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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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konzentriere, treten die Geräusche wieder in den Hintergrund. Ich werde mit jedem Schritt nasser. Die Blätter sind feucht und kleine Wassertröpfchen spritzen im Vorbeigehen auf mein Kleid und meine Arme. Ein Spinnenaffe schwingt sich in Kopfhöhe vor mir über meinen Weg und stößt sein Affenlachen aus. Alai schnappt nach ihm. Meine Taschenlampe leuchtet ihm zufällig in die großen gelben Augen und einen kurzen Moment lang blickt er mich an. Erschrocken bleibe ich stehen, bis er mit der Dunkelheit verschmilzt.
    Der Dschungel verzaubert mich. Ich kann unmöglich umkehren und zurückgehen. Mit jedem Geräusch, jedem Blick ist mir, als atmete ich süße, frische Luft. Anstatt mich mit Eindrücken zu füllen, hinterlässt der Regenwald ein Gefühl der Leere in mir. Es bleibt der Hunger nach mehr. Je mehr ich sehe, desto größer wird mein Verlangen. Meine Nerven und mein Wille sind jetzt stärker als meine Angst. Ich habe mich entschieden. Little Cam ist weit weg. Egal was dort passiert, ich kann es nicht aufhalten. Falls sie mein Verschwinden bereits bemerkt haben – sei’s drum. Onkel Paolo kann mir das, was ich bereits getan habe, nicht mehr verbieten.
    Solche Gedanken zerstreuen meine letzten Bedenken und ich gehe schneller. Bald jogge ich fast. Meine geschärften Sinne verhindern, dass ich über die vielen Wurzeln und Steine auf dem Boden stolpere. Es ist zu viel. Ich kann gar nicht alles aufnehmen, aber ich probiere es. Ich blinzle kaum, so angestrengt versuche ich jedes Detail zu erkennen. An meine Ohren dringen Geräusche, die, obwohl ich sie mein Leben lang gehört habe, jetzt plötzlich neu und aufregend klingen. Selbst die Gerüche des Dschungels sind hier draußen intensiver – feuchte Erde, reife Früchte, Blüten, Wasser und etwas, das leicht nach Holzrauch riecht.
    Die Außenwelt! Ich hab’s getan! Ich habe einen Weg nach draußen entdeckt und die Gelegenheit ergriffen und mich nur ein Mal umgeschaut. Jetzt erst ist mir klar, wie sehr ich mir das gewünscht habe. Freiheit. Sie ist so berauschend wie eine Droge, wie ein Adrenalinstoß. Die wilde Pia und die schüchterne Pia verschmelzen. Ein Hochgefühl bezwingt meine Angst. Ich bin eins mit mir. Ich bin ganz. Ich bin frei.
    Ich bin so mit meinen Gefühlen beschäftigt, dass ich den Jungen erst bemerke, als wir zusammenstoßen.

8
    Er schreit. Ich schreie. Wir stürzen beide, er landet auf dem Rücken und ich der Länge nach auf ihm. Einen Augenblick lang starren wir uns nur verdutzt an. Seine Augen sind unwahrscheinlich blau und groß wie Papayas.
    Meine Nackenhaare stellen sich auf wie bei Alai.
    Ein Junge.
    Unsere Nasen sind nur Zentimeter voneinander entfernt. Mir ist sehr warm, vom Kopf bis zu den Zehenspitzen, und mir ist so heiß, als hätte ich eine der Fackeln von meiner Party verschluckt.
    Ein Junge.
    Ich habe noch nie so intensiv blaue Augen gesehen.
    Wie der Blitz springe ich auf, jeder Muskel angespannt und bereit, sofort zu fliehen. Mit einem Satz steht jetzt Alai über dem Jungen und nagelt ihn am Boden fest. Der Junge hat die ganze Zeit irgendetwas gequasselt, allerdings in einer Sprache, die keinerlei Ähnlichkeit mit meiner hat. Doch als die Reißzähne Zentimeter von seiner Nase entfernt sind, wird er still.
    »Wer bist du?«, frage ich mit zittriger Stimme.
    Er starrt immer noch den Jaguar an, als ich ihm mit meiner Taschenlampe mitten ins Gesicht leuchte. Er zuckt zusammen und hält eine Hand zwischen sich und Alai, als ob ihn das schützen könnt, falls Alai sich zum Zubeißen entschließen sollte.
    »Jaguar!«, keucht er. »Du hast einen Jaguar!«
    »Ich habe gefragt, wer du bist.« Ich halte meine Taschenlampe mit beiden Händen und richte sie wie ein Gewehr auf ihn.
    Der Junge hat immer noch die Hand vor dem Gesicht. Er lässt Alai nicht aus den Augen. »Ruf die Katze zurück und ich sage es dir.«
    Ich zögere einen Augenblick, bevor ich Alai befehle, ihn in Ruhe zu lassen. Er faucht und es regnet Speicheltröpfchen auf das Gesicht des Jungen. Dann kommt er zu mir.
    Langsam steht der Junge auf, den Blick immer noch argwöhnisch auf den Jaguar gerichtet. »Ich heiße Eio. Wer bist du?«
    »Pia.« Ich trete einen Schritt zurück, als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtet. Meine Taschenlampe ist immer noch auf sein Gesicht gerichtet. »Was willst du von mir? Wo – wo kommst du her?«
    »Du bist in mich hineingelaufen.« Er ist größer als ich und sehr schlank, aber dennoch ausgesprochen muskulös. Ich kann es

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