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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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einen hinkenden Mann auf der Knarr an Bord gehen, kurz bevor sie abfuhr«, fügte Valknut hinzu.
    »Also hat auch er seinen Schwur gebrochen«, sagte ich, und zum ersten Mal konnte Einar mir nicht in die Augen sehen.
     
    Am nächsten Morgen stand ich im frühlingshaften Nieselregen am Strand und sah zu, wie die Elk ins Wasser glitt und davonsegelte. Einar hatte dem Dutzend Christus-Anhängern zusammen mit meinem Vater und dem Scherer befohlen, die Küste hinunterzusegeln und das Schiff dort in Sicherheit zu bringen und zu reparieren.
    Martin sah ebenfalls zu, seine verletzte Hand immer noch unter der Achselhöhle. Die Pfütze zu seinen Füßen färbte sich rosa vom Blut, das auf seiner braunen Kutte getrocknet war. Er trug jetzt ein Lederhalsband mit einer Leine, die Storchenbein in der Hand hielt wie einen Hund.
    Als die Elk im Sprühnebel fast verschwunden war, drehten wir uns um und hoben unsere Sachen auf. Hild hatte von meinem Vater einen zweiten Umhang bekommen, darin war ein Teil meiner Habe eingewickelt.
    Ohne große Worte formierten wir uns, Steinthor und Großnase wie gewöhnlich voraus, und machten uns auf den langen Weg flussaufwärts, nach Koksalmi und zur Schmiede.
    Hild kannte den Weg, aber Einar traute ihr nicht, deshalb musste sie immer in seiner Nähe bleiben, wie auch der Mönch, den Storchenbein an der Leine führte. Am
liebsten hätte Einar Hild auch an die Leine gelegt, aber Illugi Godi wusste, dass ich das nicht dulden würde, und überzeugte ihn davon, dass es klüger sei, die Frau auf seiner Seite zu haben statt sie sich zur Feindin zu machen.
    Der Weg ging bergauf. Etwa eine Stunde lang gingen wir durch Birken- und Erlenwälder, die noch nicht voll belaubt waren und die Sonne durchscheinen ließen. Als der Wald lichter wurde, hielten wir an und warteten auf Großnase und Steinthor, die vorausgegangen waren, um den Weg zu erkunden. Das gab allen Gelegenheit, die Riemen fester zu ziehen und das Gewicht von Schild und Gepäck etwas zu verlagern.
    Ich sah mich um und rieb eine wunde Stelle an meinem Hals. Ein angenehmer Wind wehte vom Meer herauf, das in der Ferne glitzerte. Etwas tiefer zu unserer Rechten zog sich ein Flüsschen dahin, dessen Ufer dicht mit Schilf bewachsen war, sodass es schmaler wirkte.
    Hild hockte auf einem Stein, die Arme um die Knie geschlungen. »Kannst du gehen?«, fragte ich und sie sah auf. Sie verdrehte die Augen, versuchte, mich anzusehen, verdrehte sie wieder. Dann nickte sie. Ich bückte mich, um ihr das Bündel abzunehmen, doch sie ergriff meine Hand, die sie umklammerte wie der Adler seine Beute. Hinter dem Vorhang ihrer Haare hörte ich sie sagen: »Sie wartet. Sie wird mich führen. Sie sagte …«
    Sie verstummte, ihre mandelförmigen Augen waren listig zu Schlitzen verengt. »Niemand darf es wissen«, zischte sie.
    Ich mochte sie. Ich glaube sogar, ich liebte sie. Wenigstens dachte ich, dass ich sie liebte, weil sie die erste Frau war, die ich nicht flachlegen und bumsen wollte. Ich dachte nie daran, das mit ihr einfach so nebenbei zu
tun, obwohl der Gedanke an ihren weißen Körper in der dunklen Hütte mich oft hart werden ließ.
    Doch selbst dann konnte ich sie mir nicht ohne die Striemen und Blutergüsse vorstellen, noch konnte ich sie mir vor Leidenschaft keuchend vorstellen, wenn sie ihre Augen verdrehte, sodass sie weiß und tot schienen, oder wenn sie mit ihrer anderen Stimme sprach, manchmal tief und rau, manchmal böse zischend.
    Jetzt weiß ich, dass ich mich schon damals wegen ihres Zaubers vor ihr fürchtete. Wenn die Entscheidung bei mir gelegen hätte, hätte ich sie laufen lassen, selbst wenn der Schatz von Attila dem Hunnen noch so verlockend war.
    Großnase und Steinthor kamen zurück, sprachen mit Einar und gingen wieder los. Die Eingeschworenen standen auf, schulterten ihr Gepäck und wir marschierten über eine steinige Hochebene, die von Rissen durchzogen und von zahllosen grauen, grünfleckigen Felsbrocken übersät war. Hier und da stand eine Birke wie ein weißer Wächter, und in der Ferne erhob sich zu beiden Seiten blass-violett ein Gebirge.
    Gunnar Raudi erschien und fiel neben mir in Gleichschritt. Er sah mich von der Seite unter seinen wirren grauroten Locken an. »Geht’s dir gut, Junge?«
    »Ganz gut, Gunnar Raudi«, erwiderte ich keuchend, ohne meinen Schritt zu verlangsamen.
    Eine Weile schwieg er und man hörte nur das Knarren und Klappern des Gepäcks, das angestrengte Schnaufen der Männer. Schließlich sagte er: »Wir

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