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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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bizarren geistigen Prozesse, die sie zu dem motivierten, was sie taten. Ein Teil von ihm hätte liebend gern an einige dieser Türen geklopft und den Menschen dahinter Fragen gestellt. Wozu die Flaschen? Was hatte es mit der Yuccapalme auf sich? Hätten Sie nicht lieber ein wenig Sonnenlicht in Ihrem Leben?
    Wie in vielen Pubs in dem Viertel hingen auch im Hanging Gate malerische Ansichten des Peak District als gerahmte Drucke an der Wand. Und auch hier schienen dieselben alten CDs mit Popklassikern aus den sechziger und siebziger Jahren zu laufen. Aber es gab auch Bank’s Bitter, Mansfield Cask Ale und Pedigree, ganz zu schweigen von der Auswahl an Lagerbieren wie Stella Artois und Weißwein vom Fass. Den Zigarettenautomaten, die Musikbox und die Spielautomaten hatte man aus dem Weg geräumt und ganz hinten an die Wand verbannt, wo sie schief auf unebenen Steinplatten standen.
    Cooper bestellte sich eine Fleischpastete und Pommes frites und nickte einigen flüchtigen Bekannten zu, während er sich einen Tisch suchte. Er hatte ein Taschenbuch zum Lesen mitgenommen, falls er niemanden zum Reden fände.
    In die Decke waren Paneele mit Glasmalerei eingelassen, und das Muster des Teppichs bestand aus roten Rosen. Es schien nicht eine einzige der Farbkombinationen der Innenausstattung zusammenzupassen, betrachtete man das Pub als Ganzes. Eine Ecke für sich mochte noch so etwas wie Harmonie ausstrahlen, aber wenn Cooper in der Mitte des Raumes
saß, wie es jetzt der Fall war, bot sich ihm eine völlig andere Perspektive. Zu viele sich beißende Farben, zu viel Dekor, das keinen Sinn ergab,zu viele Geschmacksverirrungen und Schnickschnack. Das reinste Chaos – ein Sammelsurium von Gegenständen, die nie ein Ganzes bilden würden.
     
     
    Einige Minuten später kam es zu einer leichten Verschiebung in der Geräuschkulisse an der Bar. Ben Cooper schaute von seiner Pastete auf und sah, dass die Männer an der Bar ihre Köpfe Richtung Tür drehten. Wahrscheinlich ein paar Touristen, die sich auf der Flucht vor dem Regen in die Kneipe verirrt hatten und sich jetzt im Vorraum wie nasse Hunde schüttelten und mit ihren Anoraks raschelten. Womöglich hatten sie tatsächlich einen nassen Hund dabei.
    Wenn sie Glück hatten, machten die Leute ein wenig Platz für sie am Kaminfeuer, das der Gastwirt immer vorbereitet und wegen der Wetteränderung auch angezündet hatte. Er sah es nicht gern, wenn die Gäste in seinem Pub Touristen feindselig behandelten. Denn dann bestellten sie nur Schnaps und kein Bier, und das drückte seine Profitspanne. Andererseits ließen sie sich vielleicht sogar zu einem Hanging-Gate-Frühstück verführen, das es den ganzen Tag gab.
    Aber keiner machte Platz am Feuer. Keine Anoraks raschelten auf dem Weg zur Bar hinter Cooper vorbei; keine orangeroten und gelben Flecke zeichneten sich grell vor dem weinroten Muster der Tapete ab, wenn sie hinter der gläsernen Trennwand auftauchten. Stattdessen bemerkte Cooper, dass Wasser auf ein Ende des polierten Tisches mit dem Eichenfurnier tropfte, zudem ein Paar ausgetretene Turnschuhe, die genau innerhalb seines Gesichtsfelds auf der billigen Industrieauslegeware stehen blieben.
    »Hallo, Ben.«
    »Was tun Sie denn hier, Angie?«
    »Ich habe Lust auf einen Drink. Kaufen Sie mir einen?«

    »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Sie sind ein Mann mit festen Gewohnheiten. Das war nicht schwer.«
    Sie setzte sich auf einen leeren Stuhl und lächelte, als sei sie sicher, willkommen zu sein. Cooper beugte sich über denTisch, um mit ihr zu reden. Er wollte vermeiden, die Aufmerksamkeit der anderen Gäste allzu sehr auf sich zu lenken.
    »Hören Sie, ich kann das nicht so hinnehmen. Ich will endlich wissen, woher Sie meinen Namen und meine Adresse haben.«
    »Vielleicht habe ich ja einen Detektiv angeheuert. Es gibt heutzutage eine Menge gute Leute.«
    »Angie -«
    »Wenn Sie mir keinen Drink spendieren, bitte ich einen der Herren dort drüben. Mir macht das nichts aus. Ich bin gut im Betteln.«
    »Bleiben Sie sitzen«, sagte Cooper. »Aber tropfen Sie bitte nicht auf mein Buch. Was trinken Sie?«
    »Ein Tonicwasser wäre nicht schlecht für den Anfang.«
    »Sie trinken Tonicwasser?«
    »Ja. Aber direkt aus der Flasche, das ist cooler.«
    »Okay.«
    »Ah, und eine Tüte mit Käse-Zwiebel-Chips.«
    Cooper ging an den Tresen, um ihr Getränk zu holen. Während er wartete, schaute er kurz zu Angie Fry zurück. Sie achtete nicht auf ihn, sondern hatte sein Buch genommen und

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