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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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ja?«
    »Ja. Ach, die waren nichts Besonderes, aber das Einzige von Wert, das wir hier in St. Asaph haben. Einer der Kirchengründer hat sie der Gemeinde geschenkt. So um 1850 herum.«
    »Es ist durchaus möglich, dass wir sie wiederbeschaffen können.«
    »Sehr freundlich von Ihnen, dass Sie mir Hoffnung machen.«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Falls es sich herausstellen sollte, dass es tatsächlich die jungen Oxleys waren, dann hoffe ich, dass man eine Möglichkeit findet, ihr völliges Abgleiten in die Kriminalität zu verhindern, ehe es zu spät ist. Die Jungs werden langsam älter. Scott ist schon fast erwachsen, auch einer seiner Cousins. Glen, glaube ich, heißt er. Sie sind kein gutes Beispiel für die Jüngeren. Früher oder später passiert was Schlimmeres, und dann kommt ein Unschuldiger zu Schaden. Ich möchte nicht, dass so etwas geschieht.«

    »Ich verstehe.«
    Coopers Blick fiel wieder auf das dicht wuchernde Gestrüpp auf dem Friedhof. Rechts und links des Ausgangs sollten Blumenbeete die Kirchenmauern säumen, stattdessen verschwand dieser Streifen unter mehrjährigen Bäumen und Klumpen von Labkraut. Die Brombeersträucher, die sich an der Sakristei emporrankten, würden später im Jahr eine gute Ernte liefern. Und dabei war es noch nicht einmal Anfang Mai. Bei dieser Geschwindigkeit wäre die Kirche bis Juli völlig zugewachsen und im Gestrüpp verschwunden.
    Alton folgte seinem Blick und stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Wollten Sie gerade etwas von verlorener Liebesmüh sagen?«, fragte er.
    »So etwas in der Art«, sagte Cooper. »Oder wie heißt es in dem Kirchenlied: ›Kämpfe den gerechten Kampf mit all deiner Kraft?‹«
    Alton intonierte: »›Halte es fest, das Leben, und es wird dir sein Freude und Krone für immer.‹« Dabei schwang er munter die Sense, und Cooper trat sicherheitshalber einen Schritt zurück. Nicht eine Sekunde zu spät. Denn Alton köpfte gerade ein Büschel Löwenzahn, dessen gelbe Blütenblätter wie winzige Splitter aus Frühlingssonne vor Coopers Füßen landeten.
    Der Pfarrer schien die Blütenblätter ebenfalls zu bemerken. »Kämpfe den gerechten Kampf«, sagte er. »Die Dunkelheit und das Licht .«
     
     
    Police Constable Udall machte sich auf den Weg zur Dienststelle, um nachzusehen, ob die Verdächtigen zur Vernehmung bereit waren. Unterdessen versuchte Ben Cooper die Waterloo Terrace ausfindig zu machen, wo die Oxleys wohnten.
    Viele Möglichkeiten gab es nicht. Außer der Kirche, dem Pub und den Farmen hatte das Dorf nur noch ein paar Einfamilienhäuser und ein halbmondförmiges, von Bungalows gesäumtes
Sträßchen zu bieten. Aber auf der anderen Seite des Parkplatzes, unterhalb der Straße, konnte Cooper eine Reihe Dächer und eine Ansammlung gemauerter Schornsteinköpfe ausmachen, die hinter einem dichten Schirm aus Bergahorn und Kastanienbäumen hervorlugten. Langsam setzte er sich in diese Richtung in Bewegung. Er wollte nur mal einen Blick darauf zu werfen.
    Ohne Jugendliche, die Krawall machten, war es gespenstisch ruhig in Withens. Kein Auto fuhr auf der Straße, die durch das Dorf führte, das ringsum von den schwarzen Hügeln aus Torfmoor vor dem Lärm der A628 geschützt war. Cooper hörte überhaupt nur zwei Geräusche. Das eine war der grelle Missklang eines Schwarms krächzender Krähen, die irgendwo unterhalb der Straße auf den Bäumen hockten. Das andere war das ebenso grelle, aber viel höhere Kreischen einer Kettensäge.
    Um zu den Häusern zu gelangen, die er gesehen hatte, musste Cooper an der Einfahrt zu einem der Gehöfte vorbei. Am Tor blieb er stehen und blickte auf eine Ansammlung von Gebäuden. Direkt daneben befand sich eine alte, steinerne Scheune mit schmalen, unverglasten Fenstern wie Schießscharten. Die Häuser, die weiter weg von der Straße lagen, waren jüngeren Datums. Auf der freien Fläche dazwischen war ein Traktor abgestellt. Wie durch einen Tunnel aus Gebäuden fiel Coopers Blick auf die von Heidekraut bewachsenen Hänge in der Ferne. Eine spektakuläre Aussicht. Die dunkle Masse des Bleaklow lag genau auf der anderen Seite des Tales.
    Cooper ging ein paar Meter weiter und hielt sich dabei auf dem Rasensaum, da es keinen Gehweg gab und der Straßenbelag am Rand abgebröckelt war. Das von den Bergen herabfließende Wasser hatte haufenweise kleine Steine an den Straßenrand geschwemmt. Hier und da lagen schwarze Plastikfetzen auf der Grasnarbe, zerrissene Silagesäcke, die sich wie glänzende Ölteppiche

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