Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)
sind, bleibe ich stehen und binde meinen Schuh.
Niemandem fällt auf, dass ich Flipflops trage.
Sobald ich höre, wie sich die Tür hinter den anderen schließt, schleiche ich auf leisen Sohlen zurück. Ich muss nicht weit gehen. Mein Gehör ist sehr viel besser als der Durchschnitt.
»Jaja, sie ist ein Wunder, das lässt sich nicht leugnen«, stellt Laszlo in ernstem Ton fest. »Testperson 77 ist perfekt. Sie übertrifft alle unsere Hoffnungen. Und genau deshalb fragen wir uns, warum es nicht vorangeht, Alvez. Wir brauchen mehr von ihrer Sorte. Sie allein nützt uns nichts.«
Testperson 77… Ich habe eine Nummer?
»Wir brauchen sie, wenn wir den Prozess beschleunigen wollen«, erwidert Onkel Paolo. Er trommelt immer noch mit den Fingern auf den Tisch. »Pias geistige Fähigkeiten sind weiter entwickelt, als es unsere je sein werden. Sie sind seit Jahren hinter einem schnelleren Weg zur Unsterblichkeit her, stimmt’s? Nun, sie ist die Einzige, die ihn finden kann – wenn es ihn überhaupt gibt. Und sie ist noch nicht so weit.«
Ich bin so weit!, will ich schreien. Ich bin so weit. Und wie ich so weit bin!
»Worauf genau warten Sie?« Das ist Strauss.
»Ich habe sie den Wickham-Tests unterzogen, genau nach Plan, aber ihre Ergebnisse reichen noch nicht aus, um sie als vollwertiges Mitglied ins Immortis-Team aufzunehmen.«
»Der Vorstand wird langsam unruhig«, meint Strauss. »Sie wollen Ergebnisse.«
»Pia ist ein Ergebnis. Das großartigste Ergebnis, das die Menschheit je gesehen hat. Der Vorstand wird sich noch eine Weile gedulden müssen. Und die Vorstandsvorsitzenden sind doch Sie, oder? Wenn ich mich richtig erinnere, wird gemacht, was Sie sagen. Keine Fragen. Keine Klagen.«
»Gut. Sie wollen, dass wir die Karten auf den Tisch legen? Wir wollen Ergebnisse. Im Gegensatz zu Ihnen lassen sich nicht alle von Ausdrücken wie ›zum Besten der Menschheit‹ oder ›eine bessere Zukunft bauen‹ begeistern. Wir wollen keine fünf Generationen auf eine Rasse von Unsterblichen warten. Wir wollen Lösungen, und zwar jetzt. Satos Experimente haben bewiesen, dass Unsterblichkeit von niemandem, der als Sterblicher geboren wurde, erreicht werden kann. Gut. Das haben wir akzeptiert. Es sind welche unter uns, die in den kommenden Jahren Kinder und Enkelkinder haben werden.«
»Aber –«
»Ja, wir kontrollieren den Vorstand – noch«, fährt Strauss fort, als hätte Paolo nie den Mund aufgemacht. »Aber ohne neue Ergebnisse, ohne Weiterentwicklung verlieren wir diese Kontrolle. Und, Alvez, Sie wollen nicht, dass das passiert. Es gibt viele bei Corpus, die sich dafür starkmachen, dass diese Sache in die Staaten verlagert wird – mit einem anderen Team.«
Nein, nein, nein… ihr dürft uns nicht schließen.
»Dann nehmt Pia mit, zeigt sie ihnen. Sollen sie sie doch alle mit Skalpellen traktieren, wenn sie wollen. Verdammt noch mal! Wenn sie sie erst gesehen haben, halten sie die Klappe und schreien nicht mehr nach Ergebnissen.«
Meine Knie werden weich und ich sinke gegen die Wand. Ich streiche mir unwillkürlich über die Arme, während ich mir vorstelle, wie hundert Skalpelle in meine Haut drücken.
»Sie wissen genau, dass wir das nicht machen können«, entgegnet Laszlo. »Es würde sich herumsprechen. Genisect würde einen dritten Weltkrieg vom Zaun brechen, nur um sie in die Finger zu bekommen. Sie haben nämlich einen Verdacht. Den haben sie seit Jahren. Was glauben Sie wohl, weshalb wir nur alle paar Jahrzehnte das Risiko eingehen und hierherkommen? Sie beobachten uns. Pia ist der heilige Gral der modernen Wissenschaft, Alvez. Wir können sie nicht herumzeigen wie ein preisgekröntes Zuchtschwein!«
»Okay, verstanden. Aber ich sage Ihnen, sie ist noch nicht so weit. Wir sollten uns auf die Klonforschung von Dr. Fields konzentrieren, das ist unsere aussichtsreichste Perspektive.«
Schweigen. Dann Strauss: »Dr. Fields wird wohl nicht mehr lange mit uns zusammenarbeiten.«
»Was soll das heißen?«
Ja, was soll das heißen?
»Ihre Schwester. Sie ist tot.«
»Was?«
»Fields weiß es noch nicht. Sie darf es auch erst erfahren, wenn es gar nicht mehr anders geht. Sobald sie es herausfindet, ist sie weg. Wir brauchen ihre Forschung, Alvez. Sie ist die Beste auf ihrem Gebiet.«
Was geht hier vor?!
Ich presse eine Hand auf den Mund, damit ich nicht laut schreie.
»Es hängt alles von Pia ab«, fährt Strauss fort. »Wann soll der nächste Wickham-Test stattfinden?«
»In drei Monaten. Und es
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