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Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Titel: Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meljean Brook
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Tinte verblasst war. Die Zeichnung eines Flügelskeletts, verbunden mit einem künstlichen Gegenstück, das aus Holz gefertigt war und von Schnüren und Riemen bewegt werden konnte – eine Gleitkonstruktion vielleicht.
    Die Kapitänin zog ihre Hand, die über dem Glas in der Luft schwebte, weg, als wage sie es noch nicht einmal, das Glas anzufassen. »Ist das echt?«
    Minas Blick glitt über die akkurate Handschrift auf der Rückseite. Obwohl sie nicht lesen konnte, was da stand, war ihr Leonardo da Vincis Handschrift so vertraut wie ihre eigene – sie war es jedem in England und der Neuen Welt. Wenn das authentisch war, war es mehrere tausend Livre wert. Zehntausende.
    Und weil es womöglich echt war, schloss sie die Vorrichtung vorsichtig wieder.
    »Ich werde seine Schwester suchen«, sagte Yasmeen.
    »Um es ihr zu geben?«
    Sie grinste. »Nein. Um ihr zu sagen, dass ich ihn getötet habe. Wenn ich ihr das hier gebe, hat sie keinen Grund mehr zu schreiben.«
    »Sie hat auch jetzt schon nichts mehr, worüber sie schreiben könnte.«
    »Wahrscheinlich nicht. Dieser dumme Kerl. Warum versuchen sie dauernd, alles zu kontrollieren? Warum können sie uns nicht einfach in Ruhe lassen?«
    Männer? Mina schüttelte den Kopf. Ihre Erfahrung mit ihnen war eine andere als Yasmeens. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    Yasmeen seufzte, bevor sie ihr von der Seite einen schiefen Blick zuwarf. »Nach England also?«
    Nach England und zurück ins Grau. Wolken bedeckten London – nicht der gelbe Nebel, der nachts häufig aufstieg –, und sie waren tief genug, dass Yasmeen am Nachmittag über die Stadt fliegen konnte, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen. Mina hatte sie gebeten, sie in Chatham abzusetzen, doch die Kapitänin hatte sie nur lange angeblickt, und Mina hatte beschlossen, nicht mit ihr zu streiten. Als sie, dem Lauf der Themse folgend, langsam näherkamen, war sie froh über Yasmeens Dickköpfigkeit.
    London stand teilweise in Flammen.
    Gegenüber der Isle of Dogs waren die Marinedocks in Brand geraten. Um die große Rauchsäule zu umgehen, flog Yasmeen über die Insel – die Docks des Eisernen Herzogs waren nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Mina hatte einen Kloß im Hals, als sie die Terror erkannte, deren Segel gerefft und deren Decks leer waren. Obwohl sie versuchte, nicht hinzuschauen, wanderte ihr Blick zum Haus. War Rhys zu Hause? Wann war er angekommen? Hatte er versucht, sie zu erreichen – und was hatte er gedacht, als er erfahren hatte, dass die Lady Corsair noch nicht nach England zurückgekehrt war?
    Doch das Luftschiff segelte weiter, und wenn sie nicht mit dem Fernrohr in der Hand an der Reling entlang zum Heck wanderte, musste sie sich mit diesem kurzen Blick begnügen. Mit einem schmerzhaften Sehnen in der Brust blickte sie wieder nach vorn. Sie flogen an dem zerstörten Turm und den Ruinen der ihn umgebenden Mauer vorbei, auf deren Gelände in den letzten neun Jahren nichts gebaut worden war.
    »Inspektor!« Yasmeen trat zu ihr an die Reling. »Schauen Sie. Meine Männer haben Stahlmäntel entdeckt. In der Nähe des Gefängnisses, sagen sie.«
    In der Stadt?
    Ihr drehte sich der Magen um. Vielleicht brauchte man sie auf Marineschiffen, zum Schutz auf dem Meer und in Übersee, aber nichts in London erforderte oder rechtfertigte den Einsatz solcher Kräfte. Wenn die Rattenfänger nicht gewesen wären, würde die Polizei nicht einmal Schusswaffen tragen, sondern nur Opiumpistolen.
    Sie entdeckte die Stahlmäntel durch ihr Fernrohr; es waren Aberdutzende. In ihren riesigen, schwerfälligen Anzügen bildeten die Marinesoldaten eine dichte Reihe vor dem Gefängnis von Newgate, wo sie offensichtlich den Eingang vor …
    »Da ist ein Menschenauflauf!«, rief sie verwundert. »Sie stehen dicht an dicht von Ludgate bis zum Fleischmarkt!«
    Gütiger Himmel . Was was passiert? Hatte die Polizei die Stahlmäntel der Marine gerufen, um mit der Lage fertig zu werden? Mina konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Polizeichef Broyles so etwas tun würde.
    Sie blickte den Fluss hinauf in Richtung des Polizeihauptquartiers und erstarrte. Wo kam dieser Rauch nur her? »Brennt Scotland Yard?«
    Yasmeen gab ihren Männern Zeichen. »Das werden wir ja sehen.«
    Innerhalb von Minuten hatten sie den Brandherd entdeckt – nicht das Polizeihauptquartier brannte, sondern das Admiralitätsgebäude auf der anderen Straßenseite. Yasmeen befahl, die Segel zu reffen, und kletterte mit Mina über die Strickleiter hinunter.

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