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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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beschleunigte seinen Schritt nicht. Er wollte nicht den Anschein erwecken, als verfolgte er einen Neunjährigen. Das sah nie gut aus.
    »Mit etwas Glück wirst du deinen zehnten Geburtstag nicht erleben«, sagte er zu der geschlossenen Tür.
    Dann warf er einen Blick den steilen Hang hinauf, den er wieder zurückgehen musste. Seufzend ließ sich Cooper auf der niedrigen Mauer nieder, die den Parkplatz des Pubs umgab. Der Parkplatz war mit geschreddertem Gestein bedeckt, und Felsbrocken lagen neben der Einfahrt und der Ausfahrt. Sogar in der Mitte erhob sich ein Felsen. Cooper war sich nicht klar, ob die Felsen zu groß gewesen waren, um sie fortzuschaffen, als der Parkplatz angelegt worden war, oder ob man sie wegen des pittoresken Anblicks an Ort und Stelle gelassen hatte.
    Cooper fiel ein Gebäude hinter der Kneipe auf, eine Art
Lagerschuppen oder Garage mit breiten Türen, die im Augenblick offen standen. Seine Neugierde war geweckt.
    Cooper stand auf und schlenderte langsam auf die Türen zu. Er hoffte, dass niemand ihn von den Fenstern des Pubs aus beobachten würde. Hinter den Türen waren Tapeziertische aufgebaut. Im Moment lagen Holzbretter darauf, ähnlich denen, die man vor ein paar Tagen aus dem Fluss geholt hatte, wie er sich erinnerte. Wenn es dieselben waren, hatte man sie mittlerweile gesäubert und den grünen Schleim und die Entengrütze abgewaschen. Dann hatte man Hunderte von Nägeln in sie geschlagen, deren Spitzen ungefähr einen Zentimeter aus dem Holz herausstanden. Jedes Brett hätte einem indischen Fakir als Nagelbett dienen können, wäre da nicht die Lehmschicht über den Nägeln gewesen, deren glatte Oberfläche bereits trocknete.
    Cooper zuckte die Schultern. Wahrscheinlich irgendwelche Utensilien für den Garten. Vielleicht hatten die Besitzer des Pubs im Fernsehen eine dieser Sendungen mit Verschönerungsvorschlägen für den Garten gesehen.
    Er warf einen erneuten Blick in Richtung Pub. Kein Anzeichen von dem Jungen mit den Stöcken. Aber Cooper war sicher, dass er mit dem kleinen Teufel gesprochen hatte.
     
    »Nun, wir alle brauchen mal eine Pause von unserer Arbeit.«
    Cooper drehte sich um und sah, dass Reverend Derek Alton ihn beobachtete. Entweder war er so leise gewesen, oder Cooper hatte nicht richtig aufgepasst.
    »Ich will nicht in die Kneipe. Nicht, wenn ich im Dienst bin.«
    »Ich bin nicht im Dienst. Außerdem habe ich eine Sondererlaubnis.«
    »Mr Alton, hier war vor einer Minute noch ein kleiner Junge. Neun Jahre alt, hat leicht gehumpelt.«
    Alton nickte. »Das war der kleine Jake Oxley. Lucas’ jüngster Sohn.«

    »Dachte ich mir. Was ist mit ihm passiert? Hatte er einen Unfall?«
    »Sie meinen sein Bein? Ja, er wurde auf der Straße angefahren, direkt vor der Waterloo Terrace.«
    »Tatsächlich? Von einem Ortsfremden? Nein. Ich vermute eher …«
    »Das wäre vermutlich besser gewesen«, entgegnete Alton. »Aber hier fahren nicht viele Leute durch. Nur die, die zur Shepley Head Lodge müssen.«
    »Hat ihn einer von den Deardens angefahren?«
    »Ja, es war Michael mit seinem Geländewagen. Aber es war auf keinen Fall seine Schuld. Jake scheint aus dem Eingang zur Waterloo Terrace heraus und ihm direkt vor den Wagen gelaufen zu sein. Michael fuhr nicht einmal schnell, konnte aber trotzdem nicht mehr rechtzeitig bremsen. Jake hatte sogar noch Glück. Der Wagen streifte ihn nur, aber sein Bein wurde zerschmettert. Da er noch wächst, sind seine Knochen nicht mehr richtig zusammengewachsen, vermute ich.«
    »Die Oxleys müssen außer sich gewesen sein.«
    »O ja. Aber Michael auch. Es wurde nie Anklage gegen ihn erhoben, aber sich schuldig zu fühlen ist eine schreckliche Sache.«
    Cooper blickte die Straße hinauf in Richtung Shepley Head Lodge. »Ist das der Grund, weshalb Mr Dearden es vermeidet, durch Withens zu fahren?«
    »Nun, das würden Sie doch auch, oder? Er müsste jedes Mal an dieser Stelle vorbei. Und die Kinder der Oxleys spielen immer neben der Straße, auch der kleine Jake. Michael macht lieber einen Umweg, um Jake nicht jeden Tag sehen zu müssen.«
    »Vielen Dank, Mr Alton.«
    »Konnte ich Ihnen damit helfen?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Dann überlasse ich Sie wieder Ihrer Arbeit.«

    Alton überquerte den Parkplatz und betrat das Pub durch dieselbe Seitentür wie zuvor Jake Oxley. Über der Schulter trug er eine längliche Tasche, ähnlich einer Sporttasche für ein Kricketschlagholz oder einem weichen Futteral für ein Musikinstrument.
    Cooper

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