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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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Höhe in einen tiefen, ruhig dahinfließenden, türkisblauen Fluss. Über und über mit Blüten in Pink, Rot und Lila beladene Orchideen und Helikonien hängen über das Wasser, als wollten sie daraus trinken.
    Eio klettert zum Wasserfall hinauf und springt mit einem Freudenschrei herunter. Beim Eintauchen spritzt das Wasser auf; Ami und ich sind total durchnässt.
    »Er ist so blöd!«, schimpft Ami. »Komm, Pia-Vogel! Mit Eio zu schwimmen, macht keinen Spaß. Er spritzt mich immer nur nass.«
    Sie nimmt meine Hand und führt mich etwa fünfzig Meter flussabwärts, wo der Fluss seicht und breit ist und über ein Kiesbett rauscht. Das Wasser glitzert golden im Licht der Sonne, das durch die Bäume dringt.
    »Das ist unser allergeheimster Ort«, flüstert sie und kniet sich ans Ufer.
    »Was ist so geheimnisvoll daran?«, frage ich.
    »Schau ins Wasser.«
    Ich knie mich neben sie und beuge mich hinunter und da sehe ich es. Nicht das Sonnenlicht färbt das Wasser golden, sondern richtiges Gold. Die Kiesel am Grund sind mit glitzernden Pünktchen besetzt. Da müssen mehrere Handvoll Gold liegen.
    »Ist das echtes Gold?«, frage ich.
    Sie nickt. »Wir können es aber keinem von außerhalb verraten. Der Anblick von Gold verwandelt Karaíba in Monster. Sie würden alles kaputt machen, um daranzukommen, sagt Achiri. Deshalb erzählen wir keinem Karaíba davon.«
    »Ich bin eine Karaíba«, gebe ich zu bedenken. Das ai’oanische Wort für Fremde ist mir nun bereits vertraut.
    »Kapukiri sagt, du hast die Tränen der Miua in dir und das macht dich zu einer von uns.«
    »Aber ich wohne in Little Cam.«
    »Du musst nicht. Du könntest bei uns wohnen.«
    »Das geht nicht. Little Cam ist mein Zuhause.«
    »Warum kommst du dann nach Ai’oa?«
    Ich wende mich ab. Wie erkläre ich einer Siebenjährigen, dass sie alles darstellt, was mir in Little Cam vorenthalten wurde? Weil du jung bist und frei und eins mit dem Dschungel. Du bist sterblich, doch anstatt dich an die Hoffnung der Unsterblichkeit zu klammern, genießt du jeden Tag, einen nach dem anderen, und sorgst dich nicht um das Morgen.
    Sie kniet neben mir und schaut hinauf in den Himmel. »Bist du schon mal mit einem Flugzeug geflogen?«, fragt sie unvermittelt.
    Ich lächle betrübt. »Nein. Noch nie.«
    »Oh.« Sie seufzt sehnsüchtig. »Ich wollte schon immer gern in einem Flugzeug sitzen. Hoch über den Bäumen wie ein Vogel.«
    Ich blicke durch das Blätterdach hinauf zu den Fleckchen Himmel. Ich habe zwei Flugzeuge in meinem Leben gesehen, eines, als ich fünf war, und eines mit zwölf. Sie flogen so hoch oben und waren so winzig, dass sie fast nicht zu erkennen waren. Onkel Antonio hat mir einmal gesagt, wir seien zu weit von irgendwelchen Städten entfernt, um viele Flugzeuge zu sehen zu bekommen. Trotzdem wurden jede Menge Bäume in Little Cam gepflanzt, damit das Gelände aus der Luft nicht zu erkennen ist. »Wohin würdest du fliegen?«, frage ich Ami.
    »Eios Papi hat uns von Orten erzählt, wo es keine Bäume gibt. An manchen sind über viele Meilen nur Häuser aus Stein. An anderen ist nur Sand, so viel, dass man nicht sehen kann, wo er aufhört.«
    Ich versuche, mir so etwas vorzustellen, doch es gelingt mir nicht. »Ich war noch nie außerhalb des Dschungels.«
    Ami nimmt meine Hand und schenkt mir ein breites Lächeln. Zwischen ihren beiden mittleren Schneidezähne ist eine kleine Lücke. »Eines Tages gehen wir da hin. Du und ich in einem Flugzeug. Wir fliegen nach China und Amerika und in die Antarktis.«
    Ich starre sie an. »Woher weißt du das alles?«
    »Was?«
    »All diese Namen.« Ich denke an meine Karte und rufe die dort gedruckten Begriffe aus meinem Gedächtnis ab. »China. Das liegt in… Asien?« Die Worte schmecken fremd auf meinen Lippen, wie unbekanntes Essen.
    Sie nickt. »Papi hat Eio und mir ganz viele Namen von ganz vielen Orten beigebracht. Er sagte, wir sollten so viel wie möglich über die Welt wissen, denn…« Sie verzieht das Gesicht, denkt einen Augenblick scharf nach und fährt dann in diesem Singsang fort, in dem ich das Periodensystem der Elemente hersage. »Denn ›Unwissenheit ist der Fluch Gottes und Wissenschaft der Fittich, womit wir in den Himmel uns erheben‹. Das ist von einem Karaíba namens Shakespeare.« Sie lächelt zufrieden. »Manchmal lerne ich schneller als Eio.«
    »Shakespeare, hast du gesagt?« Er muss ein Wissenschaftler sein. Der Spruch könnte auch von Onkel Paolo stammen.
    Ganz unerwartet spüre ich

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