Die einsamen Toten
Dreiviertelstunde.«
»Brillant.«
Cooper bemerkte, dass sich ein paar Köpfe zu ihm umdrehten.
»Aber Fakt ist, dass die Nachbarn nicht gehört haben, wie Granger wieder aus dem Haus ging«, fuhr Hitchens fort. »Sie scheinen sich da ganz sicher zu sein. Sie behaupten, sie würden das Geräusch, wenn seine Tür zufällt und sein Motor angelassen wird, normalerweise sofort erkennen. Ich denke, sie haben Recht. Die Geräusche wären ihnen später in der Nacht, als es ruhiger war, sicher nicht entgangen. Aber ihr Schlafzimmer liegt nach vorne heraus, und Granger hat seinen Wagen auf einem Grundstück hinter dem Haus abgestellt.«
»Dann hat Granger das Haus also noch mal verlassen, nachdem die Nachbarn ins Bett gegangen waren.«
»Und jetzt wollen Sie sicher wissen, wann das war«, sagte Hitchens. »Man könnte glauben, dass diese Leute früh zu Bett gehen, weil sie nicht mehr die Jüngsten sind. Aber die Nachbarn haben sich noch einen Spätfilm im Fernsehen angesehen.«
» Schindlers Liste «, sagte Cooper prompt.
»Und woher wissen Sie das jetzt schon wieder, Ben?«
»Ich habe mir den Film auch angesehen. Er war um halb zwei zu Ende.«
Plötzlich war Cooper von einem merkwürdigen Schweigen umgeben. Keiner der Polizisten sagte ein Wort. Sogar Gavin Murfin schien mit seiner Körpersprache ausdrücken zu wollen, dass er mit dem Mann neben sich nichts zu tun hatte. Cooper war klar, dass er hinterher im Büro der Kripo wahrscheinlich gnadenlos verspottet werden würde. Wochenlang würde er von seinen Kollegen nur noch Sherlock genannt werden. Aber er hatte einfach nie gelernt, wann er den Mund zu halten hatte.
Inspector Hitchens musterte ihn beinahe mitleidig. Mr Kessen hatte plötzlich einen glasigen Blick, dem des armen, alten Lucius Verrus nicht unähnlich, der vor ihm auf dem Tisch stand.
»Sehr gut, Cooper«, sagte Hitchens. »Dann können wir davon ausgehen, dass Neil Granger irgendwann zwischen ein Uhr
dreißig nachts und dem Zeitpunkt seines Todes im Withens Moor später an diesem Morgen das Haus verließ. Leider können wir den Zeitpunkt nicht genau bestimmen, wann er getötet wurde. Besser gesagt, Mrs Van Doon kann es nicht.«
Ein weiterer Beamter fühlte sich zu Spekulationen herausgefordert. »Grangers VW war in einer Parkbucht an der A628 abgestellt. Vielleicht ist der Wagen jemandem aufgefallen.«
»Wir haben schon ein Team auf die LKW-Fahrer angesetzt, die in den frühen Morgenstunden auf dieser Strecke unterwegs waren«, erklärte Hitchens. »Ein paar Meilen weiter unten auf der Straße gibt es ein Fernfahrerlokal, das die ganze Nacht offen hat. Wir hoffen, dass uns der Besitzer vielleicht ein paar seiner Stammgäste nennen kann, die um diese Zeit dort entlangfuhren. Wenn wir großes Glück haben, ist ihnen womöglich noch ein zweiter Wagen in der Haltebucht aufgefallen. Oder sogar ein Wagen und die Insassen.«
»Wieso hat Granger auf der Straße geparkt, wo er doch direkt bis zum Luftschacht hätte hochfahren können? War da nicht sogar irgendein Allrader, der über den Berg herunterkam? Die beiden Beamten, die als Erste am Tatort waren, haben ihn doch gesehen.«
»Stimmt, ja«, sagte Hitchens. »Detective Constable Cooper?«
»Der Name des Fahrers lautet Michael Dearden«, las Cooper aus seinen Notizen vor. »Ich war gestern bei ihm. Er wohnt gleich außerhalb von Withens in einem Haus, das Shepley Head Lodge heißt. Er sagt, er nimmt meist diese Abkürzung. Die Straße zu einem alten Steinbruch ist eigentlich auch nur mit einem Vierradantrieb befahrbar. Grangers alter Volkswagen hätte es nie den Berg hinaufgeschafft.«
»Wer immer ihn da oben getroffen hat, hatte vielleicht einen Vierradantrieb«, meinte Hitchens. »Wir sollten also im Hinterkopf haben, dass der Täter sich dem Tatort möglicherweise gar nicht von der A628 aus genähert hat.Wenn dieser Dearden aus Richtung Withens kommen konnte, konnte das jeder andere
auch. Die Ecke, wo Dearden wohnt, ist doch frei zugänglich, oder, Cooper?«
»Nein, Sir. Dort befindet sich eine Schranke. Withens Moor ist nur für Anlieger frei.«
»Trotzdem dürfen wir diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen. Wir werden jemanden hinschicken, der sich die Lage mal ansehen soll.«
»Wir werden auch den Tatort ein weiteres Mal genauestens inspizieren«, fügte DCI Kessen hinzu. »Wir müssen alle kriminaltechnischen Möglichkeiten ausschöpfen.«
»Laut Spurensicherung war der Boden dort leider ziemlich zertrampelt, ehe der Tatort gesichert
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