Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
einen Seehund erinnerte – lächerlich und tollpatschig, wenn es auf seinem Bauch landete, doch elegant und wendig in seinem Element. Die Rahen an den Schiffsseiten, die in Vorbereitung ihres Flugs bereits wie Ruder hätten ausgeklappt sein müssen, waren noch immer am Rumpf festgemacht und die Segel gerefft. Die Propeller im Heck drehten sich langsam in der Brise, und Mina konnte nicht das leise Brummen vernehmen, das einen Motor im Leerlauf begleitete. Trotz der Nachricht des Herzogs war die Lady Corsair nicht für den Abflug bereit gemacht worden.
Unter dem Verband, den er noch immer um seinen Kopf trug, war Trahaearns Ausdruck weder überrascht noch verärgert. Er blickte zu Mina, die ihn argwöhnisch anblickte und auf einen Gefühlsausbruch wartete.
»Sie hat es noch nie gemocht, wenn man ihr sagt, was sie zu tun hat«, sagte er, und bevor Mina fragen konnte, wen er meinte, schwang eine Strickleiter an ihr vorbei. Erschrocken trat sie zurück und blickte nach oben.
Ihr Herz begann zu klopfen; eine Frau glitt so schnell die Leiter herab, als könnte sie auf keiner der Sprossen Halt finden. Minas Hände verkrampften sich, während sie der Frau zurief, sich festzuhalten, und gleichzeitig auf den unvermeidlichen schrecklichen Absturz wartete.
Da warf die Frau die Beine in die Luft und setzte zu einem Überschlag an. Wie ein Akrobat auf einem der Ponyfeste der Horde machte sie einen Doppelsalto und landete in der Hocke vor Trahaearns Füßen.
Mina wusste nicht, ob sie applaudieren oder ihre Waffe zücken sollte. Zweifellos war die Frau die Kapitänin des Luftschiffs, die denselben Namen trug wie das Schiff: Lady Corsair . Sie richtete sich auf; sie war einen Kopf größer als Mina und mit einem Entermesser auf dem Rücken, Pistolen an den Hüften und Dolchen in ihren hohen Lederstiefeln bewaffnet. Sie trug ein rubinrotes Seidenkopftuch über ihrem schwarzen Haar, das im Nacken geknotet war, und dessen Enden um ihre Zöpfe geschlungen waren. Breite Wangenknochen verjüngten sich zu einem spitzen Kinn. Ihre katzengrünen Augen, die sie zu schmalen Schlitzen verengt hatte, verrieten, dass sie vor Zorn bebte – einem Zorn, der sich gegen Trahaearn richtete.
»›Halte dich bereit‹?« Obwohl ihre Stimme vor Wut gepresst klang, hatte sie einen kräftigen Klang, mit einem Akzent, den Mina nicht einordnen konnte. Lady Corsair spreizte die Arme, und ihre kurze Fliegerjacke öffnete sich und gab den Blick frei auf zwei weitere Messer, die in einem breiten, karmesinroten Gürtel steckten. »Sieh dich um, Trahaearn, es gibt genug Arschkriecher mit Luftschiffen hier. Du wirst schon einen finden.«
Unbeeindruckt sagte Trahaearn einfach: »Ich möchte die Lady Corsair .«
»Also muss ich dich an Bord nehmen, einfach so?« Ihre Lippen verzogen sich, als wolle sie fauchen, und entblößten Zähne, die ziemlich scharf zu sein schienen. »Zu spät, Kapitän. Ich bin bereits für morgen gebucht und zur Hälfte im Voraus bezahlt worden. Ich halte mich an Vereinbarungen.«
»Wir sind heute Abend zurück. Wir müssen nur über den Kanal bis Calais.«
Neugier huschte über das Gesicht der Frau. Ihr Blick glitt zu dem Verband, bevor sie Mina und Newberry musterte. »Und als Fracht Polizei aus London? Daran verschwende ich nicht meine Zeit. Such dir ein anderes Schiff, Trahaearn.«
Sie packte die Strickleiter.
»Fünfundzwanzig Livre«, sagte der Herzog.
Mina fiel die Kinnlade herunter. Die entsprechende Summe in englischen Pfund würde sämtliche Ausgaben ihrer Familie für die nächsten fünf Jahre decken: die Löhne der Dienerschaft, Essen, Steuern – und es wäre noch immer genug übrig, um das Stadthaus neu zu möblieren.
Lady Corsair wandte sich erneut lächelnd zu Trahaearn um. »Willkommen an Bord, Kapitän.«
Mina war nicht klar gewesen, wie kalt es auf dem offenen Deck eines Luftschiffs wurde, wenn es einmal fuhr. Zitternd schnallte sie den Überzieher zu, während sie versuchte, der Kapitänin aus dem Weg zu gehen, als sie ablegten und die Segel hochzogen. In der Nähe des Bugs fand sie schließlich einen Sitzplatz auf einer Holzkiste, die nicht gebraucht zu werden schien und hoch genug war, dass sie über die Seitenwand schauen konnte. Der Medway unter ihr schlängelte sich wie eine schimmernde Schleife durch gelbe Felder. Die Sonne blendete sie, doch sie blickte trotzdem nach oben, verblüfft darüber, wie blau der Himmel war. Selbst die Wolken überraschten sie, helle Streifen, die sich über den Himmel zogen
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