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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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sind, dann bleiben sie das hoffentlich auch.«

    »Amen.«
    Zu guter Letzt checkte Udall ihr Funkgerät und erneuerte die Batterie. Cooper wartete geduldig, während sie überprüfte, ob die richtige Frequenz eingestellt war, ehe sie es zurück in das Holster schob. Dann zog sie das Kabel zu den Ohrstöpseln zurecht, damit es nicht im Weg war, falls sie schnell ihren Schlagstock herausziehen musste, und schob ihren Dienstgürtel tief auf die Hüften. Fertig zum Einsatz. Sie zog die Augenbrauen hoch und bedachte Cooper, der sie beobachtete, mit einem fragenden Blick.
    »Wie sehe ich aus?«, wollte sie wissen.
    »Furchterregend.«
    »Vielen Dank.«
    »Aber nur, wenn ich ein Verbrecher oder ein Schäferhund wäre«, sagte Cooper.
     
    PC Udalls Einsatzwagen, ein Vauxhall Astra, war weiß mit orangerotem Abzeichen und schwarz-weißem Karomuster an beiden Flanken. Auf dem Dach prangte eine blaue Signalleuchte. Gelbe und rote Streifen verliefen quer über die Heckklappe, im Volksmund allgemein nur als »Pavianarsch« bekannt, seit die BBC in einer Tiersendung etwas ziemlich Ähnliches gezeigt hatte. Die Kennziffer des Fahrzeuges war in großen, schwarzen Ziffern auf das Dach gepinselt, damit es von der Luftüberwachung identifiziert werden konnte. Auf dem Rücksitz lag, achtlos hingeworfen, eine Flasche Mineralwasser.
    Ben Cooper hatte sich als Beifahrer noch nie richtig wohl gefühlt. Er zog es vor, selbst zu fahren. Er vermutete, dass es etwas mit seinem Kontrollbedürfnis zu tun hatte. Aber heute lag es vielleicht auch an Tracy Udalls Tendenz, beim Fahren unbekümmert mit beiden Händen zu gestikulieren, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Die B6105 Woodhead Road, die aus Glossop hinausführte, war schmal und kurvig. Auf dem Weg hinunter ins Tal von Longdendale gab es einen
scharfen Knick, den Devil’s Ellbow. Dieser so genannte »Teufelsellbogen« war seit Jahren berüchtigt für die dort gehäuft auftretenden Unfälle.
    Am Grund des Tales lagen, aufgereiht wie auf einer Schnur, fünf Stauseen hintereinander. Als sie sich dem Devil’s Ellbow näherten, kam das Valehouse-Reservoir in Sicht. Dann ging es den Berg hinunter weiter zum benachbarten Rhodeswood-Stausee. Eine Zeit lang fuhren sie anschließend am Torside-Reservoir entlang, vorbei an der Informationsstelle des Nationalparks. Obwohl Montag war, befanden sich mehrere kleine Segelboote auf dem Wasser. Gleich neben der Straße verlief die ehemalige Eisenbahnstrecke, die man in den Longdendale-Wanderweg umgewandelt hatte.
    Zwischen Torside und Woodhead überquerten sie den Staudamm und fädelten sich vorsichtig in den Verkehr auf der A628 ein.
    »Der Teil des Tales hier war schon immer problematisch«, erklärte Udall. »Vor allem Orte wie Hadfield und Hollingworth. Je näher der Stadtrand von Manchester, desto größer die Probleme. Auf der Autobahn sind die Leute heute doch im Nu in Longdendale.«
    »Wie sieht es mit dem oberen Teil des Tales aus?«
    »Na ja, da tut sich nicht so viel. Die Verbrechensrate sinkt normalerweise, wenn die Bevölkerung weniger wird.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Werfen Sie doch mal einen Blick auf die Karte. Sehen Sie die Ortsnamen hier entlang der Straße? Und dann schauen Sie mal aus dem Fenster.Wo ist das Dorf Crowden? Wo Woodhead? Wo Saltersbrook?«
    Cooper sah auf die Karte. »Laut dieser Karte müssten wir die letzte halbe Stunde dort überall durchgekommen sein. Aber mir ist nichts aufgefallen. Habe ich geschlafen oder was?«
    »Nein. Sie sind einfach nicht mehr da.«
    »Sind die Orte ausgestorben?«

    »Man hat sie sozusagen entfernt«, antwortete Udall. »Dem Erdboden gleichgemacht, weggeputzt, eliminiert. Von der Karte gelöscht. Nur ihre Namen sind geblieben.«
    »Sie machen Witze.«
    »Keinesfalls. Man hat mir erzählt, dass es allein hier auf diesem Abschnitt der Straße, zwischen Crowden und Saltersbrook, mindestens fünf Gasthöfe gab. Crowden allein hatte eine Schule mit vierzig Schülern. Und dann stand da noch ein Herrenhaus namens Crowden Hall. Aus der Zeit der Stuarts, aus dem siebzehnten Jahrhundert. Alles weg.«
    »Aber Sie meinen damit nicht die Dörfer, die geflutet wurden, als man die Stauseen baute, Tracy?«
    »Nein, diese Dörfer hier lagen alle weit über der Wasserlinie, gleich hier, auf Höhe der Straße. Manchmal können Sie noch sehen, wo die Häuser standen. Aber mehr als ein paar Fundamente sind nicht mehr davon übrig. Fall Sie mal nach Saltersbrook kommen, werden Sie dort auf dem alten

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