanone?« fragte Gary.
Julie nickte. »Ich glaub, irgendwo hat sie noch Dynamit versteckt.«
»Dynamit? Das ist mal was Neues.«
»Bastarde!« jammerte Phoebe. »Gestapo-Faschisten!«
»Ich will dir doch helfen!« schrie Julie ins Mikrofon.
»Du hast im ganzen Leben noch keinem geholfen!«
Schließlich kam ein Arzt, ein gewisser Dr. Rushforth, ein großer, hochtrabender Engländer mit Schaufeln von Händen. Er schwebte auf einer Wolke von noblesse oblige in den Überwachungsraum.
Er entfaltete das Sonogramm und prophezeite: »Wenn Ihre Freundin mit dem Trinken aufhört, hat sie eine 50:50-Chance, daß sich die Leberschwellung zurückbildet.«
Phoebe kreischte: »Sturmtruppen!«
»Was?« stöhnte Julie.
»Nazis!«
Rushforth verschränkte seine Wurstfinger. »Einen Psychiater? Wir haben hier Dr. Brophy. Und ermutigen Sie sie doch, zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker. In dieser Stadt findet jeden Tag eines statt.«
»Ihr Ficker!«
»Sie werden sie doch nicht entlassen!« protestierte Bix.
»Wir haben sie gar nicht aufgenommen, Sir.«
» Schwanzlutscher!«
»Behalten Sie sie!« bat Julie.
»Wir sind keine Behandlungseinrichtung, Mrs. Constantine«, sagte Rushforth. »Rufen Sie morgen Brophy an. Und bringen Sie sie zu den A.A.«
Julie zuckte zusammen. Markus Bass fiel ihr ein; nach seiner Ansicht war es ungefähr gleich sinnvoll, einen Alkoholiker zu einem Schrumpfkopf wie einen Herzkranken zu einem Dichter zu schicken.
Und so hatten sie Phoebe wieder am Hals, süchtig wie nur irgendwas. Sie
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