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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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über die Gläser auf dem Herd und den Gurkenhaufen auf dem Tisch. »Wäre Ihnen das recht?« Als Sarah zurückhaltend nickte, zog Lizzie ihr Notizbuch aus der Jackentasche. »Können Sie mir ein bißchen was über Ihre Tochter erzählen?«
    »Katie ist ein gutes Mädchen. Sie ist bescheiden und großherzig und freundlich, und sie dient dem Herrn.«
    Lizzie klopfte mit dem Stift aufs Papier, schrieb nichts auf. »Hört sich nach einem Engel an, Mrs. Fisher.«
    »Nein, bloß nach einem guten amischen Mädchen.«
    »Hat sie einen Freund?«
    Sarah knetete unter der Schürze ihre Hände. »Es hat ein paar gegeben, aber ernst zu nehmen ist wohl nur Samuel. Er arbeitet mit meinem Mann auf der Farm.«
    »Ja, ich hab ihn kennengelernt. Was heißt ›ernst zu nehmen‹?«
    »Das kann ich nicht sagen«, entgegnete Sarah mit einem scheuen Lächeln. »Das ist Katies Privatangelegenheit. Und falls sie ans Heiraten denken, müßte Samuel zum Schtecklimann gehen, dem Vermittler, der dann herkommen und fragen würde, was Katies Wünsche sind.«
    Lizzie beugte sich vor. »Dann erzählt Katie Ihnen also nicht alles?«
    »Natürlich nicht.«
    »Hat sie Ihnen erzählt, daß sie schwanger war?«
    Sarah senkte den Blick. »Ich weiß nicht.«
    »Ich möchte ja nicht unhöflich klingen, Mrs. Fisher, aber entweder sie hat es Ihnen erzählt oder nicht.«
    »Sie hat es mir nicht offen gesagt, aber sie hätte das auch nicht von sich aus erzählt. Es ist etwas sehr Persönliches.«
    Lizzie verkniff sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag. »Ist Ihnen nie aufgefallen, daß Katie weitere Kleider angezogen hat? Daß sie keine Regelblutung mehr hatte?«
    »Ich habe Kinder geboren, Detective. Ich kenne die Anzeichen einer Schwangerschaft.«
    »Aber hätten Sie sie auch bemerkt, wenn sie bewußt vor Ihnen versteckt gehalten worden wären?«
    »Ich denke, die Antwort darauf lautet: nein«, gab Sarah leise zu. »Andererseits wäre es möglich, daß Katie selbst nicht wußte, was mit ihr vorging.«
    »Sie ist auf einer Farm aufgewachsen. Und sie hat erlebt, wie Sie schwanger waren, richtig?« Als Sarah den Kopf senkte und nickte, schoß Lizzie plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. »Hat Katie je einen Hang zu Gewalttätigkeit erkennen lassen?«
    »Im Gegenteil – andauernd bringt sie kranke Eichhörnchen und Vögel ins Haus, und sie füttert die Kälber, deren Mütter bei der Geburt gestorben sind. Sie ist sehr fürsorglich.«
    »Hat sie öfters auf ihre kleine Schwester aufgepaßt?«
    »Ja. Hannah war ihr Schatten.«
    »Wie ist ihre Jüngste gestorben?«
    Sarah schloß die Augen, und sie schien aus sich selbst herauszutreten. »Sie ist ertrunken. Ein Unfall beim Schlittschuhlaufen, als sie sieben Jahre alt war.«
    »Das tut mir sehr leid. Waren Sie damals dabei?«
    »Nein, sie und Katie waren allein draußen am Teich.« Als Lizzie keine weitere Frage mehr stellte, sah Sarah sie an und las den Gedanken, der ihr ins Gesicht geschrieben stand. »Sie können doch nicht ernsthaft annehmen, daß Katie irgendwas mit dem Tod ihrer eigenen Schwester zu tun hatte!«
    Lizzie zog die Augenbrauen hoch. »Mrs. Fisher«, sagte sie leise, »das habe ich mit keinem Wort behauptet.«
    In einer besseren Welt würde Samuel Stoltzfus die Seiten von Illustrierten zieren, mit nichts als Unterwäsche von Calvin Klein am Leib, dachte Lizzie. Er war groß, kräftig und blond und so klassisch gutaussehend, daß Frauen aller Glaubensrichtungen Mühe haben mußten, bei ihm nicht schwach zu werden. Aber Lizzie hatte den jungen Mann nun schon zwanzig Minuten lang vernommen, und sie wußte, daß er zwar wie ein griechischer Gott aussah, aber ganz sicher nicht so clever wie Sokrates war. Sie hatte ihm jeden einzelnen medizinischen Nachweis für die Schwangerschaft seiner Freundin vorgehalten, aber Samuel war nicht davon abzubringen, daß Katie kein Kind geboren hatte.
    Vielleicht war Verdrängung ja ansteckend, wie Grippe.
    Lizzie atmete tief aus und gab nach. »Versuchen wir’s mal anders. Erzählen Sie mir ein bißchen was über Ihren Boß.«
    »Aaron?« Samuel wirkte verwirrt, was ihm nicht zu verdenken war. Alle anderen Fragen hatten auf seine Beziehung zu Katie abgezielt. »Er ist ein guter Mann. Ein sehr einfacher Mann.«
    »Mir kam er etwas verbohrt vor.«
    Samuel zuckte die Achseln. »Er ist es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen«, sagte er und fügte dann eilig hinzu, »aber es ist ja schließlich auch seine Farm.«
    »Und wenn sie erst ein Mitglied der Familie

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