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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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beginnt vor meinen Augen die Schlinge enger zu ziehen.

19
    »Ami!«, brülle ich. »Ich komme!«
    Ich werfe mich ins Wasser. Es ist eine enorm große Anakonda, so viel ist sicher. Ihre genaue Größe lässt sich nicht bestimmen, aber sie ist definitiv über fünf Meter lang.
    »Ami! Halte durch!« Ich kann den Kopf der Schlange nicht sehen, also lege ich meine Hände um ihren Körper und ziehe. Sie reagiert darauf, indem sie den Druck verstärkt. Ami keucht und wird rot im Gesicht.
    »Nein! Weiteratmen, Ami! Immer weiteratmen! Verdammt!« Ich hebe Steine auf und bearbeite die Schlange damit. Ihr Kopf erscheint über dem von Ami. Ihre Zunge ist lang und schwarz und gespalten.
    »Runter von Ami! Lass sie los!« Ich ziele auf den Kopf der Schlange und der Stein trifft. Doch statt tot ins Wasser zu plumpsen, gleitet sie schnell wie flüssiges Blei, mit dem Onkel Sergei gern experimentiert, von Amis Körper. Das Gesicht der Kleinen bekommt wieder eine natürliche Farbe. Ich packe Ami und drücke sie an mich.
    »Es ist gut. Alles ist gut.«
    »Pia!«
    Ich spüre, wie sich etwas um mein Bein legt. Dann bin ich unter Wasser. Die Schlange hält mich eine… zwei… drei Minuten da unten fest. Die meisten Menschen wären in dieser Zeit bereits ertrunken, doch ich gelange in einen seltsamen Zustand, in dem Luft nicht mehr nötig ist. Aber als ich nach oben schieße und mit dem Kopf die Wasseroberfläche durchbreche, schnappe ich dennoch gierig nach Luft. Dann zieht mich die Anakonda wieder hinunter. Sie umschlingt mich wie ein kräftiges Seil. Ihre Haut ist glitschig, glatt und kalt. Zuerst wickelt sie sich um meine Beine, dann um Taille und Brust. Bei ihrer letzten Umrundung legt sie sich um meinen Hals, fast liebevoll, als versuchte sie, mich in den Tod zu lullen. Weißt du nicht, dass ich nicht sterben kann, Schlange?
    Aber du kannst geschluckt werden, zischt eine Stimme, und obwohl ich weiß, dass es meine eigene ist, weist meine Fantasie sie der Schlange zu. Hinuntergeschluckt in den nassen dunklen Bauch…
    Ich stemme meine Füße ins Flussbett, drücke mich mit aller Kraft nach oben und strecke den Kopf aus dem Wasser. Ich atme tief ein, doch als mir der modrige Schlangengeruch in die Nase steigt, muss ich würgen.
    Ami steht am Ufer, schreit und wirft Steine, die das Tier jedoch alle weit verfehlen. Der Kopf der Schlange ist nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht. Die gelben Augen sind auf mich gerichtet. Sie scheint fast zu lächeln.
    Plötzlich spannt sie ihre Muskeln an und legt sich enger um mich. Ich spüre, wie die Luft aus meiner Lunge gepresst wird. Aus meiner Kehle kommt ein Laut, halb Keuchen und halb Quieken. Ich möchte Ami sagen, dass sie Hilfe holen oder sonst etwas tun soll und nicht nur Steine werfen, doch ich kann nicht sprechen. Mir fehlt die Luft dazu. In diesem Moment nützt mir meine Unsterblichkeit gar nichts. Ich würde sie sofort eintauschen gegen die Kraft, dieses Monster abzuwerfen.
    Die Schlange wickelt sich immer enger um mich. Unsterblichkeit. Pia, was hast du für ein Glück! Eine Ewigkeit im Bauch einer Schlange.
    Schwarze Flecken schieben sich vor meine Augen und nehmen mir die Sicht auf Ami. Wo kein Schwarz ist, sehe ich einen lebhaften Tanz der Farben, ein Kaleidoskop, das mich nach unten in die Bewusstlosigkeit zieht.
    Dann höre ich einen wilden Schrei und Amis Kreischen. Ringsherum spritzt Wasser auf. Die Schlange drückt stärker und immer stärker… und lässt plötzlich los. Die dicken Schlingen fallen von mir ab wie ein widerliches Schuppenkleid, das ich endlich abstreifen kann. Ich mache einen Satz nach vorn und strample ans Ufer. Ami packt meine Hände und zieht mich aus dem Wasser.
    Keuchend und hustend und weinend breche ich auf dem bemoosten Waldboden zusammen. Ich trommle mit der Faust auf die Erde und versuche, meine Lunge wieder mit Luft zu füllen. Als ich zum Wasser schaue, sehe ich Eio mit der Schlange kämpfen. Sein Blick ist wild und er hat die Zähne gefletscht. In einer Hand hält er einen Pfeil, den er der Schlange in den Kopf zu rammen versucht.
    »Töte sie, Eio! Töte sie!«, brüllt Ami.
    Er gibt sein Bestes, keine Frage. Als die Schlange sich um seine Brust wickelt, schiebt er eine Hand darunter und versucht sie wegzudrücken. Er spannt alle Muskeln an, sein Gesicht wird rot vor Anstrengung, und es gelingt ihm, sie von sich zu reißen. Der Kampf dauert eine halbe Ewigkeit und während der ganzen Zeit schlägt mir das Herz bis zum Hals. Bitte, bitte,

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