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Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Titel: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.D. Miller
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Raum verließ.
    »Einen kleinen Wodka?«, fragte er auf Russisch.
    »Extrem«, sagte Sergei Borisowitsch.
    »Nein danke«, erwiderte ich.
    »Ach was«, sagte der Kosak, »ist doch Silvester.«
    »Erst arbeiten wir«, sagte Paolo, »dann trinken wir.« Wenn man wusste, worauf man zu achten hatte, merkte man, dass Paolo zu den Moskau-Veteranen zählte. Er kam zu Partys erst um Mitternacht, stürmte bei der Ausweiskontrolle am Flughafen wie ein Stier an Warteschlangen vorbei, ging auch bei minus zwanzig Grad zum Rauchen nach draußen und war niemals überrascht.
    »Okay«, antwortete der Kosak. Wir setzten uns an den Konferenztisch. Er wisperte einem der Anwälte etwas zu, der daraufhin für fünf Minuten den Raum verließ. Dann unterhielten wir uns gut zwanzig Minuten lang träge über technische Details, als Paolos Telefon zu klingeln begann.
    »Vielleicht«, sagte der Kosak, »sind es ja gute Neuigkeiten.«
    Paolo nahm das Gespräch an und trat zum Telefonieren ans Fenster. ›Wo sind Sie?‹, hörte ich ihn fragen, dann fluchte er auf Italienisch, deckte das Handymikro zu und fragte nach der Telefonnummer im Sitzungsraum. Einer der Narodneft-Leute nannte sie ihm, er wiederholte sie und legte auf.
    »Wjatscheslaw Alexandrowitsch«, sagte Paolo, als er sich wieder hinsetzte. »Er ist in Sotschi.« Du weißt vermutlich, dass Sotschi am Schwarzen Meer liegt, also gut viereinhalbtausend Kilometer von dort entfernt, wo Wjatscheslaw Alexandrowitsch eigentlich sein sollte. »Er ruft zurück.«
    Ein Telefon mitten auf dem Konferenztisch klingelte. Der Kosak langte rüber und stellte auf Lautsprecher.
    Wjatscheslaw Alexandrowitsch erzählte uns, es täte ihm leid, wir möchten ihm bitte verzeihen, es habe in der Familie einen dringenden Notfall gegeben; dergleichen würde nie wieder vorkommen. Wir bräuchten uns allerdings keine Sorgen zu machen, fuhr er fort: Er sei mit seinen Assistenten in der Arktis gewesen, hätte sogar fast eine Woche dort verbracht, und alles sei normal. Das Montageteam sei dem Zeitplan voraus und im Budgetrahmen geblieben. Man hätte angefangen, die Pipeline zu verschweißen, die vom Ufer zum Schwimmterminal führen sollte, die ersten Teile der an Land zu bauenden Pumpstation seien eingetroffen und warteten darauf, zusammengesetzt zu werden, sobald das Wetter sich besserte. Der Supertanker lag an der Küste im Trockendock und wurde bereits umgebaut (der Rumpf musste so verändert werden, dass auf einer Seite Öl von der Pipeline aufgenommen und auf der anderen Seite zu den Abnehmerschiffen gepumpt werden konnte). Die Stellen auf dem Meeresboden, an denen die zwölf permanenten Anker versenkt werden sollten, waren markiert. All dies stand in seinem offiziellen Bericht. Er bringe ihn gerade zu Ende, und wir hätten bald einen Ausdruck vorliegen. Er redete gut zwanzig Minuten lang, deckte uns mit Statistiken und Messungen ein, mit Dezibars, Barrel pro Tag, Meter pro Sekunde, Tonnen pro Jahr. Dann entschuldigte er sich noch einmal und legte auf.
    Paolo, Sergei Borisowitsch und ich rollten mit unseren Stühlen vom Konferenztisch fort, um uns zu beraten.
    »Ist das koscher?«, murmelte Paolo mir zu.
    »Kommt jedenfalls wie gerufen«, erwiderte ich.
    »Und was hat er in Sotschi zu suchen?«, wollte Sergei Borisowitsch wissen.
    »Allerdings«, wandte Paolo ein, »weiß er, wovon er redet. Und worin liegt letztlich schon der Unterschied zwischen einem Telefonat und einem Bericht?«
    »Dann sind da noch die anderen Garanten«, sagte ich.
    »Und es ist Silvester«, sagte Sergei Borisowitsch.
    Ich weiß nicht mehr genau, was wir bei diesem Treffen gedacht haben, bin mir aber sicher, dass wir nur zu gern bereit waren, den Bankern zu geben, was sie, wie wir wussten, unbedingt von uns wollten, nämlich ein Ende ihrer Probleme und keine neuen. Dem Kosaken war leicht anzumerken, was für ein windiger Draufgänger er war. Angesichts des Wildwestgebarens jener Tage aber schien der Vorgang wiederum auch nicht so ungewöhnlich. Wir hatten schon früher mit Wjatscheslaw Alexandrowitsch zusammengearbeitet. Der Papierkram war soweit in Ordnung. Das Wichtigste aber war, dass Narodneft hinter dem Projekt stand, selbst wenn es rechtlich nicht ganz sauber sein sollte, und wir nahmen an, dass man bei Narodneft schon auf die Reputation achtete, schließlich stand der Börsengang kurz bevor. Für so eine gigantische Firma waren die Rückzahlbeträge außerdem Peanuts: Bestimmt gaben die Manager jedes Jahr fast ebenso viel für die

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