Die Eingeschworenen Raubzug
arbeitet er an irgendeinem Zauber.«
Von Birka hatte ich nur von Arnbjörn gehört, dem Händler, der zweimal im Jahr nach Björnshafen kam, wenn er Stoff für Halldis und Hacken und Äxte für Gudleif mitbrachte.
Birka, das auf einer Insel in der Ostsee vor der Küste von Schweden lag. Birka, wo alle Handelswege sich kreuzten.
»Warst du all die Jahre dort, um für ihn Krötenspucke und die Augen von Toten zu beschaffen?«, wollte ich wissen.
Er machte eine abwehrende Geste. »Schweig, Junge. Je weniger man über diese Dinge spricht, desto besser. Nein, nein, ich habe nicht die ganze Zeit für ihn gearbeitet. All die Jahre dachte ich ja, ich hätte einen weißen Bären, der einmal so viel wert wäre wie ein Bauernhof.«
»Hast du das meiner Mutter erzählt? Oder ist sie vor Gram gestorben, weil sie auf dich warten musste?«
Er schien in sich zusammenzusacken. Er sah mich an und kniff ein Auge zu, dabei fiel mir auf, dass auch
sein Haar dünner wurde. »Geh und sammle trockenes Farnkraut für unser Lager, damit es am Feuer trocknen kann.« Doch bevor ich losgehen konnte, seufzte er. »Deine Mutter starb bei deiner Geburt, Junge. Eine schöne Frau, Gudrid, aber zu schmal in den Hüften. Damals hatte ich einen Hof, zufällig gar nicht so weit von Gudleif. Ich hatte zwanzig Schafe und ein paar Kühe. Es ging uns ganz gut.«
Er schwieg und starrte vor sich hin. »Als sie gestorben war, schien alles keinen Zweck mehr zu haben. Also verkaufte ich mein Hab und Gut an einen Mann aus dem Nachbartal, der es für seinen Sohn und dessen Frau wollte. Den größten Teil des Geldes gab ich Gudleif, als er dich in Pflege nahm. Einen Teil sollte er behalten, der Rest sollte für dich sein, wenn du volljährig wärst.
Ich war so überrascht, dass mir der Mund offen stehen blieb. Ich hatte gewusst, dass meine Mutter tot war … aber der Gedanke, dass ich schuld an ihrem Tod war, erschütterte mich. Ich fühlte, als ob Thors Hammer auf mich niedergefahren wäre. Erst meine Mutter, jetzt Freydis. Vielleicht sollten sie mich besser Frauentöter nennen.
»Ja, und das war der Grund, warum Gudleifs Kopf rollen musste«, fuhr mein Vater fort. »Ich dachte, er sei mein Freund – mein Bruder –, aber er hörte auf Lokis Einflüsterungen und gab das Geld für seine Söhne aus. Ich glaube, er hoffte, ich würde sterben und dann wäre er diese Sorge los.« Er schwieg und schüttelte traurig den Kopf. »Vermutlich war diese Hoffnung auch berechtigt. Ich war nie ein guter Ehemann oder ein guter Vater. Ich wollte mein altes Leben nicht aufgeben, aber es hat sich so vieles verändert. Selbst die Götter sind in Gefahr. Aber als er krank wurde und nach seinen Söhnen schickte, weil er dachte,
er würde sterben, da sandte Gunnar Raudi nach mir und Gudleif wusste, dass er verloren war.«
»Also wollte er mich tatsächlich im Schnee umbringen«, sagte ich.
Rurik zuckte die Schultern und kratzte sich. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn Gudleif dich hätte umbringen wollen, hätte es einfachere Möglichkeiten gegeben, obwohl Gunnar Raudi da nicht mitgemacht hätte. Gunnar ist zuverlässig wie eine Stahlklinge und du kannst ihm vertrauen.«
Er schwieg, sah mich von der Seite an und rieb sich den Kopf mit einer Bewegung, die mir inzwischen vertraut war, sie deutete Unsicherheit an. Dann lachte er leise. »Vielleicht hat Gudleif dich nur zu Freydis geschickt, um einen Mann aus dir zu machen.« Er sah mich listig an, und als ich rot wurde, lachte er laut auf.
Ja, genau das hatte Freydis getan. Sie hatte mich auf sich gesetzt, wie Gudleif mich früher auf seine Pferde setzte, als ich noch kaum laufen konnte. Ich musste mich mit den Händen an der Mähne festhalten und lernte reiten, ohne herunterzufallen. Wenn ich herunterfiel, setzte er mich wieder drauf.
Wenn ich jetzt daran denke, war es bei Freydis ganz ähnlich gewesen. Beschwipst vom Met, den ich mitgebracht hatte, am Kinn das Fett vom Lammbraten, hatte sie mich am Arm genommen und mich fest an sich gezogen. Sie strich mir übers Haar und beantwortete das Rätsel, welches sie mir gestellt, ich aber nicht verstanden hatte.
»Ich komme gut allein zurecht, seit Thorgrim – sein Ungeschick sei verflucht – in den Bergen abgestürzt ist«, sagte sie verträumt. »Im folgenden Jahr stand Gudleif vor
meiner Tür. Ich kann selbst Mist wegkarren und auf den Wiesen ausbreiten, ich kann mit Kühen und Pferden umgehen, kann melken, Brot backen, nähen, weben … alles kann ich. Aber Gudleif
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