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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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sämtlicher Enthusiasmus abhanden gekommen war – und zunehmende Furcht die Vorfreude auf einen spannenden Artikel vertrieben hatte. Terry Zorn, der seinen Cowboyhut neben sich auf dem Tisch abgelegt hatte, verrührte ein Päckchen Süßstoff in seinem Eistee und machte ein Gesicht, als würde er jeden Moment loslachen. Offensichtlich hielt er von alledem nicht viel. Grove seinerseits reagierte zwiespältig. Er kam sich vor wie in einer Straßenbahn, der plötzlich die Verbindung zur Oberleitung gekappt wurde.
    Grove blickte dem Priester ins faltige Gesicht. «Und von welcher Art Wunder sprechen wir hier, Father?»
    Father Carrigan seufzte. «Wunder sind nicht immer erfreulich, Agent Grove. Wunder sind nicht immer positiv und angenehm für die Menschheit. Der Gedanke des wohltuenden Wunders entstammt dem Neuen Testament.»
    Eine Pause. Grove bat ihn fortzufahren.
    «Bei mindestens drei verschiedenen Anlässen wurde das Komitee gebeten, die Ähnlichkeiten von mumifizierten menschlichen Überresten zu untersuchen, die in den späten fünfziger Jahren in Italien gefunden wurden. Und später – ich glaube, es war in den frühen siebziger Jahren – an diversen Orten in Osteuropa. Schließlich dann auch in Nordamerika.»
    Eine weitere Pause. Professor Armatraj, dessen Augen interessiert funkelten, während er mit spitzen Lippen an seinem Tee nippte, ergriff das Wort: «Und die Schlüsse, die Sie gezogen haben, lauteten… wie genau?»
    Der Priester schluckte schwer, als erschöpfe ihn das Thema. «Anfangs hatten wir nicht die leiseste Ahnung, womit wir es zu tun hatten. Wir konnten aus den Tätowierungen und Zeichen, die die Mumien augenscheinlich hatten, überhaupt nicht schlau werden. Aber wir erkannten sofort eine Verbindung zwischen der Pose – der Art, wie die Arme erhoben waren – und der Geste der Anrufung.»
    Armatraj gestand, dass er nicht folgen konnte.
    Der alte Priester hob einen Arm, was ihn große Mühe kostete, weil die Schüttellähmung seine Sehnen zucken ließ. «In alten kirchlichen Riten», krächzte er, «hebt der Ausübende auf diese Weise seine Hand. Der Bittsteller tut dasselbe. Es ist eine Geste der Absorption.»
    «Definieren Sie doch bitte Absorption», sagte Armatraj.
    Der Priester ließ den Arm sinken. Er sah erschöpft aus. «Absorption im Sinne von Anrufung und Aufnahme.»
    Grove musterte den alten Mann. «Eine Aufnahme von was, Father?»
    Carrigan warf Grove einen Blick zu, als habe der sich gerade erkundigt, ob das Gras grün sei oder warum die Schwerkraft existierte. «Der eines Geistes natürlich», sagte er leicht ungeduldig.
    Grove bat ihn, das zu erläutern.
    «Ich beziehe mich auf die Aufnahme eines Geistes in den eigenen irdischen Körper», erklärte der alte Mann, dessen Augen zwischen den schlaffen Lidern leidenschaftlich funkelten. «Es handelt sich um eine sehr kraftvolle Geste. Wir sahen sie in jedem der Fälle, gelangten zu der Annahme, dass es eine Verbindung gab… zwischen der Anrufung und den schrecklichen Ereignissen, die sich in der Folge jeder Entdeckung zutrugen.»
    Jetzt meldete sich Maura: «Können Sie uns etwas über diese Ereignisse erzählen? Sie haben andeutungsweise von den schrecklichen Dingen gesprochen, die geschehen sind.»
    Der Priester sah sie bedeutungsschwer an. «Meine Liebe, eigentlich war das Consilium de miraculum jahrhundertelang ein Seismograph für spirituelle Aktivitäten – sowohl gute wie böse. In den Jahren, die jeweils auf die Entdeckungen folgten, übertrafen die Berichte über menschliches Leid alle Vorstellungen. Besonders in den Gebieten um die Fundstellen. Tod und Chaos, sogar Berichte über Tötungen, die Agent Grove Trittbrettfahrer-Morde nennen würde. Glauben Sie mir, Miss County, wenn ich sage, dass wir alle Hände voll zu tun hatten. Ich gebe zu, dass die Meinungen innerhalb der Kirchenobrigkeit geteilt waren… aber ich glaubte damals wie heute… dass ein Zusammenhang mit der Ausgrabung dieser bemitleidenswerten Seelen bestand.»
    Maura dachte einen Augenblick darüber nach und sagte dann: «Was ist geschehen?»
    Der Priester sah sie verwirrt an.
    Maura erklärte: «Nachdem Sie zu der Ansicht gekommen waren, dass eine Verbindung bestand – was haben Sie in dieser Sache unternommen?»
    Ein Achselzucken des alten Mannes. «Die Weltpolitik machte es der Kirche unmöglich, offizielle Ermittlungen durchzuführen oder Schlüsse zu ziehen. Die Menschen waren zu sehr damit beschäftigt, sich zu streiten, wem die Mumien

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