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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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sehr rücksichtsvoll.«
    Es überraschte Fry, dass jemand sie für rücksichtsvoll hielt. Sie hielt sich nur strikt an die Vorschriften der PACE-Regeln. Wie im Lehrbuch.
    »Sie waren so freundlich und haben uns die Umstände geschildert, die zum Fund menschlicher Überreste im Friedhof von St. Asaph in Withens führten«, fuhr sie fort. »Sie sind Inhaber der dortigen Pfarrstelle.«
    Sie musste den Ausdruck »Inhaber der Pfarrstelle« aus Derek Altons Aussageprotokoll ablesen. Das war nicht unbedingt eine Berufsbezeichnung, mit der sie vertraut war.

    »Ich bin als Pfarrer verantwortlich für Hey Bridge und Withens«, erklärte Alton.
    »Dann sind Sie also der Inhaber der Pfarrstelle in Withens?«, hakte Fry nach, unsicher, ob er sich damit in einen Widerspruch verwickelte.
    »Das ist korrekt.«
    »In Ihrer Aussage gaben Sie weiter zu Protokoll, dass Sie sich aus keinem besonderen Grund dafür entschieden hatten, diesen Teil des Friedhofs aufzuräumen.«
    »Ja, eigentlich nur wegen der Gräber mit ihren besonders kleinen Gedenksteinen, die schon fast komplett überwuchert waren.«
    »Wann wurde der Friedhof dort zuletzt gesäubert?«
    »Das weiß ich wirklich nicht«, erwiderte Alton. »Er befand sich bereits in diesem vernachlässigten Zustand, als ich nach Withens kam.«
    »Sind Ihnen in diesem speziellen Teil verdächtige Veränderungen aufgefallen?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Eigentlich nicht? Also war da was?«
    »Dort liegt oft Abfall herum. Bierdosen, solche Sachen. Manchmal kann man erkennen, dass sich nachts jemand in diesem Teil des Friedhofs aufgehalten hat. Der Boden ist zertrampelt, Äste sind abgebrochen. Ein- oder zweimal wurde auch versucht, ein Feuer anzuzünden.«
    »Von der Straße aus ist diese Ecke nicht einzusehen, richtig?«
    »Ja, richtig. Das ist das Problem.«
    »Mr Alton, wissen Sie, wer nachts auf Ihren Friedhof kommt?«
    Alton wirkte ein wenig nervös.
    »Sind es Kinder? Teenager?«, fragte Fry.
    »Ja, das denke ich. Normalerweise jedenfalls. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so etwas wie das...«

    »Können Sie bestimmte Jugendliche identifizieren?«
    Alton zog ein Gesicht. »Natürlich. Die Oxleys.«
    »Vielen Dank, Sir. Detective Constable Cooper wird Sie zurück nach Withens bringen.«
     
    Ben Cooper hatte Tracy Udalls Astra auf dem Parkplatz der West Street gesehen. Er vermutete, dass sie zu einem Treffen ihrer Einheit einberufen worden war, das im oberen Stockwerk stattgefunden hatte. Er traf sie im Umkleideraum, wo sie ihre Handschellen säuberte und die beweglichen Metallteile mit WD40 einölte.
    »Cholera?«, sagte Cooper.
    Sein Konversationslexikon definierte Cholera als eine akute, übertragbare, durch den Erreger vibrio cholerae hervorgerufene Infektionskrankheit, die vorwiegend den Dünndarm befällt. Ursachen sind meist verunreinigte Nahrungsmittel oder kontaminiertesWasser, das die Mikroorganismen enthält. Symptome wie weißer, wässriger Durchfall mit Muskelkrämpfen, Erbrechen und fortschreitendem Flüssigkeitsverlust führen innerhalb weniger Stunden zum Tod.
    Bald darauf hatte Cooper sich sehr unwohl gefühlt.
    »Ich meine, Cholera ?«
    »Sie war das Resultat der Bedingungen, unter denen die Tunnelarbeiter hausen mussten«, sagte Udall. »Sie erinnern sich? Die Barackensiedlung?«
    »Sicher.«
    »Die Arbeiter hatten kaum was zu essen, und das Wenige war miserabel, außerdem gab es keinerlei Gesundheitsvorsorge oder Sicherheitsvorschriften. Auch sauberes Wasser und Toiletten fehlten vollständig. Nahrungsmittel und Trinkwasser waren durch Abwässer verseucht, und bald starben die Männer zu Dutzenden an der Cholera. Einige von ihnen sind in der Woodhead Chapel oberhalb der A628 begraben.«
    »Und einige auf dem Friedhof von Withens.«

    »Das ist richtig. Was für eine Ironie, wenn Sie genauer darüber nachdenken. Wie es heißt, ist der Brauch des Brunnenverkleidens unmittelbar nach dem schwarzen Tod entstanden. Die Dörfer, die das Glück hatten, nicht von der Plage betroffen zu sein, schrieben das einzig und allein der Reinheit ihres örtlichen Wassers zu. Das hätte sie beschützt. Deshalb riefen sie die Tradition des Brunnenschmückens ins Leben, als eine Art Danksagung. Ich glaube, Tissington gehörte zu den ersten Dörfern.«
    »Manche glaubten damals sicher noch, sie würden die Wassergöttin damit gnädig stimmen«, sagte Cooper.
    Aber Udall hatte Recht. Diese Dorfbewohner in Derbyshire hatten jeden Grund, dankbar zu sein. Mitte des

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