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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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ausgeschickt. In dieser Nacht, als wir dicht aneinandergedrängt um das kleine Feuer saßen, wussten wir, dass wir von dem Gefährten, der einsam und zusammengesunken dasaß und in die Dunkelheit starrte, keine Rätsel oder Sagen mehr zu hören bekommen würden.
    Auf der Straße der Wale können selbst Wale sterben.
     
    Die endlose Steppe schlug mir aufs Gemüt. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, sondern war nur noch damit beschäftigt, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Irgendwann hatte ich das verrückte, schwindelerregende Gefühl, dass ich mich selbst gar nicht bewegte, sondern dass die Steppe rückwärts an mir vorbeizog.
    Ich blieb sogar stehen, um zu sehen, ob ich rückwärts mitgetragen wurde und hatte den Eindruck, dass es tatsächlich so war, während alle anderen vorwärtsgingen. Ich schrie vor Entsetzen auf und ließ mich auf die Knie fallen. Krummnacken, der hinter mir ging, packte mich am
Kragen und zog mich wieder hoch. Als ich weiterstolperte, war plötzlich alles wieder normal und ich dankte ihm.
    Eine abrupte Bewegung von Hild ließ nun aber auch die andere innehalten. Wir sahen sie an. Sie war aufgestanden und der rote Umhang fiel von ihren Schultern, dann sprang sie vom Wagen und lief in ihrem blauen Kleid vor uns her und ihr langes, dunkles Haar wehte im Wind, der hier nie nachließ.
    Wir starrten ihr hinterher. Sie ging etwa zwölf Schritte, dann blieb sie stehen. Langsam hob sie einen Arm und zeigte auf etwas. »Dort«, sagte sie. Wir strengten unsere Augen an, doch wir sahen nichts als die endlose Steppe.
    »Ein unsichtbarer Zauberberg also?«, knurrte Flosi, und wir gingen dorthin, wo Hild stand. Und als wir dort standen und starrten, kam uns plötzlich die Erkenntnis. Hier fiel das Gelände wieder ab und bildete erneut eine Balka, groß und staubtrocken, eine Schlucht mit steilen Wänden. Kein Berg also. Eine Grube. Sie hatten hier in der Steppe eine Grube ausgehoben, riesengroß, wie eine Stadt. Dann hatten sie in der Mitte die Erde angehäuft, wie das große Zelt eines Steppenfürsten, aber all das lag noch immer deutlich tiefer als das übrige Gelände.
    »Sie haben den Fluss umgeleitet«, sagte Einar bewundernd, als wir ein Stück weit nach unten gegangen waren. »Sie haben den Fluss hier vorbeigeleitet, um den Eingang zu verstecken. Dies hier war einst … ein See oder ein großer Teich, und das Wasser kam von dort« – und er deutete in eine Richtung – »und floss dort ab, und weiter bis zum Don.«
    Alle waren beeindruckt, außer Illugi. Bis auf seine gemurmelten Sprechgesänge hatte der Godi bisher noch nicht viel gesagt. Einmal war ich nachts aufgewacht und
hatte gesehen, wie er murmelnd am Feuer seine Runenknochen warf, und ich dachte, er werde allmählich genauso sonderbar wie Hild.
    »Attilas Grab«, flüsterte Valknut.
    »Wenn man der hier glauben kann«, sagte Ketil leise und schob sich an ihm vorbei, dorthin, wo Hild hockte. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und sein Gesicht verdüsterte sich. »Wehe du lügst. Denk an meine Worte«, erinnerte er sie und ging weiter.
    Einar führte uns an, als wir die Balka hinabkraxelten. Dort ging es wie auf einer Straße weiter bis zu einer Spalte in dem Erdhügel.
    Hild, die schweigend die Arme um sich geschlungen hatte, hob jetzt eine bleiche Hand und deutete auf die Steine zu beiden Seiten, groß, mannshoch, die man gut und gerne mit Runen hätte beschriften und als Gedenksteine auf einen Berg stellen können. Aber obwohl sie rissig und verwittert waren, trugen sie keine Runen, und doch sah Illugi sie misstrauisch an.
    »Der Eingang«, verkündete Einar grinsend. »Wir schlagen hier unser Lager auf und morgen beim ersten Licht fangen wir an zu graben.«
    Die Männer waren wie ausgewechselt. Sie luden Werkzeuge und Vorräte von den Wagen ab und rieben sich voll Tatendrang die Hände. Als wir an dem Abend ums Feuer saßen, waren alle bester Laune und das Gespräch drehte sich nur darum, was sie mit all dem Silber machen würden. Jetzt zweifelte niemand mehr daran, denn wir hatten das Wunder ja mit eigenen Augen gesehen.
    Ketil und Einar sagten gar nichts, aber auch in ihren Köpfen arbeitete es fieberhaft. Allerdings bezweifelte ich, dass sie dieselben Gedanken hatten.

    Attilas Grab. Ein Berg voller Schätze. Also hatte sie es doch gewusst, und bei dieser Feststellung lief es mir kalt über den Rücken — denn wie konnte sie uns mit einer solchen Sicherheit zu diesem unbekannten Ort führen, der in keiner Weise

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