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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Zwischen zwei Versuchen hielt Alton inne und starrte mürrisch auf die Pflanzen.
    »Ich glaube, Sie müssen Ihre Sense mal schärfen«, sagte Cooper.
    Alton blickte auf und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Ja, ich weiß. Aber ich kann den Schleifstein nicht finden.«
    »Glauben Sie nicht, dass die Arbeit mit einer anständigen Heckenschere leichter zu erledigen wäre? Sie könnten sich ja eine mit Viertaktmotor ausleihen, damit Sie keine Verlängerungsschnur hinter sich herziehen müssen.«
    Alton blickte zweifelnd auf seine Sense und dann auf seine Füße. Cooper bemerkte den klaffenden Schnitt in der Zehenkappe eines der Gummistiefel des Pfarrers. Vielleicht war eine motorgetriebene Heckenschere doch keine so gute Idee. Nicht, wenn er sich schon mit einer stumpfen Sense die Zehen absäbelte.
    Die Kirche war klein und aus Stein erbaut. Aber es war ein dunkler Stein, beinahe schwarz, und nicht der goldfarbene Sandstein oder der fast weiße Kalkstein, den man in anderen
Gegenden verwendete. Vielleicht war er nicht immer so dunkel gewesen, sondern von dem Ruß der Dampflokomotiven geschwärzt worden, die früher auf den Bahnlinien unten im Tal verkehrten.
    Police Constable Udall machte sich auf den Weg zur Sakristei, in der laut Reverend Altons Anruf eingebrochen worden war.
    »Sind Sie an der Reihe, den Friedhof sauber zu halten, Mr Alton? Turnusmäßig, meine ich«, fragte Cooper.
    »Welcher Turnus?«, erwiderte Alton lachend. » Ich bin der Turnus.«
    »Ach ja?«
    »Andere Kirchengemeinden haben vielleicht einen Turnus. In meiner anderen Pfarrei, in All Saints in Heybridge, ist genau geregelt, wer sich um den Friedhof kümmert. Die Gräber sind gepflegt, und die Gemeindemitglieder erwarten vom Pfarrer nicht, dass er auch nur einen Finger rührt, geschweige denn eine Sense schwingt. Aber hier in Withens... Ich schätze, die Leute haben hier einfach zu viel zu tun.«
    »Wer sind denn die hiesigen Kirchenvorsteher?«
    »Michael Dearden und Marion Oxley.«
    »Von den Oxleys habe ich schon gehört.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Aber wer ist Mr Dearden?«
    »Der wohnt in Shepley Head Lodge. Liegt etwas außerhalb des Dorfs, in die Richtung.«
    »Aha.«
    »Das sind zwei brave, anständige Menschen. Nur haben die selbst genügend am Hals.«
    »Natürlich.«
    »Und jedes Jahr im Frühjahr haben wir hier dasselbe Problem, kaum dass die Sonne mal richtig scheint.«
    Cooper besah sich das Gestrüpp. Irgendwo darunter lagen Grabsteine verborgen, aber man musste schon genau hinsehen.
Matten aus dicken, kräftigen Grashalmen hatten sich überall auf dem Friedhof ausgebreitet, und Dornensträucher und Efeu rankten sich an den Grabsteinen empor, so dass die wenigsten Inschriften noch zu entziffern waren. Dort, wo er jetzt stand, war einmal ein mit Platten belegter Weg verlaufen. Aber Gras und Löwenzahn hatten sich durch die Ritzen gezwängt und die Platten überwuchert. Die erwachende Natur war außer Kontrolle geraten und rückte der Kirche immer näher.
    »Dann haben Sie also keine Hilfe?«, fragte Cooper.
    »Doch, ein junger Mann namens Neil Granger will mir helfen. Zumindest hat er das gesagt. Er sagte, er hätte auch eines von diesen Geräten, die Sie erwähnten, eine Heckenschere und noch anderes Werkzeug. Aber er ist heute nicht gekommen. Wahrscheinlich konnte er sich doch nicht freimachen.« Alton seufzte. »Normalerweise ist er ein sehr verlässlicher junger Mann, aber was soll man machen. So ist das nun mal heutzutage auf dieser Welt. Die jungen Leute denken sich nichts dabei, andere zu enttäuschen.«
    »Ich bin nicht ganz Ihrer Ansicht«, antwortete Cooper.
    Alton sah ihn erstaunt an und lächelte. »Mein Gott, ein Polizist ohne die übliche zynische Einstellung. Ich muss unbedingt den Kuratoren des Heimatmuseums in Glossop von Ihnen erzählen. Vielleicht will man Sie dort für die Nachwelt konservieren.«
    »Junge Leute haben immer einen schlechten Ruf. Aber ich denke nicht, dass sie schlimmer sind als früher. Wir sollten uns mehr engagieren und mehr Interesse für sie zeigen, statt sie von vorneherein abzuschreiben.«
    »Sie beschämen mich«, erwiderte Alton. »Es sollte eigentlich meine seelsorgerische Pflicht sein, die jungen Leute in meiner Gemeinde zu fördern, wo ich kann, statt sie schlecht zu machen. Ich werde mein Bestes tun, um Ihrer Haltung nachzueifern.«
    Wenn das ein anderer gesagt hätte, hätte Cooper das Gefühl
gehabt, durch den Kakao gezogen zu werden. Diane Fry, zum Beispiel.

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