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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Fernglas auf das Wasser. Das heißt, von dem Wasser sah er kaum etwas, denn der Teich war zur Hälfte mit großen, flachen Gegenständen gefüllt. Es schien sich um rechteckige Holzbretter in verschiedenen Größen zu handeln, die auf der Oberfläche trieben, aber an Bäumen am Ufer festgebunden waren. Cooper konnte hin und wieder ein Stück blaues Nylonseil erkennen, das aus dem Wasser ragte oder darin verschwand. Die Bretter sahen aus, als lägen sie schon eine Weile dort. Sie waren mit Entengrütze überzogen, und grüner Schimmel wuchs in unregelmäßigen Flecken auf den Planken. Cooper konnte nicht erkennen, welchem Zweck die Bretter dienten. Sie sahen auch nicht nach Speermüll aus, dessen man sich illegal entledigt hatte.
    »Das ist aber merkwürdig«, sagte er.
    Aber Udall zuckte nur die Schultern. »Tja, das ist eben Withens«, erklärte sie.

    Das erste Gebäude, das sich ihnen am Straßenrand in Withens präsentierte, war bereits seit langem eine Ruine. Die Mauern waren eingestürzt und die Balken verkohlt, als hätte es hier vor langer Zeit heftig gebrannt. Vielleicht mehrmals sogar. Jetzt wuchs Gras auf den Steinen. Nicht einmal mehr zu einem Ferienhaus würde es taugen. Neben der Ruine lag eine umgestürzte Eiche, dick mit Moos bewachsen, das die tote Rinde wie ein blassgrünes Leichentuch umhüllte. An der Stelle, wo der Hauptast des Baumes auf den Boden gefallen war, löste sich das verrottende Holz langsam im Erdreich auf.
    Daneben stand ein ausgebrannter Wagen, ungefähr von der Größe eines Ford Fiesta, auf dem Rasensaum. Die Reifen fehlten, die Scheiben waren eingeschlagen und die Farbe bis auf das Metall verschmort. Aber die Entsorgung von Autowracks war das Problem des Gemeinderats.
    Das Dorf selbst bestand aus ein paar verstreut liegenden Steinhäusern, einem Pub, einer Kirche, einer Telefonzelle und ein paar heruntergekommenen Bauernhöfen. Die Höfe der Farmen öffneten sich noch direkt auf die Hauptstraße, so wie es früher in den meisten Dörfern des Peak District der Fall gewesen war, bis die Nachfrage nach Wohnraum die Grundstückspreise in die Höhe getrieben hatte. Die Farmer hatten die Dörfer verlassen, die um ihren Hof herum gewachsen waren. Die alten Gehöfte und Meiereien waren abgerissen und durch komfortable Wohnhäuser in attraktiver ländlicher Umgebung ersetzt worden.
    In Withens war nichts dergleichen geschehen. Vielleicht war keinem das Dorf attraktiv genug erschienen. Wenn die Höfe hier dichtmachten – was ihrem Zustand nach zu schließen mehr als wahrscheinlich war -, würden die Scheunen und Meiereien noch Jahrzehnte vor sich hin rotten, ehe die Nachfrage nach neuem Wohnraum auch Withens erreichte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedeutete der Fortbestand der Farmen nur, dass die Hauptstraße dick mit Schlamm bedeckt war, der
von Traktorenreifen herabgefallen und unter den Hufen darüber trampelnder Rinder festgetreten worden war.
    Die Luftschächte auf dem gegenüberliegenden Berg sahen aus der Ferne aus wie die aus dem ZweitenWeltkrieg bekannten Geschützstände, die so genannten »pill boxes«. Niedrig und rund sollten sie allen Angriffen standhalten. Hier wohl eher allen meteorologischen Widrigkeiten, die Jahrhunderte von Dark-Peak-Wintern für sie bereithalten mochten, als dem Beschuss der deutschen Marine.
    Gleich hinter dem Dorfpub namens The Quiet Sheperd hatte man einen Parkplatz und eine Picknickecke angelegt. An der Einfahrt zum Parkplatz befand sich eine Bushaltestelle. Als Cooper seinen Toyota neben Udalls Streifenwagen, einen Vauxhall Astra, stellte, bog von der Straße ein kleiner, rot-weißblauer Bus der Verkehrsbetriebe von Yorkshire ein. An der Längsseite des Busses ließ eine lokale Anwaltskanzlei Reklame für sich fahren. Nachdem der Bus eine Runde auf dem Parkplatz gedreht hatte, fuhr er wieder hinaus. Er hatte keine Fahrgäste an Bord, und an der Haltestelle warteten auch keine.
    »Im Moment hängen hier keine verwahrlosten Kids herum«, meinte Cooper.
    »Machen Sie Witze?«, sagte Udall. »An einem Samstag? Es ist doch noch viel zu früh. Kommen Sie am Abend wieder, dann sieht es anders aus.«
    »Sie haben selbst zwei Kinder, Tracy, richtig?«
    »Einen Jungen und ein Mädchen. Aber die haben sich abends gefälligst daheim in ihrem Zimmer aufzuhalten, bei ihrer Play-Station, statt sich auf der Straße herumzutreiben.«
    »Oder sie sollten Schularbeiten machen.«
    »Na ja … bis zum Nobelpreis müssen sie es nicht unbedingt bringen.«
    In dem

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