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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Konsequenzen zu tragen – so schmerzlich das auch war.
    »Dad?« flüsterte Katie.
    Aaron hob eine Hand, als wollte er sie abwehren. Dann nahm er seine Kaffeetasse, drehte sich um und ging mit hängenden Schultern und dem schweren Schritt eines sehr viel älteren, sehr viel klügeren Mannes aus dem Stall.
    »War’s denn genug?«
    Coop sprach über den Wust von Tellern und Schüsseln hinweg. Ellie bekam zwar keinen Bissen mehr hinunter, aber es war noch immer nicht genug. Sie konnte sich kaum vorstellen, je genug von all den Menschen und dem Gewirr von Stimmen um sie herum zu bekommen, von der betörenden Mischung teurer Parfüms, dem Geräusch der Autos, die auf der Straße unterhalb des Dachterrassenrestaurants entlangbrausten.
    Ellie betrachtete den Regenbogen, den das Kerzenlicht in ihr Glas Chardonnay malte, und sie lächelte.
    »Was ist denn so lustig?« fragte Coop.
    Ellie lachte auf. »Ich hab die ganze Zeit das Gefühl, ich müßte nachsehen, ob mir nicht Mist an den Schuhen klebt.«
    »Fünf Wochen auf einer Farm machen aus dir noch keinen Bauerntrampel. Außerdem steht dir dein Kleid um einiges besser als diese Latzhosen.«
    Ellie genoß das Gefühl von Seide auf der Haut. Leda hatte das Kleid für sie bei Macys ausgesucht und es zusammen mit Coop zur Farm gebracht. Ellie war die Luft weggeblieben, als er in seinem dunklen Anzug mit Seidenkrawatte und einem kleinen Blumenstrauß in der Hand dastand, um mit ihr zum Dinner nach Philadelphia zu fahren, während Leda auf Katie aufpaßte.
    Der Wein machte sie locker und entspannt. »Ich komm gar nicht drüber weg, daß wir zwei Stunden gefahren sind, um hier essen zu gehen«, raunte Ellie. Es war ein tolles Restaurant, mit Orchester und Panoramafenstern, hinter denen die Lichter der Großstadt glitzerten – doch die Vorstellung, daß Coop den weiten Weg zu den Fishers und dann wieder zurück nach Philadelphia gefahren war, löste bei Ellie Gefühle aus, zu denen sie noch nicht bereit war.
    »Eigentlich nur anderthalb Stunden«, berichtigte Coop. »Und außerdem ist es nicht leicht, ein Restaurant zu finden, wo man so lecker essen kann.«
    »Gott, ja«, lachte sie. »Und wenn du das Wort ›Essen‹ auch nur denkst, übernehme ich für nichts mehr die Verantwortung.«
    Ellie reckte sich auf ihrem Stuhl wie eine Katze. »Es ist schön, daß ich mich mal von der Farm stehlen konnte«, sagte sie. »Ich hab das gebraucht. Danke. «
    »Ich danke dir «, antwortete er. »Meine Dinnerbegleitungen sind sonst nicht so unterhaltsam. Von Mist hat jedenfalls bislang noch keine gesprochen.«
    »Da siehst du’s. Ich verlerne schon mein gutes Benehmen.«
    Coop stand auf und nahm ihre Hand. »Ich möchte mit dir tanzen.«
    Ellie ließ sich hochziehen, und Coop zog sie an sich. Er begann, sich langsam mit ihr auf dem Parkett zu drehen.
    Ellie legte den Kopf unter sein Kinn. Ihre Hände waren ineinander verschlungen wie Efeu, der über ihren Herzen wuchs; und sein Daumen strich über ihre nackte Schulter. Sie schloß die Augen, als seine Lippen über ihre Schläfe streiften, und ließ sich sacht von ihm führen. Einen Moment lang dachte sie nicht mehr an Katie, an den Prozeß, an ihre Verteidigung, spürte nur noch die berauschende Wärme von Coops Hand auf ihrem Rücken. Die Musik hörte auf, und als die Paare vom Parkett gingen, blieben Ellie und Coop einfach stehen und blickten einander an.
    »Ich glaube, ich würde mir gern mal ansehen, wo du deine Kutsche untergebracht hast«, murmelte Ellie.
    Coop betrachtete sie aufmerksam. »Es ist kein besonders schöner Stall im Vergleich zu anderen.«
    »Das macht nichts.«
    Und er lächelte sie so strahlend an, daß sie nicht einmal merkte, wie kühl es geworden war, als sie mit offenen Fenstern zu seiner Wohnung fuhren. Sie saß so nah wie möglich an ihn geschmiegt, ihre Hände auf dem Schalthebel ineinander verschlungen. Als sie bei ihm zu Hause ankamen, steckte Coop den Schlüssel ins Schloß, stieß die Tür auf und fing sofort an, sich zu entschuldigen. »Hier herrscht ziemliches Chaos. Ich hab ja nicht gewußt –«
    »Ist schon gut.« Ellie trat vorsichtig ein, als könnte ein zu schwerer Schritt den Zauber des Augenblicks zerstören. Sie sah das Glas Cola auf dem gläsernen Couchtisch, die psychologischen Fachzeitschriften, die auf dem Boden verstreut lagen. Die Joggingschuhe, die an den Schnürsenkeln zusammengeknotet waren und über die Rückenlehne eines Stuhls hingen. Keines der Möbelstücke paßte zum

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