Die eingeborene Tochter
verdammt noch mal, wissen ?«
Phoebes Tadel erfüllte Julie mit einer seltsamen Mischung aus Verwirrung und Zorn. Gut, zugegeben, sie konnte vielleicht nicht mit Sicherheit sagen, daß Gott auf ihren Bund der Unsicherheit milde herablächelte. Aber das gab Phoebe nicht das Recht, sie so zu ärgern. »Meine Intuition sagt mir das.« Schaudernd nahm sie den Altarschädel und steckte die Daumen in die leeren Augenhöhlen. »Glaub mir, wenn ich erst mit Wundern anfange, hört jeder Fortschritt für ein Jahrtausend auf.«
In der Hand verbarg Phoebe schon das dritte Fläschchen. Wie ein Junge, der einen Apfel vom Obststand stiehlt. »He, Katz, du hast recht, du brauchst diesen Tempel gar nicht mehr. Du kannst das alles jetzt ja viel besser rationalisieren!«
Julie bebte innerlich.
»Nun, ich werde dieses idiotische Gerede einfach dem Rum zuschreiben.«
»Vielleicht leb ich nicht in meiner eigenen Zeit, aber du lebst nicht in der eigenen Haut.« Phoebe verputzte schon die dritte Flasche. »Und betrunken bin ich auch nicht.«
»Nach dem ganzen Zeug?«
Phoebe zwinkerte bösartig. »Yeah, aber morgen bin ich wieder nüchtern, Katz« – sie torkelte zur Tür –, »und du bist dann immer noch das göttliche Wesen, das den Leuten nicht hilft.«
»Mensch, hau bloß ab, Phoebe! Du bist nicht ich, also hau ab!!«
Julies Verstand begann unruhig zu flimmern. Der Totenkopf hatte Augen. Starrer, unnachgiebiger, anklagender Blick. Hätte er eine Zunge, er würde sagen: Phoebe hat recht, und das weißt du.
Bezweifle ich.
Sie hat recht. ›Der Himmel hilft‹ ist nicht der richtige Weg.
Aber das beste, was ich tun kann.
Das ist eine Ausrede.
Vielleicht.
Ferngesteuerte Wunder, Sheila – das wird gehen. Einmischung auf Distanz – versuch’s! Dabei mußt du dich nicht exponieren.
Taschenspielertricks. Dazu bin ich nicht gesandt.
Versuch’s.
Nein.
Versuch’s.
LIEBE SHEILA: Schau Dir die Schnappschüsse an, dann verstehst Du, warum niemand ein Bild von mir machen will, nicht einmal meine ältere Schwester. Ich hab sie deshalb in einer Sofortbildkabine auf dem Rummelplatz gemacht. Es fing alles damit an, daß letztes Jahr mein Experiment im Chemieunterricht in die Luft flog. Sicher, mein Dad verklagt die Schule, aber mein Gesicht sieht trotzdem aus wie ein Horrorfilm, oder? Wenn ich schon eine alte Frau wäre, dann wär es nicht so schlimm, aber ich bin erst siebzehn. Ich kann Dir sagen, wenn die Jungs mich anschauen, würden sie am liebsten kotzen. Nun dachte ich, wenn Du, Sheila, über diesen Fotos meditierst, kriegen es die Ärzte bei meiner Operation nächsten Monat richtig gut hin. – HÄSSLICH, ILLINOIS.
LIEBE HÄSSLICH: Faß Dir ein Herz! Plastische Chirurgie ist einer der aufregendsten Grenzbereiche der modernen Medizin! Am DeGrazzio-Institut in Chicago sind die Methoden auf dem neuesten Stand.
Ich habe über Deinen Fotos meditiert und glaube, Dein zugestandenermaßen häßliches Gesicht wird schon bald viel besser aussehen. Wenn Du weißt, was gut für Dich ist, erwähnst Du niemals diesen Brief, der an meinem Redakteur vorbei direkt an Dich geht!
LIEBE SHE1LA: Ich bin ein stolzer Mann und schreibe Dir äußerst ungern, nur bin ich schon seit drei Jahren arbeitslos. Die Schecks von der Wohlfahrt reichen kaum für Essen und Miete. Weihnachten für die Kinder kann ich vergessen. Ich brauch Dir nicht zu sagen, daß ein Schweißer mit rheumatischer Arthritis und Gicht nicht viel von der Zukunft zu erwarten hat.
Es klingt vielleicht verrückt, aber wenn Emma und ich einen wirklich großen Gefrierschrank hätten, könnten wir Nahrungsmittel im großen kaufen, einfrieren und so eine Menge Geld sparen. Nun hab ich da eine Anzeige für ein richtiges Westinghouse-Monster gesehen, das wär genau richtig. Können Sie sich irgendwas vorstellen, wie wir uns so einen schönen Kühlschrank leisten könnten? – WÖLFE VOR DER TÜR.
LIEBE WÖLFE: Aus politischen Gründen kann ich diese Antwort nicht über den Midnight Moon veröffentlichen.
Prospekte von anerkannten Fernlehrschulen sind schon an Sie unterwegs. Sie sollten sich eine rasch wachsende Branche aussuchen, z. B. öffentliche Buchführung, Datenverarbeitung oder Wartung von Fotokopierern.
Nun noch etwas: Ich schicke die Anzeige zurück.
Kleben Sie die auf Ihren jetzigen Kühlschrank und konzentrieren Sie sich jeden Tag darauf! Behandeln Sie das Ergebnis streng vertraulich, oder Sie werden es bereuen, glauben Sie mir!
LIEBE SHEILA: Es würde
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