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Die Eiskrieger

Die Eiskrieger

Titel: Die Eiskrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Tilgran die Wahrheit herausfand, war ihrer beider Leben nicht einen Pfifferling mehr wert.
    »Bist du wirklich sicher?« fragte er nach einer Weile. »Möglicherweise hast du dich getäuscht.«
    »Es war Golert«, beharrte Buruna. »Außerdem wollte er nach Süden. Er kann durchaus vor uns hier angelangt sein, denn wir wurden durch unseren Schiffbruch und den folgenden Fußmarsch unnötig lange aufgehalten.«
    Gleichzeitig reifte ein Entschluss in ihr heran, den auszuführen sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich sein würde. Aber sie musste die Flüchtlinge warnen. Falls sie recht vermutete, stand ihnen sonst ein grausames Schicksal bevor. Immerhin fiel es ihr leicht, sich in der Nähe des Lagers zu bewegen. Die Caer durften nicht offenbar werden lassen, dass Lamir und sie Gefangene waren.
    »Du hast etwas vor?« flüsterte der Barde ihr bei der nächstbesten Gelegenheit zu. »Ich sehe es dir an, dass du irgend etwas ausbrütest.«
    Sie konnte ihm nicht antworten, weil Tilgran kam. Aber ihre Blicke verhießen Lamir, den Abend abzuwarten.
    Die Dämmerung brach schnell herein. Der Himmel überzog sich mit düsteren Wolken, die Sturm und Regen ankündigten. Ein kaum wahrnehmbarer Geruch von Schwefel lag in der Luft. Trettan Delem saß mit einigen Caer am Feuer, ohne auch nur zu ahnen, wem seine Gastfreundschaft galt. Buruna und Lamir hatten ihre Pferdedecken neben einem dornenbewehrten Gebüsch ausgebreitet, das sie vor allzu neugierigen Blicken abschirmte.
    Allmählich kam von See her ein Sturm auf, der zwar keinen Regen mit sich brachte, aber doch die Luft mit einer unangenehmen Feuchtigkeit erfüllte. Die Stimmen am Feuer wurden leiser. Schließlich erhob sich der Anführer der Flüchtlinge und kehrte zu den Seinen zurück. Bangen Herzens wartete Buruna, bis die Wachen kamen, um nach ihr und Lamir zu schauen. Sie stellte sich schlafend.
    »Jetzt!« hauchte sie, als die Caer weitergegangen waren.
    Es bedurfte nur weniger Augenblicke, um genügend Erde, Gras und Steine zusammenzuraffen, dass diese, unter den Decken angehäuft, bei flüchtigem Hinsehen den Eindruck zweier ruhig schlafender Menschen erweckten. Bemüht, kein verräterisches Geräusch zu verursachen, krochen Buruna und Lamir dicht an den Boden gepresst unter den weit ausladenden Zweigen des Gebüschs hindurch. Erst nach etlichen Mannslängen wagten sie, sich zu gebückter Haltung aufzurichten. Ihnen war, als fühlten sie eine eisige Faust im Nacken, die jeden ihrer Schritte zur Qual werden ließ.
    Sie hatten noch nicht einmal die halbe Strecke zurückgelegt, als Lamir erschöpft zusammenbrach. »Ich kann nicht mehr«, stöhnte er. »Meine Glieder sind schwer wie Blei.«
    Buruna fühlte sich ebenfalls immer schwächer werden. »Magie!« flüsterte sie. »Tilgran muss unsere Umgebung mit einem Bann belegt haben, um uns an der Flucht zu hindern.« Gleichzeitig wuchs in ihr der Wille, die unsichtbare Sperre zu überwinden. In Gedanken sah sie den Kometensohn wieder vor sich stehen. Er rief nach ihr, sagte, dass sie es schaffen könne, wenn sie nur wolle.
    Und Buruna wollte. Der heftiger werdende Sturm zerrte an ihr. Um jede Handbreit, die sie vorwärts kam, musste sie kämpfen. Bald war sie schweißgebadet.
    Lamir jammerte in einem fort, schien aber schließlich selbst dazu zu schwach. »Kehr um!« war das letzte, was verständlich über seine Lippen kam.
    »Nein!« Niemals hätte Buruna jetzt aufgegeben.
    Völlig unerwartet fiel dann alle Schwere von ihr ab. Heftig atmend blieb die Frau noch eine Weile liegen. Ihr Herz pochte bis zum Hals, sie hatte das Gefühl, in einem rasenden Wirbel zu stehen, der sich erst allmählich beruhigte. Wieviel Zeit verstrichen war, bis Lamir und sie auf die nächste Blockhütte zu hasteten, wusste Buruna nicht. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Verschwinden inzwischen nicht schon entdeckt worden war.
    Das einzige Fenster, das die Hütte besaß, war mit dicken Tüchern verhängt. Dahinter zeichnete sich der flackernde Schein einer brennenden Fackel ab. Buruna stieß die Tür auf, die keinen Riegel besaß. Männer sprangen erschrocken hoch und griffen zu ihren Waffen, hielten aber inne, als sie die Frau erkannten.
    »Ich will euch warnen«, brachte Buruna noch hervor, ehe die Welt um sie herum in Schweigen versank. Sie glaubte, in eine endlose Finsternis zu stürzen.
    *
    Die Liebessklavin schreckte auf, als ihr jemand mit der flachen Hand ins Gesicht schlug. Nur der Schein einer blakenden Fackel vertrieb die Finsternis.
    Das

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