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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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war.
    Ein dumpfer Schlag erschütterte die Kirche, als Scott Oxley die Tür zuknallte. Staub wirbelte von den Fenstersimsen auf. Aber das Glasbild des heiligen St. Asaph hielt stand. Es war noch nicht so weit. Noch nicht.

5
    S arah Renshaw sah aus, als hätte sie sich an diesem Morgen nicht gekämmt. Ihre Dauerwelle war schon einige Wochen alt, und die Löckchen standen, wie bei einer aufgeplatzten Matratze, in alle Richtungen ab. Ihr karierter Rock war voller Hundehaare, und an den Rändern ihrer Schuhsohlen klebte getrockneter Schlamm.
    Zudem glänzten ihre Augen, und ihr Gesicht war von einer unnatürlichen Röte überzogen. Bei einer jüngeren Frau hätte Diane Fry Alkohol oder anderen Drogenmissbrauch vermutet. Aber bei einer Frau in Mrs Renshaws Alter galt ihr erster Gedanke dem Klimakterium. Hitzewallungen und irrationales Benehmen waren die Spezialitäten dieser Jahre.
    Fry zuckte innerlich zusammen, wie immer, wenn ihr in einem jener seltenen Momente die eigene Zukunft ihre unfreundliche Fratze entgegenstreckte und sie spöttisch ansah.
    Gavin Murfin hatte auf der Treppe fortwährend auf die Renshaws eingeredet, während er sie nach oben begleitete. Und die gesamte Länge des Korridors über hatte Fry ihn seine Witze darüber machen hören, wie schwierig es heutzutage sei, gute Kriminalbeamte zu bekommen. Beim Näherkommen hörte sie Murfin sagen, dass er nach zwölf Jahren Dienst bei der Kripo als Belohnung wieder Streife schieben dürfe, weil man maximal zwölf Jahre als Detective Constable arbeiten könne.
    »Natürlich heißt man heutzutage nicht mehr Streifenpolizist«, fügte er hinzu. »Heute heißt man ›Kontaktbereichsbeamter‹. Kommt wahrscheinlich daher, weil alle stöhnen: ›Mann, bitte, keinen Kontakt mit dem.‹«
    Murfin hatte die Renshaws in das Büro geschoben und über
ihre Köpfe hinweg eine Grimasse in Richtung Fry geschnitten. Sie begriff, weshalb er das Schweigen mit so vielen Worten gefüllt hatte. Alles nur, damit die Renshaws ihm kein Gespräch aufdrängen konnten. Sarah und Howard Renshaw konnten es kaum erwarten, endlich über ihre Tochter zu sprechen. Es war surreal, dass sie in der Gegenwartsform von ihr sprachen, was mit Frys Meinung zu dem Fall kollidierte, die zusehends deutlichere Formen annahm.
    »Emma hatte uns am Tag zuvor angerufen, um uns zu sagen, dass sie Donnerstagnachmittag heimkommen würde«, erzählte Mrs Renshaw. »Man kann sich immer darauf verlassen, dass sie anruft.«
    »Ja.«
    »Aber dann ist sie nicht gekommen. Wir dachten, sie hat es sich anders überlegt oder in Birmingham ist etwas dazwischengekommen. Auf ihrem Handy konnten wir sie aber nicht erreichen, weil es ausgeschaltet war. Deshalb haben wir in dem Haus angerufen, in dem sie während des Semesters wohnt, und ihre Mitbewohnerin hat uns gesagt, dass sie über Ostern nach Hause gefahren sei. Aber sie ist nicht nach Hause gefahren. Sie ist nie angekommen.«
    »Nein.«
    »Also riefen wir bei der Polizei in Birmingham an, aber die zeigten keinerlei Interesse«, sagte Mrs Renshaw.
    »Es war die Polizeidienststelle in Smethwick«, erklärte ihr Mann.
    Howard Renshaw war groß und gut gepolstert wie ein Geschäftsmann, der oft üppige Mahlzeiten aß. Doch für einen Geschäftsmann trug er die Haare zu lang.Wenigstens versuchte er nicht, die kahle Stelle auf seinem Hinterkopf zu verbergen, indem er die Haare darüber kämmte. Er wirkte auf jeden Fall gepflegter als seine Frau, als achtete er mehr auf sein Äußeres. Aber den Auftritt überließ er Sarah, denn er hatte seinen Stuhl ein Stück hinter den ihren geschoben.

    »Auf jeden Fall hatten sie kein Interesse«, fuhr Sarah unbeirrt fort. »Sie sagten, Emma ist erwachsen und kann tun und lassen, was sie will. Bis wir keinen Beweis für ein Verbrechen hätten, könnten sie nichts unternehmen.«
    »Ganz so stimmt das nicht, denke ich«, warf Fry ein. »Ihre Tochter war noch keine einundzwanzig, und unter diesen Umständen werden immer Nachforschungen angestellt.«
    Mrs Renshaw schüttelte kurz den Kopf, als belästigte sie eine kleine Fliege. »Also fuhren wir selbst zu diesem Haus in Bearwood, in der Darlaston Road Nummer 360B.Wir mussten den Hauswirt bitten, uns Emmas Zimmer zu öffnen, weil jeder Mieter seinen eigenen Schlüssel hat. Eine von Emmas Taschen fehlte. Sie muss auch ein paar Kleidungsstücke eingepackt haben.«
    »Was war mit ihren persönlichen Gegenständen? Geldbörse? Autoschlüssel?«
    »Sie besitzt ein paar Umhängetaschen und

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