Die Eissphinx
zugetrieben… Bei dem Anprall ist Dirk Peters ins Meer gefallen. Er hat sich aber an dem Eise anklammern und darauf in die Höhe klettern können… und… verstehen Sie mich recht… von hier aus hat er gesehen, wie das Boot von der Strömung weit… weit… zu weit weg geführt wurde. Vergebens hatte Pym versucht, sich mit seinem Gefährten wieder zu vereinigen. Er hat es nicht vermocht… das Boot trieb fort… hinaus… und Pym, der arme, liebe Pym… wurde weit weg getragen. Er … er war es, der nicht heimgekehrt ist und der noch immer da… da draußen schmachtet!«
Wahrlich, wäre dieser Mann Dirk Peters in eigener Person gewesen, er hätte nicht mit mehr Erregung und Kraft oder mit mehr Theilnahme von dem »armen, lieben Pym« sprechen können!
Jedenfalls blieb jetzt eine Thatsache bestehen – und warum hätten wir daran zweifeln sollen? – nämlich die, daß Arthur Pym und Dirk Peters an jener merkwürdigen Dunstwand von einander getrennt worden waren.
Konnte Arthur Pym freilich bis nach jenen höchsten Breiten vordringen, wie war es seinem Gefährten Dirk Peters möglich gewesen, wieder nach Norden zu gelangen… über das Packeis hinaus zu kommen… den Polarkreis zu überschreiten und nach Amerika zurückzukehren, wohin er jene, Edgar Poë übergebenen Aufzeichnungen mitgebracht hatte?
Diese verschiedenen Fragen wurden einzeln an Hunt gerichtet und er beantwortete alle in Uebereinstimmung – wie er sagte – mit dem, was ihm der Mestize so viele Male erzählt hatte.
Nach dem, was er uns mittheilte, hatte Dirk Peters das Tagebuch Pym’s in der Tasche gehabt, als er sich auf den Eisblock rettete, und so wurde jenes erhalten und konnte dem amerikanischen Romandichter überliefert werden.
»Verstehen Sie mich recht, wiederholte Hunt, ich erzähle Ihnen die Dinge nur so, wie ich sie von Dirk Peters erfahren habe. Während die Strömung ihn entführte, rief er aus Leibeskräften… Pym, der arme Pym war aber bereits in der Dunstwand verschwunden. Der Mestize, der sich von rohen Fischen, die es ihm zu ergreifen gelang, ernährte, wurde durch den Gegenstrom nach der Insel Tsalal zurückgetragen, wo er halb todt vor Hunger ans Land stieß.
– Nach der Insel Tsalal? rief der Kapitän. Und seit wie langer Zeit hatte er diese verlassen?
– Drei Wochen vorher… jawohl… höchstens drei Wochen… hat mir Dirk Peters gesagt.
– Dann muß er doch, was von der Mannschaft der »Jane« noch übrig war, dort angetroffen haben, fragte der Kapitän Len Guy, meinen Bruder William und die, die außer ihm mit dem Leben davongekommen waren?
– Nein… erwiderte Hunt. Dirk Peters hat auch nichts anderes geglaubt, als daß sie bis zum letzten… ja… alle, alle den Untergang gefunden hätten. Auf der Insel war niemand mehr!
– Niemand? wiederholte ich, von dieser Behauptung ganz verblüfft.
– Niemand! erklärte Hunt nochmals.
– Doch die Bewohner von Tsalal…?
– Kein Mensch, sag’ ich Ihnen, keine lebende Seele!… Eine öde… ja… eine verlassene Insel!«
Das widersprach gänzlich gewissen Thatsachen, deren wir uns sicher waren. Immerhin ließ es sich vielleicht dahin erklären, daß die Bevölkerung der Insel, beim Wiedereintreffen Dirk Peters von einem unaufgeklärten Schrecken ergriffen, schon auf der südwestlichen Inselgruppe Zuflucht gesucht, William Guy und seine Gefährten aber die Schluchten von Klock-Klock noch nicht verlassen hatten. Dann hätte der Mestize sie freilich nicht auffinden können und diese selbst hätten während ihres elfjährigen Verweilens auf der Insel von den Urbewohnern nichts mehr zu fürchten gehabt. Wenn sie andererseits freilich Patterson erst jetzt vor sieben Monaten verlassen und wir sie nicht wieder getroffen hatten, mußten sie die Insel Tsalal inzwischen verlassen haben, wahrscheinlich weil diese nach dem Erdbeben ihnen keine Nahrungsmittel mehr darbot.
»Bei der Rückkehr des Dirk Peters also, nahm der Kapitän wieder das Wort, fand sich kein einziger Bewohner mehr auf der Insel?
– Niemand… wiederholte Hunt, niemand! Der Mestize hat nicht einen einzigen Eingebornen zu Gesicht bekommen.
– Was fing Dirk Peters dann aber an? fragte der Hochbootsmann.
– Verstehen Sie mich recht, antwortete Hunt. Ein verlassenes Boot war noch vorhanden… hier am Ufer dieser Bucht. Es enthielt gedörrtes Fleisch und mehrere Fässer Süßwasser. Der Mestize sprang hinein. Ein Südwind… ja, ein steifer Südwind, der mit der Gegenströmung auch schon seinen
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