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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Moment bemerkte Cooper etwas, das er hier nicht erwartet hatte. Von der Dorfmitte aus, in Richtung Nordosten, war ein Windenergiepark zu sehen. Drei Reihen schlanker, wei
ßer Turbinen erhoben sich auf einem frei stehenden Gipfel, wo sie am besten den Wind der Pennines einfangen konnten. Die langen Tragflächen drehten sich langsam im Wind, und die Schneiden glänzten, wenn die Sonne durch eine Lücke in den Wolken brach. Die Windräder sahen aus wie die Vorhut einer Armee des einundzwanzigsten Jahrhunderts, die über die Berge auf Withens zumarschiert kam.
     
    Philip Granger schlängelte sich mit dem Motorrad zwischen den Fahrzeugreihen hindurch, die auf der A628 in Tintwistle langsam vorwärts krochen. Die Kolonne staute sich bis zur Abzweigung nach Hadfield zurück, und allmählich breitete sich Frust unter den Fahrern aus. Drei lange, schwarze Limousinen, die zur Hälfte auf dem Gehweg vor der Kirche geparkt waren und auf eine Hochzeitsgesellschaft zu warten schienen, blockierten die Straße noch zusätzlich.
    Weiter vorne in Richtung Autobahn würde es noch schlimmer zugehen. Lastwagen würden die Ampeln an der A57 verstopfen, und durch Hollingworth und Mottram würde der Verkehr ganz zum Erliegen kommen. So war es immer. Und so würde es immer sein, bis jemand endlich eine Umgehungsstraße baute. Neils Rede seit ewigen Zeiten.
    Philip entdeckte eine Lücke zwischen zwei Wagen, gerade breit genug, dass er hinauf auf den Bordstein kam und mit dem Motorrad auf dem Bürgersteig bis vor das Haus seines Bruders fahren konnte. Er ließ den Motor kurz aufheulen, ehe er ihn ausschaltete, den Ständer herausklappte und die Maschine an die Backsteinmauer lehnte. Die alte Triumph war liebevoll wieder hergerichtet worden, wenn auch nicht von ihm, und ihr Motor gab ein sattes, tiefes Dröhnen von sich. Leute, die ihn kannten, zweifelten nicht daran, dass Philip es zu was gebracht hatte.
    Er warf einen Blick zurück auf die Autofahrer, die immer noch auf der Straße festsaßen. Er ließ sich Zeit, den Helm abzunehmen, den er in einer Plastikbox über dem Hinterrad
der Maschine sicher verstaute, ehe er eine Kette durch die Speichen des Vorderrads zog. In der Gegend konnte man nicht vorsichtig genug sein.
    Normalerweise hätte Neil das Geräusch der Triumph schon lange gehört und für seinen älteren Bruder die Vordertür entriegelt, damit er ins Haus konnte. Aber als Philip den kurzen Weg zurückgelegt hatte, musste er feststellen, dass die Tür noch verschlossen war. Er betätigte ein paarmal den Türklopfer, erhielt aber keine Antwort. Er klopfte erneut, wartete eine Minute und lief den Weg zurück, um zum Schlafzimmerfenster zu gehen, dessen Vorhänge noch zugezogen waren.
    Philip warf einen raschen Blick auf die Fenster der Häuser rechts und links. Die Nachbarin zur Rechten beobachtete ihn hinter ihren Vorhängen. Sie mochte weder ihn noch sein Motorrad. Aber laut Neil mochte sie niemanden besonders gern. Autos und Autofahrer hasste sie sogar noch mehr als Motorradfahrer.
    Philip winkte der Frau zu, deutete auf das Schlafzimmer seines Bruders, zuckte die Schultern und grinste. Ohne zu lächeln, erwiderte sie starr seinen Blick.
    Er kramte in den Taschen seiner Lederkluft nach den Schlüsseln. Neil hatte ihm einen Hausschlüssel gegeben, als er ihm beim Umzug von Withens nach Tintwistle geholfen hatte. Die Haustür ließ sich mit demYaleschlüssel sofort öffnen, was hieß, dass sie nicht von innen verriegelt gewesen war. Philip konnte sich nicht erinnern, ob Neil den Riegel vorschob, wenn er zu Hause war.
    In der Diele stehend, die Haustür noch geöffnet, rief Philip die Treppe hinauf.
    »Neil! Ich bin’s!«
    Er wartete einen Moment.
    »Neil! Bist du wach?«
    Keine Antwort. Philip polterte mit seinen klobigen Motorradstiefeln die Treppe hinauf. Die Wände in dieser Häuserreihe
waren nicht sonderlich dick, und die Frau nebenan wartete bestimmt schon draußen, um sich über den Krach zu beschweren. Aber das war ihm egal.
    Er sah auf den ersten Blick, dass das Schlafzimmer leer war, obwohl jemand das Bett benutzt hatte. Er schaute auch in die anderen Zimmer und kehrte nach unten zurück, wo er sicherheitshalber ebenfalls alle Türen öffnete und wieder schloss. Zuletzt ging er in den kleinen Garten hinaus und sah auch noch auf dem Grundstück hinter den Häusern nach, wo normalerweise Neils Wagen stand. Der VW war nicht da.
    Philip warf einen Blick auf das Haus nebenan und bemerkte, dass die Nachbarin ihn immer noch

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