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Die eisblaue Spur

Die eisblaue Spur

Titel: Die eisblaue Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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wieder
zumachte und sich ins Kopfkissen kuschelte. »Dann sterbe ich
eben.«
    »Es ist bestimmt noch was
übrig. Man kann ja hier nicht einfach zum nächsten Kiosk
gehen und sich einen Hotdog holen. Im Hotel gibt’s bestimmt
Sandwichs oder so.« Dóra tätschelte
Matthias’ Brust. »Komm, lass uns das mal abchecken. Wir
besorgen uns einen Snack und gehen dann schlafen. Oder machen was
anderes.« 
    »Klingt gut.«
Matthias richtete sich auf. »Kann ich noch
duschen?«
    »Leider nicht. Ich hab das
gesamte Wasser der grönländischen Ostküste
verbraucht.« Dóra stand auf und spürte, wie ihre
Kräfte wieder zum Leben erwachten. »Wir beeilen uns, und
du gehst einfach danach duschen.« Sie sah ihm an, dass er
diese Idee nicht besonders gut
fand.        
    Das Essen war nichts Besonderes,
aber Matthias und Dóra waren so hungrig, dass sie alles
verschlangen, so als hätten sie tagelang nichts mehr zu essen
bekommen. Der Speisesaal war leer, und der Barkeeper hatte alle
Hände voll damit zu tun, Alvar, Bella und Eyjólfur zu
bedienen. Trotzdem war der junge Mann sehr freundlich gewesen und
hatte sich erboten, in der Küche nachzufragen, ob es unter den
gegebenen Umständen noch etwas zu essen gab. Kurz darauf war
er mit fünf Joghurtbechern, einer Banane, einem Brot und etwas
Schinken zurückgekommen. 
    Als Dóra den letzten Rest
Joghurt aus ihrem Becher gekratzt hatte und nur noch das
Endstück des Brots übrig war, bekam sie plötzlich
Lust auf einen Drink. »Komm, lass uns an die Bar
gehen.«
    »Und was ist mit meiner
Dusche?« Matthias war immer noch mit dem dritten Joghurt
beschäftigt. »Ich muss unbedingt duschen. Ich kann mich
schon selbst nicht mehr riechen.« Er schaute zur Bar und
beobachtete die drei Gäste. »Geh schon mal vor. Ich
komme nach, wenn ich fertig bin. Dann bist du mir ein Glas voraus,
aber das hole ich schnell auf.« Er legte den Teelöffel
weg und stand auf. »Und außerdem bin ich dann viel
anziehender.«
    Bella saß zwischen
Eyjólfur und Alvar, und Dóra setzte sich neben den
IT-Experten, weil sie nicht neben dem Rettungsmann sitzen wollte.
Der wirkte griesgrämig und hatte offenbar schon ziemlich viel
Bier intus. »Du hast dich aber chic gemacht«, sagte
Eyjólfur und warf einen anerkennenden Blick auf Dóras
Beine, als sie auf den Barhocker kletterte. »Ich hatte ganz
vergessen, dass es noch was anderes gibt als
Hosen.«
    Dóra war nicht gerade
begeistert, dass er ihre Kleidung ansprach, und bestellte ein Glas
Weißwein. »Seid ihr auch so fertig? Ich kann mich nicht
erinnern, jemals so erschlagen gewesen zu sein.«
    »Dann hast noch nicht viel
erlebt«, nuschelte Alvar, ohne Dóra anzuschauen. Wie
hypnotisiert stierte er auf die glänzenden Flaschen hinter der
Theke.
    »Unverschämtheit«,
tönte Eyjólfur und stieß Dóra mit dem
Ellbogen an. »Willst du ihm das nicht
heimzahlen?«
    »Nee, keine Lust.«
Dóra wollte sich nicht mit einem betrunkenen,
schlechtgelaunten Kerl in einer grönländischen Bar
anlegen. »Weißt du zufällig, ob Oddný
Hildur zwei Zahnkronen im Unterkiefer hatte?«
    »Soll das ein Witz
sein?« Eyjólfur hielt mitten im Trinken inne. Als er
merkte, dass Dóra es ernst meinte, sagte er: »Nee,
aber von innen hab ich sie mir auch nicht so genau
angeschaut.«
    »Kann man das denn
überhaupt erkennen?« Bella gähnte. »Ich
meine, wenn jemand lächelt, sieht man vielleicht den
Oberkiefer, aber doch nicht die Zähne im
Unterkiefer.«
    Bella hatte recht. Dóra
erinnerte sich an einen Urlaub auf Ibiza, wo auf der
Tanzfläche Schwarzlicht installiert gewesen war und die Leute
mit Zahnersatz aus Porzellan so wenig wie möglich
gelächelt hatten. »Warst du mal mit ihr in der
Disco?«
    Eyjólfur lachte.
»Ich mit Oddný Hildur in der Disco? Um Himmels Willen.
Ich hab sie immer nur am Arbeitsplatz gesehen.« Sein Grinsen
verschwand. »Was sind das eigentlich für dämliche
Fragen? Sind irgendwelche Zähne gefunden
worden?«
    »Nein, nein. Ich bin nur
neugierig.« Der Weißwein war eiskalt und schmeckte
ausgezeichnet. Nur schade, dass es nichts Vernünftiges zu
essen dazu gab. »Wo sind eigentlich Friðrikka und
Finnbogi?« Dóra wollte das Gespräch von
Zähnen weglenken und lieber später die Geologin danach
fragen. Dabei müsste sie sich allerdings etwas geschickter
anstellen.
    »Finnbogi wollte ins Bett,
Friðrikka ist spazieren gegangen.« Alvar leerte sein
halbvolles Glas in einem Zug und bestellte ein neues Bier.
Dóra schätzte, dass es sein fünftes oder

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