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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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nicht allzu gut.
    »Sie müssen unbedingt mal auf einen Kaffee kommen.«
    »Gern, das wäre toll.«
    »Gut.«
    Er nickte und lächelte und dachte, dass es da doch einen nächsten Schritt gab, nur wollte er ihm partout nicht einfallen.

    »Wann?«, fragte Peggy Check.
    »Oh, äh... heute Abend, wenn es Ihnen passt. Acht? Halb neun?«
    »Schön. Dann bis später, Ben.«
     
    Cooper fütterte die Katzen, duschte, zog sich um und überlegte, ob er noch was zu essen zu Hause hatte. Sein Magen signalisierte Hunger. Aber er hatte keine Lust, sich aus der Kühltruhe zu bedienen. Nicht schon wieder chinesische Tiefkühlkost. Er hatte aber noch Zeit, kurz auf einen Happen in das Hanging Gate zu schauen, bevor er zu Peggy Check ging.
    In der ersten Woche nach seinem Umzug in die neue Wohnung in der Welbeck Street hatte er alle Pubs in Gehweite getestet. Es gab mehrere. Einige davon kannte er schon von früheren Besuchen, aber ein oder zwei waren neu für ihn. Er trank nicht viel, nicht wie einige seiner Kollegen, denen der Alkohol half, mit dem Stress und den deprimierenden Realitäten ihres Berufs zurechtzukommen.Wichtig war, dass man in einem anständigen Pub gute Gesellschaft fand.
    Aus dem Grund bevorzugte er eine ganz bestimmte Art von Pub, vor allem keines, das in erster Linie für Touristen attraktiv war. Denn dann sah er nie dieselben Gesichter an zwei Abenden hintereinander. Und eine irische Bar mit singenden Kellnern und Ceilidh-Abenden kam erst recht nicht in Frage.
    Nachts entwickelten sich einige Straßen im Zentrum der Stadt zu regelrechten Trinkmeilen. Vor dem Eingang zu jedem Pub bildete sich eine Traube aus Dutzenden von jungen Leuten, aus Lärm und Gerüchen und lauter Musik. Die Leute konnten sich nur brüllend unterhalten, um sich überhaupt Gehör zu verschaffen. Im Pub selbst hatte man das Gefühl, ein tropisches Mikroklima zu betreten. Heiße, verschwitzte Gesichter über nacktem Fleisch bewegten sich in der Hitze und der Feuchtigkeit eines Regenwalds am Amazonas und setzten
eine teuflische Mischung aus Deodorantdüften und Alkoholdämpfen frei.
    Gelegentlich kam es nach der Sperrstunde zu Schlägereien. Und dann gab es natürlich auch Drogen. Freitag- und Samstagabend war mit permanenter Polizeipräsenz zu rechnen – ein Kleintransporter mit Zellen im Innern und vergitterter Windschutzscheibe, dazu zahlreiche Streifenpolizisten auf Patrouille, die den Kürzeren gezogen hatten und zur Spätschicht eingeteilt worden waren.
    Touristen lernten rasch, diese Viertel nachts zu meiden, wenn ihnen die Veränderung auffiel, die mit einer Stadt vor sich gegangen war, die tagsüber mit ihrem Kopfsteinpflaster, den hohen Steinbauten, den Antiquitätengeschäften und Teestuben recht malerisch erschienen war. Sogar in der heimeligsten englischen Marktstadt drohten Abgründe à la Jekyll und Hyde.
    Aber für Cooper hatte Edendale immer noch Charakter und war eine richtige Stadt. Es hatte seine eigenen Gerüche, Geräusche und diese Ansammlung von Eindrücken, die einem Ort seine einzigartige Identität verliehen, so dass man immer wusste, wo man war. Dasselbe konnte man nicht von jeder Stadt sagen, deren Hauptstraßen oft austauschbar erschienen.
    Auf seinem Weg zum Hanging Gate kam Cooper durch Straßen voller Reihenhäuser mit Namen wie Riversleigh und Rockside. Das kleine Erkerfenster eines Cottages war von einer Yuccapalme vollkommen zugewachsen. Eine Tigerkatze hatte das bisschen Platz, das auf dem Fensterbrett noch übrig war, okkupiert und betrachtete Cooper durch die spitzen Blätter der Pflanze. In einem anderen Fenster nebenan waren alte Flaschen aufgereiht und sorgfältig nach Größe arrangiert – die Größten jeweils außen und die Kleinsten in der Mitte.
    Cooper schüttelte den Kopf. Die Fenster dieser Häuser waren so klein, dass sie ohnehin kaum Licht hineinließen, auch ohne mit verstaubten Flaschen und übergroßen Yuccapalmen zugestellt zu sein. Bei solchen Fenstern fragte er sich immer,
was die Menschen dahinter zu verbergen hatten. Oder dienten diese sonderbaren Talismane, die sie an der Begrenzung ihres Eigentums postierten, als symbolischer Schutz gegen die Welt da draußen? Stellten Glasflaschen eine Art Schutzgeister gegen die Übel der äußeren Welt dar? Vielleicht half es von einem psychologischen Standpunkt aus, die Welt durch braunes Glas oder die Blätter einer Yuccapalme zu sehen.
    Cooper war enorm neugierig, was in den Köpfen anderer Menschen vor sich ging; ihn interessierten die

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