Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
mir gegenüber neben Larison Platz. Ich berichtete ihnen, was in Wien geschehen war. Dann setzte ich sie über unsere nächste Zielperson ins Bild. Und sagte ihnen, warum ich ausstieg.
»Kapier ich nicht«, sagte Dox, als ich zum Ende kam. »Ich meine, wen kümmert’s, ob ihr Sohn schwul ist? Ich meine, wir leben im 21. Jahrhundert. Verflucht, ich liebe Schwuchteln. Wenn sie sich gegenseitig lieb haben, bleiben mehr Damen für mich übrig.«
»Es geht nicht darum, dass er schwul ist«, sagte ich. »Sondern dass er es verheimlicht. Das ist der Ansatzpunkt. Eine Schande, dass so etwas noch möglich ist.«
Larison und Treven hatten noch kein Wort gesagt. Ich wunderte mich über ihr Schweigen.
»Egal«, sagte Dox, »ich bin nicht gerade begeistert davon, eine kleine alte Dame zu euthanasieren. Aber, verdammt noch mal … auch noch eine Richterin am Obersten Gerichtshof? Ich meine, wir haben schon mit unseren bisherigen Zielpersonen sozusagen Geschichte geschrieben. Aber die Ersten zu sein, die eine Oberste Richterin abservieren? Langsam habe ich das Gefühl, dass uns Zielscheiben auf dem Rücken wachsen, und das gefällt mir nicht.«
»Mir ist das völlig egal«, sagte Larison. »Sie wissen ja, warum ich dabei bin. Und wenn Sie das Gefühl haben, dass uns Zielscheiben auf dem Rücken wachsen, wachen Sie offenbar langsamauf.«
Ich sah Treven an. »Wollen Sie das?«, fragte ich. »Es selbst erledigen und zwei Millionen Dollar kassieren?«
»Seien Sie nicht blöd«, sagte Larison mit Blick auf Treven. »Es ist eine Falle. Die ganze Scheißgeschichte ist eine Falle. Probieren Sie’s nur auf eigene Faust. Dann werden Sie als Erster ausgelöscht.«
Ein langer Augenblick verstrich. Treven meinte: »Ob Sie wegen des Geldes dabei sind oder um eine Menge Leben zu retten, die Rechnung ist die gleiche. Ein Terroranschlag unter falscher Flagge ist und bleibt ein Terroranschlag. In jedem Fall sterben Unschuldige. Wenn sich das dadurch verhindern lässt, eine weitere Hauptfigur aus dem Spiel zu nehmen, dann mache ich es, ob mit oder ohne Sie.«
»Eine Hauptfigur?«, sagte Dox. »Haben Sie Fotos von dieser Frau gesehen? Sie könnte meine Oma sein. Ich werde ihr kein verdammtes Kissen aufs Gesicht drücken, nein, Sir! Davon hätte ich Albträume für den Rest meines Lebens.«
Trevens Antwort gefiel mir nicht. Sie erschien mir draufgängerisch, schlecht durchdacht. Ich fragte mich, warum er so empfindlich reagierte. Fühlte er sich außen vor gelassen? War er eifersüchtig, weil er bei Shorrock und Finch nicht im Mittelpunkt gestanden hatte? Er war ein fähiger und erfahrener Mann, und dieses pubertäre Verhalten wirkte seltsam. Wenn man auch dann voll bezahlt wurde, wenn man nur am Rande beteiligt war, sollte man froh sein.
Aber das konnte mir gleichgültig sein. »Hier«, sagte ich, schaltete das iPad ein und ging auf die sichere Seite. Ich gab mein Passwort ein und sah eine Nachricht von Kanezaki:
Rufen Sie mich schnellstmöglich an.
Ich löschte sie und reichte Treven das iPad. »Einen Moment noch«, meinte ich. »Sieht so aus, als hätten wir neue Informationen über Horton.« Ich schob den Akku in mein Handy, schaltetees ein und rief Kanezaki an.
Er nahm sofort ab. »Haben Sie Jack Finch erledigt?«, fragte er.
Ich war bestürzt, zeigte es aber nicht. »Wovon reden Sie?« Ich fühlte die Blicke der anderen auf mich gerichtet.
»Hören Sie auf mit den Spielchen. Der Präsident wird in Kürze seinen Nachfolger ernennen. Colonel Horton.«
Mein Magen machte einen Satz. »Finchs Nachfolger ist … Horton?« fragte ich. Larison nickte, als wäre ihm das nichts Neues.
»Das ist noch nicht alles. Shorrock, der Typ, der nach Ihren Angaben in Las Vegas durch eine ironische Wendung des Schicksals starb. Er wollte eine geheime Aussage vor dem Kongress über Missstände in der Nationalen Antiterror-Zentrale machen. Er war nur ein ziviler Angestellter, der eine Geheimaktion nicht einmal erkennen würde, wenn sie ihn in den Arsch beißt. Er wäre der Letzte gewesen, der einen Anschlag unter falscher Flagge organisieren würde oder konnte. Aber wissen Sie, wer ihn ersetzen wird?«
Mir wurde schlecht. »Nein.«
»Die dortige Nummer Zwei, Dan Gillmor. Und Gillmor kommt nicht aus dem Zivilbereich. Er ist Ex-JSOC, einer von Hortons Jungs. Er war sein ganzes Leben lang Teil des militärisch-geheimdienstlichen, wirtschaftlich-sicherheitstechnischen Komplexes. Und er ist ein Fanatiker. Malteserritter wie James Jesus Angleton und
Weitere Kostenlose Bücher