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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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in Schränke und Schubladen zu schauen. Sie wußte noch immer nicht, wonach sie suchte, und fühlte sich fast wie ein Spanner, als sie da in Alex’ schöner Seidenunterwäsche wühlte. Aber gerade als sie sich entschlossen hatte, sich die nächste Schublade vorzunehmen, stieß sie ganz unten auf etwas Knisterndes.
    Plötzlich erstarrte sie, die Hand voller spitzenbesetzter Slips und BHs. Ein Geräusch aus dem Erdgeschoß klang deutlich durch die Stille des Hauses. Eine Tür wurde vorsichtig geöffnet und wieder geschlossen. Erica sah sich voller Panik um. Die einzige Möglichkeit, sich im Zimmer zu verstecken, war unterm Bett oder in einem der Schränke, die eine Längsseite bedeckten. Vor Angst konnte sie sich nicht entscheiden. Erst als sie auf der Treppe Schritte vernahm, konnte sie sich wieder rühren und schlich instinktiv zur nächsten Schranktür. Glücklicherweise glitt die Tür ohne Quietschen auf, und sie stieg rasch zwischen die Kleider und zog die Tür hinter sich zu. Sie konnte nicht sehen, wer da ins Haus gekommen war, hörte aber deutlich, wie die Schritte näher und näher kamen, dann ein Weilchen vor dem Schlafzimmer innehielten, bevor die Person über die Schwelle trat. Sie spürte plötzlich, daß sie etwas in der Hand hielt. Ohne es selbst zu merken, hatte sie das, was in der Schublade geknistert hatte, festgehalten. Vorsichtig stopfte sie es in die Tasche.
    Sie wagte kaum, Luft zu holen. Die Nase begann zu jucken, und sie versuchte verzweifelt, sie hin und her zu bewegen, um Abhilfe zu schaffen. Glücklicherweise ließ das Jucken nach.
    Die Person da draußen ging suchend durch den Raum. Es klang, als würde er oder sie ungefähr das gleiche tun wie Erica, bevor man sie unterbrochen hatte. Schubladen wurden aufgezogen, und Erica begriff, daß in Kürze die Schränke an die Reihe kamen. Kleine Schweißperlen traten ihr auf die Stirn. Was sollte sie tun? Als einzige Lösung fiel ihr ein, sich so weit wie möglich hinter die Kleider zu pressen. Sie hatte Glück gehabt und war in einen Schrank mit mehreren langen Mänteln geraten, und vorsichtig schob sie sich nun dazwischen und drapierte die Kleidungsstücke vor ihrem Körper. Hoffentlich merkte man nicht, daß aus einem der Schuhpaare auf dem Schrankboden ein Paar Fußknöchel ragten.
    Das Durchgehen der Kommode erforderte offensichtlich seine Zeit. Erica atmete den muffigen Geruch von Mottenpulver ein und hoffte sehr, daß die Mittel ihre Arbeit getan hatten und hier im Dunkeln kein Viehzeug auf ihr herumkroch. Ebenso inbrünstig hoffte sie, daß die Person dort draußen, nur wenige Meter von ihr entfernt, nicht Alex’ Mörder war. Aber wer hatte sonst Grund, durch das Haus zu schleichen, dachte Erica und übersah geflissentlich, daß sie selber auch nicht gerade eine schriftliche Einladung besaß.
    Mit einemmal wurde die Schranktür geöffnet, und Erica fühlte einen Hauch frischer Luft an der exponierten Haut ihrer Knöchel. Sie hielt den Atem an.
    Der Schrank schien in den Augen des Suchenden nicht so auszusehen, als enthielte er Geheimnisse oder Kostbarkeiten, und die Tür schloß sich fast sofort wieder. Die anderen Türen wurden genauso rasch geöffnet und zugemacht, und im nächsten Augenblick hörte sie, wie sich die Schritte durch die Tür und die Treppe hinunter entfernten. Erst eine gute Weile nachdem die Haustür vorsichtig geschlossen worden war, wagte sich Erica aus dem Schrank. Es war herrlich, Luft holen zu können, ohne daß man sich jedes Atemzugs bewußt sein mußte.
    Das Zimmer sah genauso aus wie bei Ericas Kommen. Wer der Besucher auch gewesen sein mochte, er war beim Suchen behutsam vorgegangen und hatte kein Durcheinander angerichtet. Erica war ziemlich überzeugt, daß es sich nicht um einen Einbrecher gehandelt hatte. Sie untersuchte den Schrank näher, in dem sie versteckt gewesen war. Als sie sich an die hintere Wand gepreßt hatte, war da etwas Hartes gewesen, das gegen ihre Waden drückte. Sie schob die davor hängenden Kleider weg und sah, daß der Gegenstand, den sie gespürt hatte, eine große Leinwand war. Sie stand mit der Rückseite zu ihr, also hob Erica sie vorsichtig heraus und drehte sie um. Es war ein unglaublich schönes Bild. Selbst Erica begriff, daß es von einem begabten Künstler stammte. Das Motiv zeigte die nackte Alexandra, die auf der Seite lag, den Kopf auf die Hand gestützt. Der Künstler hatte sich nur für warme Farben entschieden, und das gab Alexandras Gesicht einen Ausdruck von Frieden.

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