Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
angeordnet. Wir müssen zurück nach London, damit ich herausfinden kann, wer es getan hat.«
»Ja, das sollten Sie wohl tun. Haben Sie fünf Livre?«
Natürlich nicht. »Nein.«
Yasmeen schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
Als eine Woche später die Rufe der Mannschaft erschollen, ging Mina gerade in ihrer Kabine auf und ab, kurz vorm Durchdrehen, und versuchte sich davon zu überzeugen, dass sie genauso große Chancen hätte, nach Hause zurückzukehren, wenn sie von diesem Luftschiff sprang und es mit den Zombies aufnahm.
Im Schein der Laternen kletterte sie an Deck. Gewehrsalven krachten, als die Mannschaft in der Dunkelheit auf die Zombies unten schoss.
Fox kletterte über die Bordwand, seine Haut war schmutzverkrustet, die Kleider schlotterten um seine magere Gestalt. Sein Mund verbarg sich unter einem einen Monat alten Bart. Er schnallte seinen Gleiter ab – der sich nun in einer anderen Haltevorrichtung befand, wie Mina bemerkte – und blickte zu Yasmeen hinauf. In seinem Gesicht war nichts mehr von der Begierde zu erkennen, die er bei seinem ersten Mal an Bord gezeigt hatte. Seine Züge wirkten hart, bedrohlich.
»Bringen Sie mich zum Ivory Market«, sagte er.
Mina konnte das Gesicht der Kapitänin nicht sehen, doch die Männer um sie herum verstummten.
Yasmeens Stimme war freundlich. »Unsere Vereinbarung lautet, dass ich Sie nach Chatham zurückbringe, Mr Fox.«
»Ich ändere sie hiermit.« Er nahm eine schwere Geldbörse vom Gürtel und warf sie ihr vor die Füße. »Und jetzt zum Market.«
»Mit einem Umweg über Chatham. Ich habe noch eine Passagierin, Mr Fox. Und ich kann sie nicht als Geisel nehmen.«
Mit zusammengepresstem Kiefer zog er den Revolver und zielte damit auf die Kapitänin. Minas Hand wanderte zu ihren eigenen Waffen, doch sie fragte sich, ob es nötig war, ihn zu erschießen. Er würde vielleicht jeden Moment einfach zu Boden sinken.
Yasmeen hob die Hände. Ihre Stimme wurde zu einem Schnurren. »Tun Sie das Ding weg, Mr Fox, und wir tun einfach beide so, als hätten die vier Wochen, die Sie vor Zombies davongerannt sind, Ihren Geist vernebelt. Sie schlafen jetzt – und wachen lebend wieder auf. Aber nur, wenn Sie das Ding jetzt wegtun.«
Ohne die Waffe zu senken, blickte er zu einem der Männer. »Gehen Sie auf Kurs … « Er unterbrach sich, und sein Blick starrte auf die Stelle, wo Yasmeen eben noch gestanden hatte. Er drehte den Kopf.
Sie kam von hinten, als wäre sie außen an der Bordwand hinaufgeklettert. Sie schlang den Unterarm um seinen Hals und zerrte ihn über die Reling. Beide verschwanden.
Mit rasendem Herzen machte Mina einen Satz nach vorn. Bevor sie die Reling erreichte, tauchte Yasmeen wieder auf und landete in der Hocke auf dem Rand.
Vorsichtig sprang sie an Deck. »Ziehen Sie diese Leiter hoch, Mr Pegg. Ms Khouri, werfen Sie die Maschinen an. Bringen Sie uns verdammt noch mal hier weg.«
Gütiger Himmel . »Und Fox?«
Mit der Stiefelspitze kickte sie die Geldbörse hoch und fing sie auf. »Ich habe ihn über Bord geworfen. Wollen Sie mich jetzt verhaften?«
Nein . Er hatte versucht, mit Waffengewalt ihr Schiff unter Kontrolle zu bringen. Selbst über englischem Boden hätte Mina sie nicht verhaftet. Doch sie war noch immer schockiert von der Plötzlichkeit, mit der alles geschehen war – und traurig über die Dummheit der ganzen Sache. Sie hatte Fox kaum gekannt, doch das, was sie gekannt hatte, hatte sie gemocht.
Sie sah zu, wie die Kapitänin durch die Luke aufs untere Deck sprang, und kehrte zur Reling zurück. Unten herrschte Dunkelheit. Nur das Fauchen und die Zischlaute der Zombies waren zu hören. Fox musste jetzt einer von ihnen sein.
Was war in ihn gefahren, etwas so Törichtes zu tun? Welchen Grund konnte er gehabt haben, sich sofort auf den Weg zum Ivory Market machen zu wollen? Sicher nicht nur Erschöpfung oder Wahnsinn.
Sie blickte zu seinem Gleiter hinab.
Mina traf Yasmeen in ihrer Kabine an, wo sie ein Schnapsglas mit Absinth hinunterkippte. Federn flogen durch die Luft; sie hatte die Kissen in Stücke gerissen. Sie blickte Mina an, als wäre nichts gewesen.
»Was ist das?«
Mina hielt den Gleiter hoch. »Man kann ihn in ein verstärktes Traggestell verwandeln.«
»Oh. Wofür?«
Mina kniete sich neben dem Tisch in einen Haufen Federn und zerfetzter Seide und öffnete das Traggestell. Yasmeen saugte die Luft ein.
Zwischen sorgfältig gepolsterten Glasplatten lag ein Stück gelbes, brüchiges Papier mit einer Skizze, deren
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