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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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Visitenkarte, auf der ein Clownsgesicht abgebildet war. Die Illustration nahm fast die gesamte Karte ein. Nur die roten Lippen waren farbig. Am unteren Rand stand etwas. Es war der Name des Clowns, aber sie konnte sich nicht an ihn erinnern, weil sie ihn gar nicht gelesen hatte. Sie hatte sich nur das Bild angesehen und dann den Mann, der ihrer Mutter die Karte gegeben hatte.

    Sie waren im Kaufhaus gewesen. Ihre Mutter hatte versprochen, ihr ein Geschenk zu kaufen, weil sie brav gewesen war und so schön mit Daisy gespielt hatte. Ihre Mutter schob den Kinderwagen vor sich her und blieb dann stehen, um sich mit jemandem zu unterhalten, den sie kannte. Lauren lief voraus zu den Spielsachen.
    Nicht zu weit, Lauren , rief ihre Mutter.
    Lauren stand vor den Regalen. Ihre Augen nahmen alles auf, was da war. Ein großes Fach mit Kuscheltieren, Kaninchen, Hunde und Affen. Sie baumelten von kleinen Haken an einer Stange. Der Affe gefiel ihr sofort. Sie pflückte ihn von der Stange und strich mit den Fingern über das dunkle, glänzende Fell. Sie drückte ihn an sich, als wäre es schon ihrer. Dann wurde ihr bewusst, dass ein Erwachsener neben ihr stand, ein Mann.
    Der ist wirklich knuffig , sagte der Mann und zeigte auf den Affen.
    Sie war überrascht. Er redete mit ihr.
    Ja , sagte sie höflich.
    Ich habe ein Kaninchen hinter meinem Rücken. Kannst du raten, in welcher Hand?
    Sie schaute sich den Mann aufmerksam an. Er hatte abstehende Ohren und ein langes Gesicht.
    Welche Hand? , sagte er mit einem halben Lächeln.
    Sie zeigte auf eine Seite und er zog feierlich das Kaninchen hervor. Hinter ihr wurde ihr Name gerufen und sie hörte den Kinderwagen näher kommen.
    Was ist hier los, Lauren?, sagte ihre Mutter und schaute fragend auf den Mann.
    Guten Tag, sagte er und hängte das Kaninchen zurück an den Haken. Waren Sie beide nicht letzte Woche auf dem Kindergeburtstag in der Hazelwood Road?
    Ihre Mutter nickte.
    Ich war auch da. Der Clown!
    Oh, ja, natürlich. Ich habe Sie nicht erkannt. Natürlich.
    Ihre Mutter und der Clown unterhielten sich, aber Lauren hörte nicht zu. Sie nahm das Kaninchen und schaute es an. Es war grau und hatte ganz weiches Fell. Sie zögerte und betrachtete den Clown aus den Augenwinkeln. Er machte eine Bemerkung über Daisy und lachte. Dann holte er eine Karte aus der Tasche und gab sie ihrer Mutter.
    Vielleicht feiern Sie ja auch mal Geburtstag. Sie können mich am Handy fast immer erreichen, sagte er.
    Er entfernte sich vom Spielzeugregal und ging schnell davon, als hätte er es plötzlich eilig. Lauren fragte sich, ob er das Kaninchen vergessen hatte, das er kaufen wollte. Sie legte es zurück und nahm sich wieder den Affen. Ihre Mutter hielt die Karte in der Hand.
    Darf ich mal sehen?, fragte sie.
    Ihre Mutter gab ihr die Karte. Es war ein Clownsgesicht darauf. Die roten Lippen lachten. Es sah überhaupt nicht aus wie der Clown, den sie auf dem Geburtstag der Zwillinge gesehen hatte.
    Na los, wir gehen zur Kasse, sagte ihre Mutter.
    Ich weiß schon, wie ich ihn nennen werde, sagte Lauren.
    Komm jetzt. Daisy muss gleich gestillt werden.
    Ich werde ihn Charly nennen. Charly, den Schimpansen, sagte sie und gab ihrer Mutter das Kuscheltier.
    Während sie an der Kasse warteten, schaute sie aus dem Fenster. Sie sah den Clown an der Bushaltestelle. Er stand hinter zwei Mädchen, die etwas älter waren als sie. Ein Bus kam und versperrte ihr die Sicht. Als er weiterfuhr, waren die beiden Mädchen weg, aber der Clown stand immer noch da. Dann schaute er auf die Uhr und ging die Straße hinauf.
    Bitteschön! , sagte ihre Mutter und überreichte ihr das Geschenk.
    Sie nahm den Affen aus der Tüte und drückte ihn an sich.
    ***
    Lauren war völlig überrascht von der Erinnerung. Sie hatte den Clown nicht nur bei den Zwillingen gesehen. Sie hatte ihn noch einmal gesehen. Ihre Mutter hatte seine Karte genommen. Hatte sie ihn angerufen? Ihn für Laurens Kindergeburtstag bestellt? Sie stand abrupt auf. Das war absurd. Das war die Geschichte, die ihr Vater und seine Anwältin ihr eintrichtern wollten. Es war egal, ob ihre Mutter diesen Mann noch einmal getroffen hatte. Es war egal, ob das Gesicht dieses Clowns jetzt in ihrem Kopf herumspukte. Lauren wusste , was sie vor zehn Jahren gesehen hatte. Ihr Vater hatte ihre Mutter und ihre kleine Schwester ermordet. Er hatte versucht, auch sie zu ermorden.
    Was machte es für einen Unterschied, ob sie den Clown im Kaufhaus getroffen hatten?
    Aber sie hatte ihn danach

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