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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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sogar, durch Withens zu fahren, weil er sonst an der Stelle vorbeimüsste, wo er Jake angefahren hat. Ich denke, dass Mr Dearden von Schuldgefühlen zerfressen ist. Allerdings würde er das Ihnen gegenüber nie zugeben.«
    »Wahrscheinlich haben Sie Recht damit«, erwiderte Oxley.
    Cooper musste grinsen. Ihm war der Gedanke gekommen, dass er nach dem Vorfall vom Mittwochabend im Hof der Oxleys selbst eine Zeit lang unter der Vorstellung leiden könnte, die Dunkelheit wäre voller Oxleys.
    »Schauen Sie sich das mal an«, sagte Lucas und deutete auf ein paar schwarze Aktenboxen, die auf einem Tisch standen. »Die Briefe da drin sind teilweise schon Jahre alt. Jahre, die zu nichts geführt haben. Jahre, in denen uns keiner zugehört hat. Wir passen nicht in ihre Computersysteme, und so wissen sie nicht, was sie mit uns tun sollen, außer uns auseinander zu reißen. Lesen Sie das ruhig mal – ständig wiederholen sie dieselben Phrasen, die nichts bedeuten. Was immer wir dagegen auch vorbringen mögen, wir rennen nur gegen eine Mauer an. Das Räderwerk der Bürokratie läuft einfach weiter, und eines Tages wird es uns zermalmen.«

    Cooper nahm einige der Briefe heraus.
    »Wussten Sie«, sagte er schließlich, »dass hier auch ein Räumungsbescheid darunter ist?«
    Lucas zuckte die Schultern. »Das ist nicht der erste.«
    »Ihnen ist klar, dass Ihre Familie Gefahr läuft, die Waterloo Terrace zwangsräumen zu müssen, wenn niemand etwas dagegen unternimmt?«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Haben Sie mit jemandem darüber gesprochen? Haben Sie sich fachkundigen Rat geholt?«
    »Es gibt niemanden, dem wir trauen können.«
    »Aber irgendjemanden muss es doch geben.«
    »Jeder, mit dem wir bisher zu tun hatten, hat uns enttäuscht oder uns glatt angelogen. Jetzt ist es zu spät. Aber wir geben nicht so leicht nach. Wir sind bereit für den Kampf.«
    »Das wird Ihnen nichts nützen, Mr Oxley.«
    »Doch. Unseren Stolz können sie uns nämlich nicht nehmen.«
    Verzweifelt wandte Cooper sich an den alten Mann, an Eric Oxley. Er war derjenige, der ihm merkwürdigerweise noch am vernünftigsten von der Familie erschien. Eric erinnerte ihn an einen Border Collie, der auf der Bridge End Farm gelebt hatte, als er und sein Bruder Matt noch Kinder gewesen waren. Der Collie hatte Sam geheißen und war als übermütiger Welpe zu ihnen gekommen. Später war aus dem Hund ein keuchender alter Herr mit grauer Schnauze geworden, dem die Sonnenhitze schwer zusetzte und der seine Tage damit verbrachte, sich endlos um die eigene Achse zu drehen, bis er einen bequemen Platz zum Schlafen gefunden hatte. Eric kam ihm vor wie dieser alte Collie, grau und müde und eigentlich nur noch an einem Plätzchen zum Ausruhen interessiert. Und dennoch blitzte ab und an etwas von dem starken jungen Mann durch, der er einst gewesen war, als existierte er noch immer irgendwo in dessen Schatten.

    Außerdem musste er bei Eric an seinen Großonkel denken, den er als Kind gekannt hatte und von dem er fasziniert gewesen war. Er konnte sich noch deutlich an den Geruch der Kleidung seines Großonkels erinnern, und auch, wie seine Hosen sich anfühlten, wenn er den Stoff befingerte und schüchtern sein Gesicht an dessen Bein drückte. Als kleiner Junge hatte er seinen Großonkel geliebt. Aber er war leider gestorben, als Ben sieben oder acht Jahre alt gewesen war.
    Und dann war da noch Lucas Oxley, der ganz und gar nicht wie sein Vater war. Nicht im Geringsten.
    »Wir halten nicht viel von Ihnen als Polizist«, sagte Lucas in dem Moment. »Aber Sie sind immer noch besser als viele der anderen Kreaturen, mit denen wir uns herumschlagen müssen. Wenn es nicht anders geht, müssen eben Sie herhalten.«
    »Danke«, sagte Cooper.
    Eric bewegte sich auf seinem Sessel. »Aber Sie sollten lieber woanders suchen, als Leute wie uns zu belästigen.«
    »Wie meinen Sie das, Sir?«
    »Suchen Sie die Fremden.«
    »Welche Fremden?«
    »Sie wollten doch wissen, was an dem Freitagabend los war, bevor Neil umkam, oder?«
    »Ja, natürlich.«
    »Na also, dann suchen Sie die Fremden. Es waren Fremde im Pub an dem Abend.«
    »Was für Fremde?«
    »Das müssen Sie schon selbst herausfinden.«
    Ryan war ins Zimmer getreten. Cooper sah sofort, dass er nervös war. Aber der Junge suchte den Blick seines Vaters und seines Großvaters, und ihre Gegenwart schien ihm Sicherheit zu geben.
    Cooper wusste aus den Akten, dass Ryan am 26. Juni geboren worden war, kurz nach der Wahl von 1987, als Margaret

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