Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
Vom Netzwerk:
nicht sprechen.
     
    Ben Cooper stand vor der Häuserreihe aus schwarzem Backstein und beobachtete die grauen Umrisse der Ringeltauben, die in einem kleinen Schwarm über den Feldern kreisten. Das Kreischen der Kettensäge irgendwo hinter den Häusern unterstrich die gespenstische Stille nur noch. Waterloo Terrace stand etwas unterhalb der Straße, getrennt vom restlichen Dorf und von einem Schirm aus Bäumen, geschützt wie in einem Kokon.
    »Gehören die Häuser den Oxleys?«, fragte er.
    »Nein, sie sind nur gemietet«, erwiderte Tracy Udall.
    »Gemeindebesitz?«
    »Ein privater Vermieter.«
    »Sie sind ziemlich heruntergekommen.«
    »Ich würde in den Oxleys nicht unbedingt die idealen Mieter sehen.«
    »Nein.«
    »Wo möchten Sie anfangen, Ben?«
    »Soll ich das entscheiden? Geben Sie mir noch mal die Liste.«

    Udalls Liste war äußerst übersichtlich. Waterloo Terrace Nummer eins war von Mr Lucas Oxley bewohnt. Merkwürdigerweise Nummer zwei und drei ebenfalls. Wozu brauchte Lucas Oxley drei Häuser? Aber laut Derek Alton hatte er eine große Familie.
    In den angrenzenden Häusern wohnten weitere Oxleys, im vierten Haus der Reihe Mr Scott Oxley und in Nummer fünf eine Ms Frances Oxley. Aber die Bewohner von Nummer sechs und sieben hießen zur Abwechslung einmal anders, nämlich Mr und Mrs Melvyn Tagg, beziehungsweise Mrs Ruby Wallwin. Das achte Haus galt als unbewohnt.
    »Wen sollen wir zuerst nerven?«, fragte sich Cooper laut. »Ene, mene, muh und draus bist du. Oxley, Oxley oder Oxley? Ob sie wohl mal daran gedacht haben, eine Anwaltskanzlei zu eröffnen?«
    Wieder warf er einen Blick auf die Häuserreihe. Die Logik erforderte, dass er mit Nummer eins begann und sich zuerst vergewisserte, ob Mr Lucas Oxley zu Hause war. Aber ihm war heute nicht nach Logik zumute. Irgendetwas sagte ihm, dass es vielleicht hilfreich sein könnte, die Oxleys über einen Umweg anzugehen. Außerdem hatte er den Hund nicht vergessen.
    »Dann auf zu Nummer sieben. Mrs Wallwin.«
    Im Näherkommen stellte Cooper fest, dass die schwarzen Backsteine gar nicht richtig schwarz waren. Sie wirkten eher dunkellila, als wären sie mit Brombeersaft bepinselt. Haus Nummer sieben wies nur wenige schmückende Elemente auf. Der Anstrich war zu seiner Zeit wohl mal ein dunkles Kastanienbraun gewesen. In Kombination mit den schwarzen Backsteinen wirkte die Farbgestaltung ziemlich deprimierend. In den Fenstern hingen Spitzenvorhänge, was dem Haus ein altmodisches Flair gab. Es hätte direkt aus einer jener Stadtlandschaften stammen können, wie ein gewisser L. S. Lowry sie gemalt hatte. Immerhin hatte der Maler einige Jahre in Mottram,
weiter unten im Tal verbracht. Es war also durchaus möglich, dass er die Waterloo Terrace gekannt hatte.
    Um zu Haus Nummer sieben zu gelangen, mussten Cooper und Udall ein eingezäuntes Areal durchqueren, auf dem sechs grüne Rollcontainer für Müll herumstanden. Zunächst stießen sie auf die vorderen Begrenzungsmauern der Gärten, die lang und schmal und trotz der Bemühungen, dort Gemüse zu pflanzen, vollkommen verwildert waren. Die beiden Polizisten hielten sich auf den Steinplatten, in dem Bemühen, den Brennnesseln auszuweichen, die rechts und links davon wucherten und ihr Territorium zu vergrößern suchten. Cooper warf einen raschen Blick auf Nummer acht, das auf der anderen Seite eines der dunklen, gemauerten Durchgänge lag. Die Fenster waren blind vor Schmutz und ohne Vorhänge. Hier schien schon lange nichts mehr gemacht worden zu sein. Es gab nichts Deprimierenderes als ein Haus, das seit langem leer stand, und in der Waterloo Terrace war dieser Anblick noch deprimierender als anderswo.
     
     
    »Ich habe mich bei der Polizei nicht beschwert«, sagte Mrs Wallwin laut, als sie Ben Cooper und Tracy Udall auf ihrer Türschwelle gegenüberstand.
    Der defensive Unterton in ihrer Stimme überraschte Cooper. Obwohl die Frau zart und eher zerbrechlich aussah, blieb sie auf der Stufe stehen, als hoffte sie, so die Tür blockieren zu können. Viele ältere Leute waren viel zu vertrauensselig und öffneten jedem die Tür. Aber nicht hier in Withens, wie es schien.
    »Mrs Wallwin? Erst mal guten Tag. Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen«, erwiderte Tracy Udall mit ihrer angenehmsten Stimme. Bei den meisten älteren Menschen hätte ihr Charme verfangen.
    »Worüber?«, fragte Mrs Wallwin.
    »Dürfen wir hereinkommen?«
    »Wozu?«

    »Es geht so auch«, mischte Cooper sich ein. »Kennen Sie einen

Weitere Kostenlose Bücher