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Die Eisläuferin

Die Eisläuferin

Titel: Die Eisläuferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Münk
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andere Sache, den Supermarkt nun auch wirklich zu betreten. Was, wenn auch hier niemand sie erkannte, in einen Zusammenhang brachte? Oder sie in einen Zusammenhang brachte, der ihr nun so gar nicht passte? Sie bekam es mit der Angst zu tun, wollte es gar nicht mehr herausfinden, wusste nicht mehr, wohin mit der Einkaufstasche. |135| Egal, sie musste jetzt etwas tun, entschlossen, schnell. Und hier lag das Problem.
    Ein junger Mann lief auf sie zu, fasste sie am Oberarm: »Alles in Ordnung, Chefin?«
    »Wer sind Sie? Lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe niemandem etwas getan. Ich stehe hier nur so.«
    »Entschuldigung, ich bin Ihr Sicherheitsbeamter. Man hat Ihnen heute Vormittag doch alles erzählt   …?«
    Mein Gott, sie waren überall. Sicherheitsbeamter. Ja, wahrscheinlich hatte sie einen, musste sie ja wohl. Sie fühlte sich überrumpelt, wurde trotzig: »Ich wäre schon rechtzeitig wieder da gewesen. Man wird doch wohl noch eigenverantwortlich einen Supermarkt besuchen dürfen!«
    Er sagte nichts, legte nur den Kopf leicht schräg.
    »Schon gut, ich komme mit, wohin soll ich auch sonst.« Sie stand auf und ging mit ihm zum Wagen, der mit laufendem Motor auf der anderen Straßenseite stand.
    Er blickte um sich, bevor er ihr die hintere Wagentür aufhielt. »Na, Sie machen Sachen.«
    »Das wird doch wohl von mir erwartet, oder?« Sie lief um den Wagen herum, nahm auf dem Beifahrersitz Platz und knallte die Tür zu.
    Das Fahrzeug setzte sich lautlos in Bewegung.
    Sie musterte ihn von der Seite, und es zuckte in ihren Mundwinkeln. »Sind Sie beides, Fahrer und Sicherheitsbeamter?«
    »Manchmal und in Ausnahmefällen durchaus. Ihr Mann hat mich angerufen.«
    »Hm. Geht denn das, auf den Straßenverkehr und auf mich achten?«
    »Nun, der Straßenverkehr ist kein Problem.«
    Es war ein stiller Sicherheitsbeamter, vielleicht Mitte oder Ende dreißig, dunkelblonde Haare, unauffällig, mit einem |136| nicht besonders markanten, ja geradezu weichen Profil und einem leicht melancholischen Zug um den Mund, fand sie. »Sagen Se, kennen wir uns näher?«
    Er schien zu überlegen, schien sich der Antwort nicht ganz sicher zu sein. »Ich würde sagen, ich kenne Sie recht gut inzwischen.«
    »Ich Sie auch? Ich meine, bevor das alles passiert ist?«
    »Mir steht es nicht zu, das zu beurteilen, aber ich denke schon.«
    Sie schaute wieder zu ihm hinüber und bemerkte, dass er feuchte Augen hatte. Es war ein eigentümlicher Moment. Sie nahm ein Etui aus der Ablage, klappte es auf und reichte ihm seine Sonnenbrille. »Nehm’ Se mal. Anfang September hat die Sonne noch viel Kraft, und tief steht se auch.«
     
    Er fuhr mit ihr zu ihrer Wohnung, sie nahm ihre Einkaufstasche vom Rücksitz und rief ihm beim Zuknallen der Wagentür zu: »Ich mache mich nur schnell frisch, und dann fahren wir ins Amt.«
    Er reagierte nicht, das musste er auch nicht, aber er fingerte am Lenkrad herum, als wolle er etwas sagen.
    »Ja, bitte?«
    »Nun, es ist Sonnabend   …«
    »Ja und?«
    »Es ist nur so, dass im Amt heute wohl nichts anfällt, das Ihre Anwesenheit unbedingt erforderlich machen würde. Sie könnten sozusagen«, er fuhr mit dem Finger über die Steuerungfläche der Automatikschaltung, schaute ihr nicht in die Augen, »einen Home-Office-Tag einlegen?«
    »Einen was? Nun, wenn es das ist, wonach es sich anhört, fahren wir natürlich erst recht. My amt is my home, wenn Sie mich verstehen. Also, der Tag ist kurz, ich brauche meinen Podcast für morgen! Sie warten hier!«
    |137| Gerade hatte sie angefangen, ihm zu vertrauen, und dann so etwas. Sie schloss die Haustür hinter sich und stieg etwas widerwillig die Treppen hoch. Diese Seelentraurigkeit, von der sie nicht wusste, woher sie kam, war wieder da und breitete sich langsam in ihr aus. Wenn er nicht mehr unten war, wenn sie zurückkam, würde sie einfach nicht mehr die Kraft haben, sich immer wieder aufzurappeln, dachte sie. Dann würde sie auf unbestimmte Zeit zu Hause bleiben.
    Er war noch da.
     
    Als sie sich dem Regierungsviertel näherten, wurde es voller auf den Straßen. Keine Autos, nur Fußgänger. Er verlangsamte das Tempo, hupte. Die Leute hingen plötzlich mit ihren Blicken an der Windschutzscheibe und bildeten eine Gasse. Die ersten Handys und Kameras wurden gezückt.
    »Nicht winken, bitte.« Herr Bodega war nun doch etwas angespannt.
    »Ach, wieso denn nicht?« Sie hob den Arm. Mein Gott, es stimmte also wirklich. Nette Leute hier. Sie lachte, und es wurde zurückgelacht,

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