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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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antwortete Dr. Blair. »Sie wollte sich auf keinen Fall gynäkologisch untersuchen lassen – das kommt bei jungen Frauen vom Lande schon mal vor.«
    »Hatten Sie nach der Behandlung Gelegenheit, mit der Angeklagten zu sprechen?«
    »Ja. Natürlich fragte ich zuerst nach dem Baby. Ms. Fisher hatte ganz offensichtlich erst kurz zuvor entbunden, wurde aber nicht mit einem Neugeborenen eingeliefert.«
    »Welche Erklärung gab Ihnen die Angeklagte dafür?«
    Dr. Blair sah Katie an. »Daß sie kein Kind bekommen hätte.«
    »Aha«, sagte George. »Was, wie Sie aufgrund Ihrer Untersuchung wußten, nicht stimmte.«
    »Richtig.«
    »Stellten Sie ihr weitere Fragen?«
    »Ja, aber sie wollte die Schwangerschaft partout nicht zugeben. Ich schlug daraufhin eine psychiatrische Untersuchung vor.«
    »Ist die Angeklagte im Krankenhaus von einem Psychiater untersucht worden?«
    »Soweit ich weiß, nein«, sagte der Arzt. »Die Patientin hat nicht zugestimmt.«
    »Danke«, sagte George. »Ihr Zeuge.«
    Ellie trommelte einen Moment mit den Fingern auf die Tischplatte, dann stand sie auf. »Der schwammige Uterus, der positive Schwangerschaftstest, die Blutung, die gynäkologische Untersuchung. Haben diese Beobachtungen Sie zu der Überzeugung gebracht, daß Katie ein Kind geboren hatte?«
    »Ja.«
    »Haben diese Beobachtungen Sie zu der Überzeugung gebracht, daß Katie das Kind getötet hatte?«
    Dr. Blair warf Katie erneut einen Blick zu. »Nein«, sagte er.
    Dr. Carl Edgerton war seit über fünfzehn Jahren Gerichtsmediziner in Lancaster County, und mit seinen buschigen Augenbrauen und dem weißen Haar, das ihm nach hinten wallte, schien ihm die Rolle wie auf den Leib geschrieben. Er hatte in Hunderten von Prozessen als Sachverständiger ausgesagt, und in jedem einzelnen erweckte er mit der immer gleichen, leicht gereizten Miene den Eindruck, daß er viel lieber in seinem Labor wäre. »Doktor«, sagte der Staatsanwalt, »würden Sie uns bitte die Ergebnisse der von Ihnen an dem Neugeborenen Fisher durchgeführten Autopsie mitteilen?«
    »Ja. Es handelte sich um eine prämature, männliche Lebendgeburt ohne angeborene Fehlbildungen. Es fanden sich Anzeichen für eine akute Chorioamnionitis sowie für Meconium-Aspiration und eine beginnende Lungenentzündung. Zudem gab es diverse Anzeichen für eine perinatale Asphyxie. Darüber hinaus entdeckten wir periorale Ecchymosen und intraorale Baumwollfasern, die von dem Hemd stammten, in dem das Neugeborene gefunden wurde.«
    »Wir sollten das für die Nichtmediziner unter uns ein bißchen erläutern«, sagte George mit einem Lächeln in Richtung Geschworenenbank. »Wenn Sie von prämaturer Lebendgeburt sprechen, was genau soll das heißen?«
    »Das Kind wurde zu früh geboren. Sein Knochenalter entsprach einem Gestationsalter von zweiunddreißig Wochen.«
    »Und Lebendgeburt?«
    »Im Gegensatz zur Totgeburt. Die Lungen des Neugeborenen waren rosa und belüftet. Repräsentative Proben von beiden unteren Flügeln wurden ebenso wie eine der Leber entnommene Kontrollprobe in Wasser gelegt. Das Lungengewebe schwebte, die Leberprobe dagegen ging unter – was belegt, daß das Kind nach der Geburt Luft eingeatmet hat.«
    »Sie erwähnten, daß das Baby keine angeborenen Fehlbildungen hatte. Wieso ist das wichtig?«
    »Das Baby war bei der Geburt lebensfähig. Es gab keine Chromosomendefekte und keinerlei Folgeerscheinungen durch Drogenkonsum – was beides bedeutsame negative Befunde gewesen wären.«
    »Und die Chorioamnionitis?«
    »Dabei handelt es sich im Grunde um eine Infektion der Mutter, die zur prämaturen Entbindung führte. Durch eine zusätzliche Untersuchung der Plazenta konnten die ansonsten verbreiteten Ursachen für eine Frühgeburt ausgeschlossen werden. Die Ursache der Chorioamnionitis konnte nicht bestimmt werden, da das fetale Gewebe und die Plazenta kontaminiert waren.«
    »Wie haben Sie das festgestellt?«
    »Durch mikrobiologische Untersuchungen konnten in fetalen Gewebeproben diphtheroide Erreger nachgewiesen werden. Nach einer vaginalen Geburt ist die Plazenta nur selten steril, aber die von uns untersuchte hatte noch dazu einige Zeit in einem Stall gelegen, bevor sie gesichert wurde.«
    George nickte. »Und was ist Asphyxie?«
    »Sauerstoffmangel, der letztlich zum Tode führt. Petechien – kleine Kapillarblutungen – waren auf den Lungenflügeln, der Thymusdrüse und perikardial sichtbar. Eine kleine subarachnoide Blutung wurde im Gehirn gefunden. Die Leber war

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