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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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ein und ich hörte das Gemurmel im Lager, das Zischen des getrockneten Dungs auf dem Feuer, das stöhnende Schnarchen meines Vaters und Skartis Furzen.
    Ich setzte mich auf und blickte erschreckt um mich, aber alles war, wie es sein sollte – und doch war es nicht so. War es Wirklichkeit? War ich eingedöst und aus einem Traum aufgewacht? Oder träumte ich immer noch?
    Das fragte ich mich für den Rest dieser Nacht, während ich in die Glut starrte, bis meine Augen schmerzten.
     
    Hörner ertönten, es klang, als hätten sich Schiffe im Nebel verirrt. Ein scharfer Pferdegestank lag in der Luft, die Tiere mussten in ihrer Erregung öfter als sonst pissen, während sie ihre Plätze an unseren Flanken einnahmen, Geister im Nebel aus Staub, um sicherzustellen, dass der Angriff nicht durch einen Gegenangriff aus der ehemals weißen Burg vereitelt wurde.
    So standen wir da, vielleicht fünfzigtausend Mann, vielleicht mehr, vielleicht weniger. Viele litten unter Schüttelfrost und pressten die Kiefer aufeinander, um das schmerzhafte Klappern der Zähne zu verhindern. Wir warteten, während auf der Fläche zwischen uns und der verwüsteten Stadt Feuer und Tod einen grausamen Tanz vollführten. In riesigen gelben Staubwolken krochen fünf Belagerungstürme vorwärts wie die Finger einer Hand, während die Bogenschützen paarweise vorpreschten, wobei jeweils einer die Pavese aus Schilfrohr hielt, während der andere schoss und sich dann duckte, um einen neuen Pfeil einzulegen.
    Man hörte Brüllen und Schreien, und dazwischen ertönte immer wieder das hohe Wiehern von sterbenden Pferden, die mir die schlimmsten Klagelaute von allen von sich zu geben schienen.
    Auf einem Knie und auf meinen Schild gestützt sah ich zu, fast als gehe mich das alles nichts an. Skarti hatte einen glasigen Blick und zitterte, der Durchfall lief ihm am Bein herunter, aber er schien es nicht zu bemerken. Dieser Gestank, zusammen mit dem Geruch von Staub und Öl auf Stahl – das war für mich die Schlacht. Später genügte
mir nur einer dieser Gerüche und ich war wieder zurückversetzt in das Kampfgetümmel von Sarkel.
    Eine Schar schwitzender Männer zog von vorn und schob von hinten den Turm mühsam Fuß um Fuß näher an die Mauer, wo im nächsten Moment der Tod auf sie herabregnen würde, was man jedoch in dem Dunst und Staub nicht sehen konnte.
    Man sah es nicht, aber man spürte es. Einer Riesenschnecke gleich hinterließ die Gruppe eine glitschige Spur aus Blut und Leichen, denn es flogen Pfeile, faustgroße Steine und Speere, die aus kleinen und größeren Katapulten auf sie geschleudert wurden.
    Zu meiner Überraschung sah ich auch einen Vogel. Er kam aus dem Nebel, setzte sich kurz auf das Gestrüpp aus Pfeilen, die im Belagerungsturm steckten, und war im nächsten Moment verschwunden.
    Dann erschien eine Gruppe kleiner Jungen, die Pfeile aufsammelten: Für jeweils zwanzig Stück gab es ein kleines Silberstück. Sie hatten einen Hund bei sich, der bald auf drei Beinen hinkte, dann auf allen vieren lief, dann wieder auf dreien. Die Jungen liefen weiter, lachend, schwatzend, niesend, sorglose Tänzer am Abgrund des Todes.
    Ich musste über diese absurde Szene lachen. Verwundert schüttelte Skarti den Kopf, dann sah er, worüber ich gelacht hatte, und brachte ein grimmiges Lächeln zustande. Seine Lippen waren zusammengepresst und er hatte die Arme fest um sich geschlungen, um das Zittern zu unterbinden.
    Doch dann beugte er sich zu mir herüber. »Hahab schon viele merkwürdige S-sachen gesehen in der Schlacht«, brachte er mühsam heraus, »V-vögel, T-t-tiere,
F-frauen, Hunde. Einmal s-s-sogar einen H-h-hirsch, der sich z-zwischen die F-f-fronten v-v-verirrt hatte.« Dann kniff er ein Auge zu und legte, wie um ein besonderes Wissen anzudeuten, einen Finger an die Nase. »A-aber du w-w-wirst niemals eine K-k-katze auf einem Sch-schlachtfeld sehen«, schloss er erschöpft und sank zurück, um sich wieder an seinen Schild zu lehnen.
    Berittene Boten eilten hin und her. Ein Mann kam zu Fuß aus dem Dunstschleier, sah sich hastig um und erkannte dann das Rabenbanner.
    Er stolperte auf Einar zu, sein Kittel war nass von Schweiß – und Blut. Er sagte etwas zu Einar, deutete mit dem Finger, dann bewegte er mit heftiger Geste beide Hände, wie um etwas abzuwehren, dann gaben seine Beine nach und er stürzte zu Boden. Einar beachtete ihn nicht weiter. Er ging nur ruhig auf und ab.
    Schließlich merkte ich, dass er zählte. Er zählte lange. Er

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