Die Eiserne Festung - 7
winterlichen Reise hieß das einiges. Im Augenblick allerdings war ihm die Kälte egal. Er machte sich nicht einmal mehr Sorgen darüber, ob und wie er in Zion ankäme und was danach geschehen würde. Im Augenblick galt seine ganze Anstrengung, Fassung zu bewahren. Sonst hätte er laut gejubelt, während der Eissegler Hornisse über die endlose, spiegelglatte Oberfläche des zugefrorenen Pei-Sees hinwegsauste wie Langhornes Rasiermesser. Hinter dem Segler stoben Eisbröckchen auf, die im Schein der Sonne einen Regenbogen aufleuchten ließen - ein herrlicher Anblick!
Die Reise im Eissegler übertraf alles, was Coris sich vorgestellt hatte. Während ihrer langen Überlandreise von Fairstock bis Seeblick hatte Hahlys Tannyr ihm beim Essen oder dem einen oder anderen Humpen Bier die bevorstehende Fahrt zu schildern versucht. Selbst das war nur ein schwacher Abklatsch dessen, was Coris nun selbst erleben durfte. Dabei besaß Coris viel Fantasie und Pater Hahlys Erzähltalent und Enthusiasmus. Nur nutzte die beste Beschreibung und die lebhafteste Fantasie nichts, wenn man schlicht nie etwas Vergleichbares gesehen oder erlebt hatte. Hätte man ihn gefragt, hätte er die Möglichkeit, schneller zu reisen als ... nun, sagen wir: fünfzehn Meilen pro Stunde, als unrealistisch abgetan. Selbst diese Geschwindigkeit hätte er für beliebig unwahrscheinlich gehalten. Vielleicht könnte ein ganz besonders gutes Pferd sie in gestrecktem Galopp erreichen. Peitschenechsen waren schneller, richtig, jedenfalls wenn sie zum Angriff übergingen. Coris hatte berichten hören, die Raubtiere erreichten dann sogar vierzig Meilen in der Stunde. Aber niemand war jemals auf einer Peitschenechse geritten ... außer vielleicht sehr, sehr kurze Zeit in gewissen Geschichten, deren Sinn und Zweck es war, zu betonen, wie unklug ein solcher Versuch doch war.
Aber jetzt hörte Coris nicht nur Tannyr davon berichten, sondern stand selbst an Deck eines Eisseglers. Eissplitter stoben wie Diamantstaub von den Kufen des Fahrzeugs auf. Begleitet vom hohen Sirren der Kufen auf dem Eis glitten sie gedankenschnell dahin; das unglaubliche Zittern des ganzen Rumpfes erfasste den Grafen von den Zehen bis in die Fingerspitzen. Er flog, geerdet allein durch den Teil seines Verstandes, der die vergangenen, ermüdenden fünf Wochen der Reise durchging, bis hin zu diesem unfassbaren Augenblick.
Die Reise durch das Rayworth-Tal von der Stelle an, da es sich tief im Herzen der Gabelberge wie die Öffnung in Nord-Süd-Richtung erstreckte, war anstrengend und ging nur qualvoll langsam voran. Vor diesem Hintergrund erschienen Tannyrs Schilderungen über die Geschwindigkeit seines Eisseglers nur noch unglaubwürdiger. Das Einzige, was Coris mit diesem Teil der Reise versöhnte, war, so sonderbar es klingen mag, der Schnee. Wie gut diese großen Schlitten, die Tannyr beschafft hatte, vorankamen, überraschte ihn. Kutschen oder Reiter wären auf den winterlich vereisten Straßen weitaus langsamer gewesen. Gezogen wurden die Schlitten von Gespannen sechsbeiniger Eisechsen, die regelmäßig ausgewechselt wurden. Irgendwie war es dem Unterpriester gelungen, sie mit Hilfe des Semaphorensystems der Kirche anzufordern.
Im Gegensatz zu den Passagieren im Schlitten machten den Eisechsen die eisigen Temperaturen und der Schnee nicht das Geringste aus. Ihr dicker, dichter Pelz isolierte sie nahezu perfekt (Coris hatte bei einer Übernachtung in einer der Poststationen herausgefunden, dass man aus diesem Pelz geradezu sündhaft sinnliche Teppiche fertigen konnte; etwas Schöneres konnte man sich unter nackten Füßen einfach nicht vorstellen!). Und auf ihren riesigen Pfoten - mit Schwimmhäuten - kamen die Echsen selbst noch durch die dichtesten Schneeverwehungen. Dabei waren Eisechsen wesentlich kleiner als Bergechsen, die man in deutlich milderem Klima als Zugtiere einsetzte. Doppelt so massig wie ein Pferd aber waren sie schon. Auch wenn Eisechsen wohl ernstlich Schwierigkeiten hätten, mit einem galoppierenden Reitpferd Schritt zu halten, verfügten sie über die fast unerschöpfliche Ausdauer, die allen Echsen auf ganz Safehold gemein war. Das bedeutete, sie konnten fast unbegrenzt lange eine Geschwindigkeit aufrechterhalten, die selbst das robusteste Pferd sehr rasch erschöpft hätte - ein Pferd wäre vielleicht sogar irgendwann einfach tot umgefallen.
Eisechsen würden sich sogar in einem Schneesturm mitten in den Gabelbergen wohlfühlen. Wäre der Wind sogar für sie zu
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