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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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an und grinste noch immer. »Eine schlimme Sache. Dieser verdammte Bär. Du siehst aus wie deine Mutter.«
    Ich konnte noch immer nichts sagen und meine schmutzigen Tränen fielen auf seine Schulter.
    »Gute Frau. Liebte sie auf meine Art und sie mich, denke ich. Unsere Zeit war zu kurz bemessen …«
    Er hustete Blut und ich klopfte und rieb sinnlos an ihm herum.
    »Lügen«, sagte er. »Mit gutem Grund. Wir hatten beide unsere wahre Liebe. Meine fuhr auf der Straße der Wale, schnell und sicher. Mit einem guten Segel konnte ich jede Reise … schneller machen als andere. Segelte nach den Sternen, bis ans Ende der Welt.«
    Er verkrampfte sich, sein Grinsen wurde starr. »Aber du bist mein ganzer Stolz.«
    Seine Augen wurden glasig und er flüsterte, wobei er mich beim Handgelenk nahm: »Aber nicht mein Sohn. Ihre wahre Liebe war Gunnar …«
    Und damit ging er über die Regenbogenbrücke, während die Welt sich um mich drehte und brüllte wie das Meer und alle meine Gedanken zu Staub zerfielen.
    Ich wäre dageblieben, aber ein paar Männer, die vorbeikamen, zogen mich weg und brachten mich außer Reichweite der Pfeile, dorthin, wo die riesigen Katapulte aus libanesischer Zeder und ihre schwitzende Bedienungsmannschaft standen.
    Sie luden und schossen, luden und schossen, denn der Angriff war katastrophal fehlgeschlagen und die einzige Möglichkeit, in die Stadt einzudringen, war jetzt, die
Mauern zu zertrümmern. Einige von ihnen, die sahen, in welchem Zustand ich mich befand, gaben mir Wasser und verbanden meine Wunden mit noch fast sauberen Verbänden, während ich dasaß und es geschehen ließ, starr wie ein Baumstumpf.
    Nicht mein Vater. Gunnar war ihre wahre Liebe. Stammkel hasste Gunnar.
    Meine Mutter, die weiß, dass sie bereits schwanger ist, geht zu meinem Vater … nein, zu Rurik, wird mir jetzt klar. Zu Rurik, der sie heiratet und einen Hof als Altenteil bekommt, und einen Sohn obendrein. Kein Wunder also, dass Gudleif es listig anfangen musste, als er mich loswerden wollte, denn Gunnar passte auf mich auf.
    Und Gunnar hatte sich Einar angeschlossen, weil ich mich ihm anschloss – er war gestorben, weil er mein Vater war, und das hatte er bis zuletzt für sich behalten. Ich weinte auch um ihn, und die Tränen liefen über mein dreckiges Gesicht bei dem Gedanken und weil mir jetzt so vieles klar wurde.
    Gunnar Raudi. Der selbstsichere, tapfere Mann mit den rostroten Haaren, ein Seefahrer und Krieger, der eher einen Sohn zeugen konnte als Rurik, der nur seinen eigenen Herd und ansonsten seine Ruhe haben wollte. Irgendwie hatten sie ihre Rollen getauscht – ein böser Scherz Lokis.
    Endlich war ich wieder etwas gefasster und meine Tränen versiegten. Ich dachte an Rurik, der tot dort draußen im Dreck lag und um den sich niemand kümmerte. Das durfte nicht sein. Also ging ich und suchte nach den Eingeschworenen.
    Ich traf Flosi, der bereits auf der alten Elk dabei gewesen war, und er winkte mir müde zu. »Dachte schon, du
bist auch hinüber«, sagte er und zeigte mit dem Daumen hinter sich. »Die anderen sind dort drüben, Illugi zählt sie gerade. Ich soll Essen und Wasser besorgen.«
    Er stand da und grinste, sein Haar stand in alle Richtungen ab und sein Bart war verklebt von Blut und gelbem Staub. Seine Augen waren rot gerändert von dem verkrusteten Dreck, mit dem wir alle bedeckt waren, und alles, was er am Leibe trug, war ebenfalls mit einer einheitlich gelbbraunen Staubschicht bedeckt, sodass man keine Farben mehr erkennen konnte. Mir wurde klar, dass ich wahrscheinlich nicht viel anders aussah als er – bis auf die Tränenspuren, die er taktvoll ignorierte.
    Auch die anderen ignorierten sie. Sie lagen erschöpft in den Überresten dessen, was einmal unser Lager gewesen war und über das die Reiter gestürmt waren, die unsere Zelte und Schutzdächer eingerissen hatten. Illugi und Einar stellten fest, wer noch lebte und wer nicht.
    Ich wurde von den anderen mit stumm erhobener Hand oder einem Nicken begrüßt. Einar, das Haar ebenfalls von Blut verklebt, drehte sich zu mir um, grinste schief, dann machte er eine Kopfbewegung zu Illugi hin. »Kannst ihn wieder von der Liste der Toten streichen«, sagte er.
    »Lass das Zeichen, wo es ist«, erwiderte ich und nahm mir einen Schlauch mit lauwarmem Wasser. Ich goss mir etwas über den Kopf, dann trank ich. Es schmeckte scheußlich.
    »Zugegeben«, sagte Krummnacken, »du siehst mehr tot als lebendig aus, aber für einen Toten verbrauchst du etwas viel

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