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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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dort, wo am Fluss der Rauch der Kochfeuer aufstieg, Skapti und Storchenbein und die anderen stünden und stumm zusähen, blasse Gestalten mit glänzenden Augen, die voll Neid zu den Lebenden herüberblickten. Und vor ihnen, wie ein mahnender Finger, Eyvind.
    Einar war der Letzte, der den Eid ablegte, und seine Stimme war kräftig und klar.
    Gerade als er fertig war und Illugi die Zeremonie mit einem Gebet an Odin abschließen wollte, entstand eine Unruhe und alles drehte sich um, weil eine Gruppe von Reitern auf den Thingvallir zukam.
    Es waren sechs Mann und ein Anführer. Sie ritten herrliche, kräftige Pferde, größer als unsere kleinen Kampfponys. Alle trugen Rüstung und Helm und hatten ihre Schilde auf dem Rücken hängen. In den Halterungen an den Steigbügeln steckten lange Speere und im Gürtel hatten sie Krummschwerter.
    Man konnte die Gesichter nicht erkennen, denn sie hatten Schleier und Helme darüber gezogen, der Anführer
trug einen prächtigen Helm mit vergoldeter Maske, die das Gesicht eines Jünglings darstellte. Von der Spitze seines Helms wehte ein großer, silbergrauer Pferdeschwanz.
    Sprachlos standen alle da und sahen zu, wie die Fremden angaloppiert kamen und sich in einer Reihe aufstellten. Der Mann mit der Maske saß ab, erstaunlich gewandt für jemanden, der ganz in Metall und Leder gekleidet war. Nur an den Beinen trug er keine Rüstung, sondern weite, rotseidene Hosen, die in kniehohen Lederstiefeln steckten. Doch sein Kettenhemd war lang, sodass es ihn beim Reiten schützte.
    Er hatte zwei Krummsäbel im Gürtel – das Zeichen eines Stammesfürsten, wie jemand raunte – und einen herrlichen dunkelblauen Umhang mit Pelzkragen, der von einer silbernen Fibel zusammengehalten wurde, für die man bei uns zu Hause wahrscheinlich zwei Höfe hätte kaufen können.
    Doch als er die prächtige, ehrfurchtgebietende Gesichtsmaske löste und den Helm abnahm, kam darunter kein goldener Jüngling zum Vorschein, sondern nur ein pickeliger Junge. Aber dann lief der Name von Mund zu Mund: Jaropolk. Der Prinz. Sohn des Fürsten Swjatoslaw.
    Er war jung und hatte ein rundliches Gesicht, auf dem erste flaumige Barthaare sprossen. Um den Hals trug er eine Kette von goldenen Bernsteinkugeln, so groß wie Hühnereier – die Tränen der Sonne. Sein Kopf war rasiert bis auf eine Strähne schwarzen Haars, die geflochten und mit einem silbernen Band zusammengehalten war und über einem Ohr herabhing. Später erfuhr ich, dass sein Vater den Kopf ähnlich rasiert trug, und dass dies –
obwohl sie zur Hälfte Nordmänner waren – das Kennzeichen ihres chasarischen Stammes war. Er trat vor und warf den Helm nach hinten, wo er mit einer geübten Bewegung von einem seiner Männer aufgefangen wurde. Obwohl er höchstens so alt sein konnte wie ich, spielte er die Rolle eines Prinzen gut.
    Einar ließ sich auf ein Knie nieder, was mich nicht überraschte. An seiner Stelle hätte ich mich auf das Gesicht geworfen.
    »Willkommen, großer Herr«, sagte Einar ruhig und Jaropolk lächelte und nickte. Einar winkte und Ketil Krähe kam herüber, schneller, als ich ihn jemals habe laufen sehen, und brachte ein riesiges, mit Silber beschlagenes Trinkhorn. Jaropolk trank, wie jemand, der nur kurz auf einen Plausch vorbeigekommen ist, dann reichte er es an Einar, der ebenfalls daraus trank.
    Als er fertig war, erhob Einar das Trinkhorn und verkündete mit lauter Stimme, dass er hinfort mit seinem Treueschwur, mit seinem ganzen Leben und dem seiner Gefolgsmänner der Druschina des Prinzen Jaropolk angehören wolle.
    Dieser nahm das Angebot gnädig an. Die Feierlichkeit der Zeremonie wurde lediglich dadurch etwas beeinträchtigt, dass Jaropolk mit der kieksenden Stimme eines Knaben im Stimmbruch sprach. Dann rezitierte Illugi sein Gebet an Odin, doch er machte es kurz, weil Jaropolk, wie seine Großmutter, ein Christus-Anhänger war. In Nowgorod stand noch eine große Statue von Perun, doch in ihrer Nähe, so sagte man, werde eine Kirche gebaut. Ich habe beide später gesehen, doch als ich die Vogelscheiße auf dem strengen Gesicht und dem vergoldeten Schnurrbart des alten Perun bemerkte, war mir klar,
dass seine Tage gezählt waren. Tatsächlich ist die Statue auch wenig später im Fluss versenkt worden.
    Die Verbündung mit Jaropolk kam für die meisten von uns überraschend. Mein Vater hatte allerdings ganz offensichtlich davon gewusst. Es bedeutete nicht weniger, als dass die Eingeschworenen jetzt im persönlichen Dienst eines

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