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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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ausbreiteten.

    In Withens schien das Wasser zu fließen, wohin es wollte. In diesem Moment lief es direkt durch die Einfahrt zur Waterloo Terrace. Da die Häuserreihe unterhalb der Straße lag, strömte das Wasser in großen Bächen den Hügel hinab. Und das schon seit längerem, zumindest den tiefen Löchern nach zu schlie ßen, die den Weg, der zu den Häusern führte, fast unpassierbar machten. Cooper musste über breite schlammige Pfützen steigen, um sich auf trockenen Boden zu retten.
    Die breite Einfahrt war rechts und links von Torpfosten gesäumt, aber das Tor selbst fehlte. Daneben waren Leitungsrohre aus Keramik zu geometrischen Formen aufgestapelt. Vielleicht beabsichtigte man, eines Tages doch eine anständige Entwässerungsanlage zu bauen. An die Torpfosten waren verkehrt herum Hufeisen genagelt, entweder, um Glück zu bringen, oder aber, um den Teufel fern zu halten – je nachdem, woran man glaubte.
    Die Waterloo Terrace hatte nichts an sich, das dem romantischen Bild einer Reihe von Feriencottages im Peak District entsprochen hätte. Keine Stabwerkfenster, keine rosenbewachsenen Vorgärten, kein Geißblatt, das die Mauern emporwuchs. Die acht Häuser waren aus schwarzem Backstein erbaut, der stark verwittert war und an den Kanten bereits zu bröckeln begann. Zwischen jeweils zwei Häusern konnte Cooper die gemauerte Wölbung eines engen Durchgangs erkennen, der auf die Rückseite der Häuserreihe führte. Die tunnelartigen Gänge zogen sich wahrscheinlich unter den Schlafzimmern im ersten Stock durch.
    Cooper versuchte, in einen der Durchgänge hineinzuschauen, aber es war zu dunkel. Der Gang schien am Ende einen scharfen Knick zu machen und führte vielleicht zu einem Garten hinter dem Haus. Außer einer kahlen Wand war nicht viel zu sehen. Die Erbauer hatten offenbar nicht daran gedacht, eine Beleuchtung zu installieren.
    Plötzlich ertönte über den Dächern ein Knall, der sich fast
wie ein Gewehrschuss anhörte. Aber es waren nur zwei Ringeltauben, die sich mit laut schlagenden Flügeln aufschwangen und eine Runde über den Häusern drehten.
    Die Häuserreihe der Waterloo Terrace erschien Cooper wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung, in der alle Gebäude im traditionellen Stil und aus lokalem Gestein errichtet waren. In den Bergen ringsum gab es so viel Sandstein, dass man sich kaum vorstellen konnte, weshalb jemand auf die Idee kommen sollte, stattdessen mit Backstein zu bauen. Noch dazu mit schwarzem.
    Vor den Häusern lag eine freie Fläche, eine Art Gemüsegarten, den man offenbar jedoch bald wieder aufgegeben hatte. Dort, wo die Erde umgegraben worden war, hatte sich ungestört Unkraut ausgebreitet. Unter einer Schicht Disteln und Gras fristeten ein paar jämmerliche Kohlköpfe ihr Dasein. Cooper wunderte das nicht. Withens war ein Ort, an dem der Wind stark genug war, um selbst Kohlköpfe aus der Erde zu fegen. Und das nicht nur im Winter.
    Lediglich in einer Ecke des Gartens war man dem Unkraut offensichtlich Herr geworden, indem man eine schwarze Plastikplane über die Erde gebreitet und an den Rändern mit Steinen und allen möglichen bräunlichen Metallstücken beschwert hatte. Die rostigen Teile sahen aus, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich für einen nützlichen Zweck verwendet zu werden. An einigen Stellen war die Plane zerrissen, und schwarze Streifen flatterten im Wind. Die Erdschicht darunter war bestimmt warm und frei von Unkraut, dafür voller Würmer und Insekten. Aber ob dort tatsächlich etwas wuchs?
    Auf der anderen Seite des Wegs stand eine Reihe gemauerter kleiner Abtritte mit hellblauen Türen, deren teilweise eingesunkene Steindächer mit Gras und Moos bewachsen waren. Wie im Anstrich deutlich erkennbar, waren die eisernen Türangeln offenbar mehrmals ausgetauscht worden. Jetzt hatte
man die alten Häuschen mit Vorhängeschlössern verriegelt. Benutzt wurden sie schon lange nicht mehr.
    Cooper ging ein Stück weiter den Weg entlang, der sich unter seinen Füßen glatt und sandig anfühlte. Das zur Straße hinunterfließende Wasser hatte jeden Belag weggeschwemmt und eine breite Furche zwischen die schmutzbespritzten Grasbüschel rechts und links gegraben. An einigen Stellen hatten sich Spurrillen eines schweren Gefährts in den verbliebenen sandigen Belag gedrückt und darunter liegende Schichten zu Tage befördert. Unter anderem auch zerbrochene schwarze Ziegel, wahrscheinlich die Überreste vom Bau der Waterloo Terrace, vielleicht aber auch die anderer

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