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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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ich mich an mein dünnes Handtuch, als könnte ich so diesen Tag irgendwie zu seinem unschuldigen Anfang zurückspulen. Ich habe mein strahlendstes Lächeln aufgesetzt.
    »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten«, verkündet Onkel Paolo. Eine Vene in seinem Augenlid pulsiert so heftig, dass die ganze Schläfe zuckt. »Hier ist sie. Unsere Pia.«
    Ich weiß, dass er eigentlich eine ganze Rede für mich vorbereiten wollte, die ich jetzt hätte vortragen sollen, um die Corpus-Leute gleich von Anfang an für uns einzunehmen. Doch ihre überraschende Ankunft hat so ziemlich alle seine Pläne über den Haufen geworfen. Deshalb muss ich mich auf meinen eigenen Verstand verlassen. Allerdings bin ich immer noch ziemlich durcheinander von der Begegnung mit der Anakonda.
    War das wirklich erst heute Morgen? Ich widerstehe dem Drang, auf den Fersen kehrtzumachen, in mein Zimmer zu laufen und mich ins Bett zu legen. Stattdessen nicke ich den Besuchern freundlich zu. »Hallo. Willkommen in Little Cam.«
    Ich versuche mich nicht vor Unbehagen zu winden, als sie meinen Körper mit Blicken durchbohren. Keiner der beiden grüßt zurück oder stellt sich vor. Obwohl ihre Blicke an mir kleben, habe ich das Gefühl, dass sie mich nicht wirklich sehen. Sie schauen mich an wie Onkel Paolo seine Laborratten. Fast sieht man Zahlenreihen über ihre Augäpfel wandern. Addieren, subtrahieren, abwägen, vergleichen. Sie sehen kein siebzehnjähriges Mädchen. Sie sehen das Ergebnis eines ausgesprochen langwierigen und kostspieligen Experiments. Ihre durchdringenden Blicke und ihr Schweigen verraten mir nicht, ob ihnen gefällt, was sie sehen.
    »Sie sind sicher müde und haben Hunger«, sagt Onkel Paolo schließlich. Sie nicken, lassen mich jedoch nicht aus den Augen, als sie Onkel Paolo und mir zum Wohnblock B folgen, wo sie für die Dauer ihres Aufenthalts untergebracht sind. Wie lange das sein wird, steht, soweit ich weiß, noch nicht fest.
    Sobald wir im Wohnblock sind und Onkel Antonio ihnen beim Sortieren ihrer Gepäckstücke behilflich ist, flüstere ich Onkel Paolo zu, dass ich mich anziehen will. Er nickt abwesend. Die Vene in seinem Augenlid pulsiert noch immer auf vollen Touren. Ich bin froh, dass man mich nicht mehr beachtet, und verkrümle mich.
    Nicht-beachtet-Werden trifft es nicht ganz. Die beiden Besucher schauen mir unverwandt nach, als ich den Flur hinunter und durch die Tür gehe.
    Selbst als ich durch Little Cam laufe, das Handtuch so fest wie möglich um mich gewickelt, spüre ich ihre Blicke bleischwer auf meinen Schultern.
    Beim Abendessen erfahre ich, dass die beiden Victoria Strauss und Gunter Laszlo heißen und gemeinsam die Leitung der gigantischen Gesellschaft namens Corpus innehaben. Ich erfahre das alles von Tante Harriet, die neben mir sitzt. Das Corpus-Duo sitzt mit Onkel Paolo und den anderen Mitgliedern des Immortis-Teams an einem separaten Tisch. Alle fünf Sekunden blickt mindestens einer von ihnen zu mir herüber. Ich überlege, ob ich ihnen die Zunge herausstrecken oder in der Nase bohren soll, doch dann fällt mir wieder ein, was Onkel Sergei über die Schließung von Little Cam gesagt hat, und ich verkneife mir die Respektlosigkeiten.
    »Sie haben Tochtergesellschaften in über zwanzig Ländern«, wispert Tante Harriet und macht sich über ihre Spaghetti her. »Das meiste, was sie tun, ist streng geheim. Es gibt keine Regierung auf der Welt, die an diese Typen herankommt. Sie haben ihre Finger in allem – Waffenentwicklung, Banken, Weltraumforschung. Ihr Hauptgeschäft aber liegt auf der Forschung im Bereich Biotechnik und hier besonders auf der Genmanipulation. Mit anderen Worten –« Sie wickelt die Spaghetti um ihre Gabel. »– auf dir.«
    »Woher weißt du so viel über sie?«
    »Sie haben mich schließlich angeheuert. Strauss hat mich angesprochen. Die Frau leidet an einer Psychose.« Das Gabeldrehen nimmt Fahrt auf.
    »Wie kommst du darauf?«, frage ich. »Ist es eine Persönlichkeitsstörung? Schizophrenie? Ich kann mir nicht vorstellen, dass man jemanden, der bipolar ist oder an Wahnvorstellungen leidet, auf einen so wichtigen Posten –«
    »Sie leidet nicht wirklich an einer Psychose, Pia. Gütiger Himmel, ich hab’s im übertragenen Sinn gemeint. Sie hat einfach einen an der Klatsche. Du darfst auch nicht eine Minute denken, ich hätte ihren Koffer absichtlich fallen lassen. Oh, nein!« Tante Harriets Messer bereitet einem Fleischbällchen einen grausamen Tod. »Diese Frau hat weit mehr

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